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Fuchsteufelswild

Fuchsteufelswild

Titel: Fuchsteufelswild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Krause
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Stimme gelingt ihr ausreichend ermattet. Resignation und Fügen ins Unvermeidliche will sie der Mörderin aufs Brot schmieren. Ersticken soll die dran. Siehst du, ich werd mich nicht wehren. Du hast gewonnen. Immer weiterreden. Erzähl mir, wie grandios du bist. Jeder macht Fehler. Jede.
    Die Wiesner rollt ihren Kaugummi auf der Zunge.
    Â»Wir machen einen Besuch bei der kleinen Hure«, bemerkt ihre Peinigerin leichthin.
    Fast wär die Polizistin im Sessel aufgefahren. Auch das noch!
    D er Hof vom Grainer ist verwaist. Der Sandner hat sich die Lunge aus dem Hals geschrien und in jedes dreckige Loch seine Nase gesteckt. Stauballergie darfst du keine haben.
    Den Hund hat das alles nicht gerührt.
    Jetzt sitzt der Ermittler in der Küche und hält ein zerknittertes, fleckiges Stück Papier in Händen. Eng beschrieben, Vorder- und Rückseite. Die Buchstaben noch in kindlichen Formen verhaftet. Spielerisch verschnörkelt. Es ist ein Brief von der Anni an den Toni. Das nebenliegende Kuvert ist an den Grainer adressiert. Kein Absender. Keine Briefmarke. Das hat der Bauer wohl heut in seinem Briefkasterl gefunden.
    Â»Lieber Toni«, liest er. Und ihm wird klar, warum die Anni aus Indien zurückgekommen ist. Anders hat sie es sich vorgestellt. Nicht zurechtgekommen ist sie mit dem Anspruch der anderen auf freie Liebe, diese zur Schau gestellte Geilheit der Möchtegern-Weisen, deren Erwartungen sich das Madl erwehren musste. Dem Machtanspruch der Gurus und dem Vergöttern um jeden Preis, dem bedingungslosen Glauben und der Unterordnung hat sie Zweifel entgegengesetzt. Sie ist stark gewesen. Zu widerspenstig und freiheitsliebend, um sich in Gruppen einzuordnen und unverständliche Rituale zu zelebrieren.
    Der Sandner zwingt sich weiterzulesen. Immer wieder setzt er den Brief ab. Grad haben sie nach ihren Knochen gescharrt wie die räudigen Köter.
    So frisch und so beschwingt plaudert sie daher, als hätte sie gestern hier gesessen und das Brieflein geschrieben. Schließlich erfährt er das, was er wissen muss. Dass ihr die Alte das Haus versprochen hätte. Erben würde sie es auf jeden Fall, aber vielleicht würde es auch eine Schenkung werden mit Wohnrecht. Und dass der Toni kommen sollte, und sie würden das Haus öffnen und ihre ganzen Träume und Ziele und Hoffnungen – über eine Seite lang.
    Das Motiv ist das Häusl. Ein gutes Motiv. Als der Hambacher das erfahren hat, ist er gwies ausgerastet. Das Haus samt Grund – bestimmt Dreihunderttausend wert – für immer weg. Wegen der Anni. Damit hat er bestimmt schon geplant gehabt. Den Brief hat er sicher beim Toni gesucht und dabei der Wiesner die Nase gebrochen.
    Und der Sandner ist schuld gewesen – indirekt. Weil der Hambacher noch von ihm wissen wollte, ob er keine Fragen an ihn hat. Da konnte er dann sicher sein, dass der Brief noch nicht gefunden wurde. Er ist einen Tag vor Annis Tod datiert. Jedem, der die Zeilen gelesen hätte, wäre aufgefallen, dass die sich nicht einfach umbringt. Aus jeder Zeile spitzt die Lebenslust heraus, und das Häusl hatte sie gwies auf der Habenseite. Das war keine manische Phase, wie die Hambacherin sie präsentiert hat. Das ist Lebenslust in höchster Potenz gewesen.
    Wer hat dem Grainer den Brief eingeworfen? Ihm fällt nur die Marlies Hopf ein. Vielleicht hat es eine Absprache gegeben zwischen ihr und dem Toni. Für den Fall seines Todes. Ob er Geld vom Hambacher gewollt hat? Oder nur sichergehen, dass der Hambacher reagiert, wenn er der Mörder ist? Und hat der den Toni umgebracht? Ein besseres Motiv musst du lange suchen im Gau.
    Der Sandner weiß, wo der Grainer den Hambacher hingeschafft hat. Da gibt es nur einen Platz.
    Einen Moment überlegt er, ob er die Sache einfach vergessen und nach Hause fahren sollte. Der Hambacher ist eine Drecksau. Der sollte die Suppe auslöffeln und hinterher den Teller fressen. Sogar seine Frau hat geahnt oder gewusst, dass er die Anni aufgehängt hat. Sieben Jahre neben ihm aufwachen, mit ihm unter einem Dach hausen. Jeden Tag, an dem du seine Visage sehen musst, graust es dir von Neuem. Kein Wunder, dass die durchdraht ist und Pillen frisst. Wo hätte sie hinsollen? Das redet man sich einfach mit dem Verlassen – und weg. Die Einsamkeit ist eine Mauer ohne Tür. Da war sie zu labil, zu wehrlos. Nicht nachdenken hat sie wollen, nur vegetieren können. Aber auf Gerechtigkeit

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