Fuchsteufelswild
Anni und kein Mitgefühl und nix, da is es mit mir dahingangen.«
»Sie sind auf ihn los.« Der Sandner bläst die Luft aus.
Der Hambacher fuchtelt mit der Zigarette herum.
»Na, na â ordentlich hergfotzt hab ich ihn, geb ich ja zu. Aber als ich weg bin, war der springlebendig! Das dürfen Sie mir glauben! Dem gingâs nicht gut, wie gesagt, ich hab ihn schon gescheit zamfallen lassen ... aber bestimmt nicht umgebracht.«
»Is schnell passiert.«
»Ja freilich â er hat mir aber noch hinterhergerufen.«
»A schöne Gschicht.«
»Aber wahr!« Der Hambacher lässt sich die zweite Zigarette geben. Gierig saugt er, bis rauer Husten einsetzt.
»Verdächtiger als Sie kann man gar nimmer daherkommen.«
»Was wollens noch?« Er winkt ab.
»Wollens ned glei alles sagen.«
»Das is alles. Und was wollen Sie jetzt mit mir machen? Nehmens mich mit nach München, oder soll ich nach Murnau oder was?«
»Sie hams aber eilig. Ich sag in Murnau Bescheid. Sie rufen am besten einen Anwalt an. Dann fahrens gleich hin zur Polizei, dort werden Sie vernommen und erkennungsdienstlich behandelt. Ganz offiziell machen Sie da eine Aussage. Wenns ned hinfahren, lass ich Sie abholen, vorm Haus mit Handschellen und Trallala. Hams mich?«
Der Hambacher wirft ihm seinen finstersten Blick zu. Marke geschliffener Hirschfänger.
»Und was dann?«
»Dürfens wieder heim. Wenn der Haftrichter Sie wegsperren will, kommt ein Chauffeur. Die Körperverletzung hams ja zugegeben. Hams glaubt, ich pack Sie mir gleich ein? Schmarrn. Obwohl ich Ihnen des so nicht glaub â ned ein Wort. Und wir sehen uns ja ned zum letzten Mal.«
Der Hambacher verzieht das Gesicht und gibt dem Sandner damit zu verstehen, dass der auf den Kopf gefallen wär. »Herrgottsak! Aber so warâs.«
»Was hat Ihr Ableger eigentlich heut Vormittag gmacht?«
»Der Schorsch? Der war hier auf der Baustelle â die ganze Zeit, wieso?« Gleich einem neugeborenen Lamm blickt der Mann in die Welt.
»Hab ich mir gedacht. Und jetzt verstehens auch, warum ich Ihnen nix glaub, Hambacher. Weil Ihnen die Lügen auskommen wie die SchoaÃer. Ihr Bürscherl knöpf ich mir noch vor, des könnens ihm ausrichten. So kommt der mir ned davon.«
Da hat er im Hambacher den Vater erweckt. Krebsrot wird der Schädel, die Adern schwellen an. Auf seinen Schorsch lässt er nix kommen.
»Ich ruf auf der Stelle meinen Anwalt an. Was soll er denn gemacht haben, der Schorsch? Kommen hierher und werfen mit Drohungen umher. Was bilden Sie sich ein? Könnens den Schorsch nicht in Ruhe lassen, ha? Sie haben ihm doch schon die Nase gebrochen. Des war ein brutaler Ãbergriff. Der war hier, den ganzen Morgen. Ich kannâs bezeugen und der Matej auch.«
Der Grauhaarige nickt, als er seinen Namen hört.
»Ja ja, beim seligen Rochus wahrscheinlich.«
»Wenn hier einer Dreck am Stecken hat, dann ist es der Fratz von Ihrer sauberen Zimmerwirtin. Da solltens amal hinschauen. Drogensüchtiges GschmeiÃ.« Nicht mehr zu halten ist der Mann. »Verkauft das Giftzeug an die Burschen im Ort. Weià doch ein jeder. Sind Sie blind und taub? Und seine Mutter â dieselbige. Da tuns nix ha, bei der Hundspritschn.«
Der Sandner will zugreifen, den Kerl am Kragen packen und beuteln, bis dessen Knochenxylophon eine muntere Weise spielt. Er muss die Hände in den Taschen vergraben, sonst verliert er die Gewalt über sie. Blut schieÃt ihm in den Kopf. Er schaut ihm ins Gesicht. Seine Kiefer mahlen.
»Halt die Goschen, du Drecksau, du elendige.«
Der Hambacher lacht auf.
»Ah, daher weht der Wind. Die hat dich schon eingewickelt, schöne Augen hats gemacht und mit dem Arsch gewackelt, die gamprige Lusch. Ja, das kann sie!«
Nicht dreinschlagen. Eins â zwei â drei â vier. Weg muss er von da. Ruhig bleiben. Den Hambacher stehen lassen. Den Grattler, den windigen! Seine Hände sind zur Tatenlosigkeit verdammt. In den Taschen ballen sie sich, die Nägel graben sich in die Haut. Widerwillig folgen sie dem Befehl. Fast wären sie desertiert.
»Du fasst mich nicht an!«, knurrt der Bärtige. Offenbar ist dem Sandner sein innigstes Begehren von den Augen abzulesen. Dazu brauchst du keine Irisdiagnostik zu beherrschen.
Zwei Reihen gebleckter gelblicher Zähne kann er ganz aus der Nähe studieren,
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