Fucking Berlin
Ich lächelte. Ich wusste, das würde mir nicht passieren, dafür war ich viel zu ehrgeizig.
Am nächsten Tag fand ich mich pünktlich zur Mittagszeit in dem Reihenhäuschen mit Sprossenfenstern und Rosenbeeten ein, um meine erste Schicht als Internet-Stripperin anzutreten. Als Arbeitskleidung hatte ich mich für einen gelben Badeanzug mit Fransen entschieden, der mir halbwegs sexy erschien.
Ein schmales Mädchen mit schwarzen Locken und kleinen, runden Brüsten saß bereits auf dem Futonbett. Das Zimmer war vielleicht acht Quadratmeter groß, und außer dem Bett gab es nur noch ein paar Metallregale, in denen aus irgendeinem Grund Kochbücher standen. Das Frauenbild in diesem Haushalt ist jedenfalls klar, dachte ich. Nicht dass ich es teilte, aber für Geld konnte ich von mir aus gerne in die Rolle der notgeilen Hausfrau schlüpfen.
Die Frau stellte sich als Jeanette vor und erzählte mir, dass sie schon seit fünf Monaten für Andy und Thorsten arbeite. »Nette Kerle. Und zahlen immer pünktlich«, sagte sie.
Gerade hatte sich ein Besucher in den Videochat eingeloggt. Jeanette postierte sich vor der Webcam, die sich neben dem Monitor befand, zog ihren schwarzen Tanga aus und fing an, sich mit der Hand an ihrer rasierten Muschi zu streicheln. Sie stöhnte auch dabei, obwohl der Voicekanal gar nicht offen war. Mir war klar, dass sie simulierte, denn keine Frau geht allein und auf Kommando in zwei Sekunden so ab. Doch der Gast fand die Show anscheinend geil. »Du machst mich voll an«, schrieb er und »Weiter, du geile Sau, mein Riemen ist schon steif.« Nach drei Minuten war er weg und Jeanette konnte sich wieder anziehen.
»Die meistens bleiben bloß kurz, wollen deine Nippel und deine Muschi sehen und wichsen dabei. Es gibt auch welche, die wollen, dass du vor der Kamera pisst oder dass du dir die ganze Faust reinsteckst, aber das brauchst du nicht machen, wenn du nicht willst.«
Nach zehn Minuten musste Jeanette los. Sie hatte ein kleines Kind zu Hause und ihr Mann war berufstätig. Als sie aufstand, sah ich, dass ihr Rücken vollständig tätowiert war – eine Meerjungfrau mit einem Schwert in der Hand.
»Aus meinen wilden Zeiten«, meinte sie dazu nur. Esberuhigte mich, dass sie ihr Leben als Internet-Stripperin offenbar für weniger wild hielt.
Dann war ich alleine. Ich machte es mir auf den herzförmigen Kissen bequem und konzentrierte mich. Ich schwitzte vor lauter Aufregung und stellte mir vor, was für Männer ich wohl gleich im Chat treffen würde. Zum Glück musste ich sie nicht sehen – es reichte schon, dass sie mich sahen.
Ich hatte mich als »Mascha« eingeloggt – keine Chatsex-Anbieterin benutzte ihren echten Namen. Nach drei Minuten hatte ich den ersten Besucher. Er nannte sich »Bird« und wollte mich einfach nackt sehen. Ich zog mich langsam aus und versuchte, so sexy wie möglich zu klingen, während meine Finger über die Tastatur huschten. Sich gleichzeitig auszuziehen, zu tippen und vor der Kamera zu bewegen war, wie ich feststellte, geradezu eine Kunst, und ich kam mir ziemlich tollpatschig vor. Ich schrieb Sätze wie »Ja, ich will dich auch haben …« oder »Ich bin auch so geil und schon ganz feucht.«
Nach etwa zwei Minuten loggte sich Bird aus. Wie ich feststellen sollte, war das die Zeitspanne der meisten Chats.
Nach ein paar Stunden und einigen weiteren Kunden kannte ich die Abläufe. Die meisten konnte man schon mit ein paar schlüpfrigen Floskeln zufriedenstellen. Viele baten mich, ihnen meine Adresse und Telefonnummer zu geben, oder fragten, ob man sich treffen könnte, aber das alles war natürlich verboten und ich hatte ohnehin nicht vorgehabt, mich auf einen dieser Typen einzulassen.
Zum Glück rief mich am ersten Tag niemand an, Telefonsex wurde bei uns nämlich auch angeboten, was natürlich teurer war als der bloße Chat.
Ein Chat ging immer auf die gleiche Art und Weise los: »Zeig mir deine Titten«, »Spiel mal mit deiner Muschi«,»Lass mich dein Arschloch sehen« – und wenn man es getan hatte, waren die Typen meist gleich wieder weg. Manche Chatpartner schrieben mir am Ende noch eine nette Zeile wie »Vielen Dank, hatte einen geilen Orgasmus«, viele gingen aber, ohne sich zu verabschieden.
Im Prinzip war das Ganze langweiliger als ein Bürojob. Man saß alleine in einem Zimmer, und wenn gerade keine Gäste da waren, musste man die Zeit totschlagen. Ich rauchte eine Zigarette nach der anderen, las mitgebrachte Bücher oder herumliegende
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