Fuego, Andréa de
einen Hühnerstall, einen gelben, zu den Fransen der Tischdecke passenden Zementfußboden und einen Obstgarten, der noch als Embryo unter der Erde schlummerte.
»Ich besuche dich jede Woche und bring dir Frischkäse und Okra-Schoten.«
Jemanden zu haben, den sie besuchen konnte, tröstete Tizica. Die Hochzeit war anberaumt, Samstag Vormittag, es würde ein reichliches Mahl im Garten des alten Hauses geben. Nico hatte zwei Wochen Zeit, um seine Geschwister zu holen, zur Feier wollte er sie wiedersehen, dort im Tal der Serra Morena.
18. Kapitel
LUDÉRIA RICHTETE ES aus, ein kurzer Anruf von Cecille.
»Dein Bruder heiratet in zehn Tagen, die Nonne hat angerufen.«
Júlia setzte sich.
»Er hat die Augen meiner Mutter.«
Nicht einmal Dolfinas Tod hatte sie so berührt. Es kam alles hoch: Antônio, der Schweiß der Mutter, der süßherbe Geruch des Vaters, das Haus, das Grundstück, der Donner. Sie rannte auf ihr Zimmer im Nebengelass, das Fieber galoppierte, ein zielloses Pferd. Die Erinnerung war ein Vorhang, die Agonie ein Sofa, ein ganzes Haus hätte sie mit ihrer Verstörtheit möblieren können.
»Lass sie auf dem Zimmer, Ludéria«, befahl Leila.
»Ich kann mich allein um alles kümmern, lassen Sie das Mädchen fahren.«
»Nein, dann kommt sie womöglich nicht wieder, ich werde dem Brautpaar ein Geschenk in ihrem Namen schicken.«
Júlia delirierte auf der karierten Matratze ohne Laken, die runden Formen ihres Körpers trafen auf die geraden Linien des Stoffs. Ludéria rüttelte an ihren Schultern.
»Leila will mit dir reden … du glühst ja, ich lass dir ein kaltes Bad ein.«
Umgekleidet und bereit für das, was sie schon wusste, nahm sie die Mitteilung entgegen.
»Mein Sohn Fuad heiratet in den nächsten Monaten. Wie du siehst, sind Hochzeiten in Familien etwas Alltägliches. Ich kann dich zurzeit nicht entbehren, es gibt bestimmt noch Gelegenheiten für ein Hochzeitsfest, das kannst du hier auch haben. Meinen Befehlen nicht zu gehorchen ist Sünde, ich ziehe dich in diesem Haus mit Anstand auf.«
Still wusch Júlia das verspätete Mittagsgeschirr, gleich musste das Abendessen serviert werden.
»Am Sonntag sehen wir uns eine Hochzeit in der Kirche an, wir gehen zum Gottesdienst und beten einfach weiter, bis die Braut kommt, keiner wird uns vertreiben«, tröstete Ludéria sie. »Und danach essen wir ein Eis, es gibt hier in der Nähe einen kleinen Laden, der länger aufhat.«
Um sechs Uhr abends saßen die beiden auf der Kirchenbank, in der Nähe des Eingangs. Ihre Kleider verrieten die nicht erfolgte Einladung. Fernab des Altars und doch eingebunden in die Atmosphäre, würde kein Pfarrer sie von dort vertreiben. Sie knieten, Júlia hatte die Kommunion empfangen und bat Gott um eine Fahrkarte, um ein Loch im Weltall, durch das sie Nico, seine Auserwählte, Antônio und die Serra Morena erblicken könnte.
Lúderia betrachtete ihre zum oberflächlichen Gebet gefalteten Hände, die Hochzeitsgäste erhoben sich, die Orgel spielte klassische Musik, und dann erschien, am Arm des Vaters, die Braut. Sie zog einen Spitzenschleier hinter sich her, der Glanz der gewachsten Schuhe, der Haare der Trauzeuginnen, der Ringe des Pfarrers. Verheiratet traten Mann und Frau zum Klang derselben Orgel den Rückweg an. Der Pfarrer verlangte Beistand in Gesundheit und Krankheit. Júlia und Ludéria standen auf und verschwanden unbemerkt. Der Reisregen, die Kutsche voll bunter Bänder. Die beiden gingen zum Laden.
»Hallo, Messias«, sagte Ludéria lächelnd.
Messias, der Ladenbesitzer, hatte Júlia noch nie mit Ludéria gesehen, hatte das Mädchen überhaupt erst einmal wahrgenommen, als sie mit kleinen, schnellen Schritten an seinem Geschäft vorbeigekommen war.
»Das ist Júlia, die Adoptivtochter von Dona Leila.«
»Um diese Uhrzeit noch auf der Straße?«
»Es ist noch nicht mal acht, mein Lieber.«
Júlia nahm ein Ananas-Eis, Ludéria wählte Kokos.
»Zahlt es mir morgen.«
Am nächsten Tag bat Ludéria Júlia, zum Laden zu gehen und die Schulden zu begleichen. Sie tat dies absichtlich, damit die Kleine ein wenig Ablenkung hatte. Schließlich verließ sie das Haus nur zum Gottesdienst. Ludéria hätte das Eis auch am Vorabend bezahlen können, aber sie wollte die Kräfte der Natur walten lassen. Júlia ging hinaus, ohne dass Leila es bemerkte.
»Willst du noch eins? Nimm dir eins, ich geb es dir umsonst, so wirst du meine Kundin.« Messias lächelte glücklich.
»Darf ich mir auch was anderes
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