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Fuchsteufelswild

Fuchsteufelswild

Titel: Fuchsteufelswild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Krause
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hin oder her.
    V on Bad Kohlgrub nach Saulgrub sind es nicht ganz zweieinhalb Kilometer. Reicht beinahe für einen Song von Johnny Cash. »Folsom Prison Blues«. Die CD hat er sich von seiner Zimmerwirtin ausgeborgt. Bevor er losfährt, kramt er die morgendliche Nachricht hervor und vergleicht sie mit der Schriftprobe von Frau Hambacher. Das Ergebnis hätt er sich ein bisserl eindeutiger vorgestellt. Das R scheint mit gutem Willen identisch. Den hat er – oder er wünscht es sich so. Ein gescheiter Grafologe würde über seinen Dilettantismus die Hände über dem Kopf zusammenschlagen oder ihm raten, auf Keilschrift umzusteigen. Aber er hat keinen in der Tasche. Für den Hausgebrauch muss es genügen. Zwei gute Gründe für ein Gespräch mit Hambacher senior und junior. Einer schmerzt ihn immer noch. Hilft nix, er muss seiner Zimmerwirtin vertrauen und hoffen, beim Handgelenk ist nix kaputt. Das Gitarrespielen kann er die nächste Zeit vergessen. Noch ein Grund, dem Strolch die Ohren langzuziehen.
    Er muss sich Zeit lassen. Es geht um die Anni. Auf Geschwindigkeit kommt es dabei nicht an. Wenn du rückwärts schaust, solltest du das entschleunigt tun und nicht auf der Autobahn unterwegs sein. Da läuft nix weg, da änderst du nix. Der Boandlkramer stellt sich nicht hin und sagt: »Entschuldigung, kleiner Irrtum meinerseits.« Von der Gerechtigkeit solltest du keine Papiere zeichnen, die hat noch nie Dividende abgeworfen. Um der Toten willen ist der Polizist unterwegs, was immer das für die Lebenden bedeuten mag. Navi hat er keines. Besser wär es gewesen. Aber wegen dem Wochenende wollte er kein Gschiss machen und keine Extrakosten beim Autovermieter. Er wird sich in Saulgrub durchfragen müssen.
    Die Straße schlängelt sich durch sanfte Wiesenlandschaft dahin. »But I know, I had it comin’«, brummt der Johnny Cash dazu.
    D ie Wiesner ist jetzt auch mit einem Jonny unterwegs. Der ist noch unversehrt. Last man standing. Der Hartinger darf die Bürokraft geben, seines Zeichens Aktenführer. Gemurrt hat er zwar, aber wer alte Damen und ihre geliebten Zamperl reißt wie Shirkan der Tiger, darf sich nicht beschweren. Dafür gibt’s Käfighaltung. Den Knöchel soll er dennoch nicht belasten.
    Â»Belastest halt zur Abwechslung das Hirn«, hat ihm die Wiesner noch einen Spruch dagelassen, bevor sie sich aufgemacht haben.
    Klinikum rechts der Isar. Ehemals Haidhausener Armen- und Krankenanstalt, als die Tuberkulose noch Schwindsucht geheißen hat. Der gemeine Tuberkel benimmt sich neben den aktuell upgedateten Krankenhauskeimen allerdings wie ein Lämmchen gegenüber dem Wolfsrudel. »Die ich rief, die Geister, werd ich nun nicht los«, hat der Goethe einstmals gedichtet. Mit dem angeblichen Wissen, sprich Antibiotika, das die Heilung schaffen soll, hast du auch deine Plage am Hals. Vielleicht rennst du damit im Kreis umanand. Wobei – das Motto hat sich wahrscheinlich schon der Äskulap auf die Fahnen geschrieben oder der Hund vom Rochus. Die Wiesner will feststellen, welches Wissen man aus der Heilung vom Herrn Hopf destillieren könnte. Das wär aktuell ihr Tagesmotto.
    Krankenhaus hat eigene Gesetze. Da probieren sich Zauberlehrlinge in Weiß am Geisterbeschwören, und für die Privatpatienten hält der Meister hof. Beim Betreten regelst du die Stimme herunter bis zum erfurchtsvollen Flüstern. Polizistengewerbe hin oder her, es hat eine Weile gedauert, bis die Wiesner beim Hopf am Bett stehen darf. Um ihn hierherzutransportieren, hätte es von der Maximilianbrücke keinen Krankenwagen gebraucht. Für die paar Meter hätten die starken Arme eines Sanitäters ausgereicht. Der Hopf ist nicht unter Bewachung gestanden. Beide Haxen waren in Mitleidenschaft gezogen. Flucht grenzte, motorisch betrachtet, an ein Wunder von Lourdes. Personaltechnisch hat man einfach auf eine resolute Stationsschwester vertrauen müssen.
    Erst sehen sie den Mann gar nicht. Vor dem Bett steht die Frau Hopf. Steif, als hätte sie einen Stock gefressen, und schweigend. Die Polizisten treten zu ihr. Sie fährt zusammen.
    Â»Ich ...« Mehr bringt sie nicht heraus.
    Â»Herr Hopf?«, wendet sich die Wiesner an den Bettlägerigen. Armselig schaut er drein. Schläuche, Infusionen, den halben Kopf in Mull. Er ist wach. Seine Augen verfolgen die Bewegungen der Polizisten. Der Jonny schickt dessen

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