Fuego, Andréa de
wünschen?«
»Das darfst du, wenn du mir von dir erzählst, es ist gerade günstig, weil nichts los ist im Laden.«
19. Kapitel
MIT SECHZEHN TAUCHTE Antônio nicht mehr in die Schubladen der Nonnen ein, sondern klaute Mädchensocken. Er war versessen auf Gerüche, und alle waren sie für ihn angenehm. Vom Fleisch bis zum dampfenden Kompott. Er liebte Löffel und Töpfe, aus denen er cremige Marmelade oder feine Zedernfruchtscheiben kratzen konnte. Antônio bekleckerte sich mit Eingemachtem und sogar mit dem Spülwasser, wenn er seine Hand in den Strahl hielt. Er war das Kind des Waisenhauses. Die ganze Schule gehörte ihm, die Zimmer, die Kommoden, die Waisen, die Nonnen.
Tizica bestand darauf, zusammen mit Nico Antônio abzuholen.
»Nico«, rief Marie aus, »lass dich umarmen, mein Kind! Wärst du zu uns gekommen, hätten wir dich mit Liebe großgezogen.«
»Liebe hat ihm nicht gefehlt«, berichtigte Tizica.
»So ist Marie, wenn sie gerührt ist«, erklärte Cecille.
»Wo ist Antônio?« Nico konnte es kaum erwarten.
»Ich habe ihn schon rufen lassen«, antwortete Marie.
Nico trat ans Fenster und blickte auf den Hof. Es war das erste Mal, dass er das Waisenhaus von innen sah. Es hatte die Sterilität einer Arztpraxis. Die Sauberkeit ließ selbst das Sonnenlicht in den Sälen blasser wirken. Im Hof erscholl kindliche Ausgelassenheit, nach den Pausen sprang der Lärm noch eine Weile zwischen den Mauern hin und her.
Geraldina sprang ebenfalls, auf Antônios Koffer; sie wusste, dass sie nicht mehr zu den Französinnen, dem Perlmutt und den Keksen auf den Tellerchen zurückkehren würde.
»Wann bringst du ihn wieder?«, fragte Marie.
»Er ist zwar noch nicht volljährig, aber er kann bei mir wohnen. Kann zurückkehren in die Familie, in das Haus, in dem wir geboren wurden.« Nico hatte Angst, die Nonne würde es nicht erlauben.
Cecille sah Marie an und wartete, dass sie sich dazu äußerte. Da nichts passierte, erklärte sie selbst.
»Antônio braucht eine besondere Behandlung, er hat ein Problem.«
Da trat Antônio ein, der Koffer schlug ihm gegen die Rippen, auf Höhe der Lungen. Dann fiel der Koffer zu Boden. Als er Nico erkannte, der wie angewurzelt in der Ecke stand, rannte er auf die Beine des Bruders zu.
»Er ist ein Zwerg«, sagte Cecille.
Nico bückte sich langsam und fuhr Antônio über die Haare, sie elektrisierten bei seiner Berührung.
»Ich werde Antônio keine Steine in den Weg legen, er ist genug gestraft, wie ihr seht. Wenn er möchte, lassen wir ihn gehen, aber wenn dem Jungen etwas passiert, bist allein du dafür verantwortlich, Nico.«
Tizica wurde ungeduldig.
»Lasst uns gehen! Es fängt gleich an zu regnen, und Staub ist immer noch besser als Schlamm.«
»Das Haus ist fertig, Antônio. Ich habe auch Júlia Bescheid gegeben, die Hochzeit findet in fünf Tagen statt. Solange bleiben wir auf der Fazenda.«
»Wird deine Frau zulassen, dass ich bei euch wohne? Ich versteh nichts von Landarbeit.«
»Maria kann es kaum erwarten, dich kennenzulernen.«
»Gehen wir!« Tizica hielt es nicht mehr aus, die Nonnen starrten sie mit unverhohlenem Ärger an.
Nico verabschiedete sich von den beiden, Tizica hob die Hand zum Gruß, und Antônio, der Marie und Cecille immer kleiner werden sah, lief hinterher.
20. Kapitel
NACH MEHRSTÜNDIGER, STAUBIGER Fahrt durchquerte die Kutsche das Tor zur Fazenda Rio Claro. Geraldina, die sich um Antônios Knöchel geschlungen hatte, ließ sich schwerfällig auf den Boden hinab, sie konnte nicht zurück in dieses Haus, zu ihrem Sohn, dem Blut der Vorfahren. Also wickelte sie sich um den Stamm eines Guavenbaums, der keine Früchte trug. Von dort würde sie fünf Tage später in derselben Kutsche, die Antônio zu Nicos Haus brächte, wieder verschwinden.
»Tizica, schlag das Klappbett in Nicos Zimmer auf oder hol die alte Wiege von draußen, da müsste der Junge auch reinpassen«, sagte Geraldo grinsend.
Antônio bemerkte die Provokation nicht, erkannte sie erst an Nicos Reaktion.
»Hol nur die Matratze, die Wiege braucht er nicht.«
Geraldo ging zurück auf die Veranda, er wollte nach dem Kognak eine Zigarette rauchen. Tizica kam mit einer Matratze mit Kindermuster wieder. Sie bereitete neben Nicos Bett ein Lager.
»Ich treffe mich mit den Gevatterinnen in der Kapelle, heute ist Andacht. In der Schublade ist eine Kerze, Antônio, du brauchst keine Angst zu haben. Ich komm bald wieder, Brot und Käse sind im Speisekammerschrank.«
Stumm blieben die
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