Fuchsteufelswild
Zumindest ein Zweibettzimmer. Wenn er der Mörder vom Brandl ist, braucht er seine Krankenkassenkarte nicht mehr, um sicher untergebracht zu werden. Da würde sich der Haftrichter bemühen.
Die Wiesner ist gereizt. Warum ist nicht einmal etwas einfach und banal? Ohne Ochsentour? Dann könnte sie jetzt nach Hause und ein bisschen wehleidig tun und sich mit der Glotze durch den Tag treiben lassen.
Als sie vor einem halben Jahr mit Grippe daniedergelegen war, ist in Ramersdorf auch einer in der Wohnung geflackt. Im Flur mit einem Drumm Messer im Wanst. Der Griff ist abgebrochen gewesen, so eine Wucht war dahinter â oder es war halt ein Billigstprodukt aus Fernost. Und wie der Hartinger beim Nachbarn schellt, hat der ihn hereingelassen und gleich alles zugegeben. Ja, ich binâs gewesen. Nächste Frage. Aber gehens bittschön aus dem Bild. Dabei hat er auf dem Sofa in der Wohnküche gesessen mit einer Flasche Adelskrone und sich in der Glotze die Bayern angeschaut. Pokalspiel.
Ein paar Stunden, und die Sache ist abgehakt gewesen. Um zwei Stangen geschmuggelter Zigaretten aus Tschechien ist es gegangen. Die hätten ihm zugestanden, hat er ausgesagt. Ein schrundiger Geizhals wär der Tote gewesen, wollte ihn allerweil übers Ohr hauen. Und überhaupt. Eigentlich ist die arme Sau aus Prinzip abgeschlachtet worden, weil irgendwann bricht der Krug. Wenn dir beim Schampussaufen immer der Schnabel sauber bleibt und dir lassen sie den Essig übrig. Da ist irgendwann Schicht im Schacht. Jetzt wird nie wieder einer daherkommen und ungestraft sagen, horch, du gibst halt auf der Lebensbaustelle den Hiwi.
Drei Stunden, und der Fall ist aufgeklärt gewesen. Ohne jedes körperliche Risiko aufseiten der Ermittler. Pünktlich Feierabend. So schautâs aus.
Wieder zerrt der Glust nach einer Zigarette an ihr. Heftig und plötzlich. Die pure Sucht. Alles mental. Du brauchst das nicht. Einbildung. Aber es wär jetzt genau passend. ScheiÃadeckl. Vom Fenster im Gang sieht sie auf einen kleinen Innenhof. Da stehen sie beisammen. In Morgenmänteln mit diversen Mobilitätshilfen um den aufgestellten Aschenbecher. Rauch zieht wie am Schnürl nach oben. Fast hätte sie das Fenster aufgerissen, um zu schnuppern. Damische Amsel. Sie hetzt die gleichförmigen Gänge entlang wie auf der Flucht.
»Was ist los?«, will der Jonny von ihr wissen.
»Raus muss ich.«
»War erâs, was denkstn du?«
»Hier drin kann ich ned denken.«
Ob sie das Krankenhaus gemeint hat oder ihren nikotinfreien Schädel, weià sie selbst nicht.
A uf der Baustelle in Saulgrub ist Betrieb. Der Kranz vom Richtfest baumelt noch auf dem Giebel. Wieder eine neue Herberge. Unterkunft für die Auswärtigen, die nach Erholung lechzen. Etwas auÃerhalb vom Ort schmiegt sie sich an einen Hügel. Schöne Aussicht als Dreingabe. Der Sandner fragt sich, was so etwas wohl kosten mag. Da hätte es ihm auch nix genützt, wenn er ein fleiÃiger Bausparer gewesen wär. Als Hauptkommissar kannst du dir die schöne Aussicht auf die Moorlandschaft abschminken oder dir den Flur mit Postkarten drapieren. Dabei hat erâs in Untergiesing recht behaglich. Die Isarauen fuÃläufig und der Mühlbach vor der Haustür. Als Bachratz wärâs paradiesisch, aber in der LohstraÃe ist der Mensch auch gern zu Hause. Als Pfau musst du noch nicht herumstelzen oder den Lackaff mimen beim Semmelholen. Wobei â die Gentrifizierung trägt das gleiche Schuhwerk wie der Staatsanwalt Wenzel. Eh du Muh sagen kannst, ist schon wieder eine Werbeagentur oder Boutique aus dem Boden gewachsen, und ein solitär lebender Geldvernichter ruft dir aus dem topsanierten Fünfzimmeraltbau ein »Moin, Moin« zu.
Der Sandner sucht sich das erstbeste Manschgerl, das er erspäht. Ein grauhaariger Mittfünfziger mit dunklem Teint, Fünftagebart und blauem Arbeitsoverall kommt ihm samt sandgefüllter Schubkarre entgegen. Geschickt balanciert er das Gefährt auf einem dünnen Brett über einen Graben.
»Grüà eana, wo find ich den Herrn Hambacher?«
Mit dem Kinn deutet der Mann zum Rohbau hin und rollt die Karre schweigend am Sandner vorbei. Oben auf dem Gerüst im zweiten Stock kann er ihn ausmachen. Vom Sohnemann nix zu sehen. Der Sandner macht sich an den Aufstieg. Er muss beide Hände benutzen, wodurch der Schmerz im Handgelenk seine Wut kurz auftauchen
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