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Fünf alte Damen

Fünf alte Damen

Titel: Fünf alte Damen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Gruhl
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wird
Ihnen die Zeit nicht zu lang.»
    Ich hatte das Gefühl, daß die Zeit
nicht zu lang werden würde.
    «Gute Nacht, gnädige Frau. Schlafen Sie
gut.»
    Vor Daniel her trippelte sie durch den
Raum. Ich verfolgte ihre Gestalt mit den Augen, bis sie durch eine Tür an der
linken Seite verschwunden war. Der Widerschein des Kaminfeuers flackerte hinter
ihr her wie hinter der Ahnfrau eines Schlosses, die am Ende der Geisterstunde
unsichtbar wird.
    Langsam setzte ich mich wieder. Ich
hörte die schwachen Laute ihrer Schritte, die sich auf einer anderen Treppe
nach oben entfernten. Dann waren sie über mir, weit weg, als lägen viele
Stockwerke dazwischen. Ein Gedanke stieg in mir auf wie eine Flammenzunge auf
dem Rost des Kamins. Ich wollte ihn verscheuchen, nicht zu Ende denken, aber er
blieb.
    Warum war Daniel hinaufgegangen mit
ihr? Allein und ohne jeden Zeugen? Wenn er der Mörder war, dieser verschwundene
Neffe oder sonst jemand, war das jetzt seine Gelegenheit zur letzten Tat?
    Ich bemühte mich krampfhaft, irgendein
Geräusch von oben zu hören. Nichts regte sich. Sollte ich hinterhergehen?
    Es war jetzt so still geworden, daß ich
zusammenfuhr, als ein schmelzendes Eisstückchen in meinem Glas mit leisem
Klirren umfiel. Ich richtete mich auf und nahm einen großen Schluck. Ich
schämte und ärgerte mich zugleich. War es schon so weit mit dieser verfluchten
Geschichte, daß keiner dem anderen mehr traute?
    Als ich wieder Schritte hörte, atmete
ich auf. Aber sie kamen von der anderen Seite, von rechts. Ich erkannte die
Umrisse einer Tür an der dunklen Wand. Die Klinke ging herunter. Die Tür
öffnete sich, und Daniel kam herein.
    Wer hätte sonst kommen sollen?
    «Alles klar?» fragte ich.
    Er setzte sich hin und nahm eine
Zigarette.
    «Ja. Auf beiden Seiten ist eine
ähnliche Treppe wie unten. Ein Quergang verbindet sie. Da gehen ‘n paar Räume
ab, auch ihr Schlafzimmer.»
    «Eingänge?»
    «Nur einer. Der vom Flur aus. Und eine
Tür zum Bad. Das liegt daneben.»
    «Und wie kommt man— »
    «Wenn einer rauf will, muß er hier
durch», antwortete Daniel. «Rechts oder links, ‘ne andere Möglichkeit gibt es
nicht. Es sei denn, es sind Geheimgänge da, wie bei den alten Rittern.»
    «Hast du dir die anderen Zimmer
angesehen?»
    «Hab ich. Nichts drin, was mich stören
könnte. War auch im Schlafzimmer. Habe die Fensterläden verrammelt und mich
umgesehen. Alles harmlos und honett.»
    «So. Kann sie sich bemerkbar machen?»
    «Sie hat ein Telefon am Bett. Damit
kann sie runterrufen— da drüben in der Nische steht noch ein Apparat.»
    Ich machte mir nicht die Mühe, mich
umzudrehen.
    «Telefon am Bett?»
    «Ja. Was ist damit?»
    «Ich dachte an Bertha von Scherff.»
    Er blies einen zarten Rauchring in die
Luft.
    «Habe ich auch dran gedacht. Das Ding
ist umgestellt. Gespräche von außen landen hier. Hab ihr gesagt, sie soll gar
nicht rangehen.»
    «An alles gedacht», sagte ich und trank
mein Glas aus. «Brauchen wir uns nur noch um den Whisky zu kümmern. Die Flasche
macht’s aber nicht mehr lange.»
    Daniel stand auf.
    «Ich hol eine neue. Sie hat mir
gezeigt, wo der Whisky ist. Willst du ein Bier?»
    Ich sagte ja.
    «Gut. Bei der Gelegenheit werde ich
mich unten noch mal Umsehen. Bleib du hier und paß auf, daß kein Gespenst auftritt.»
    Er ging zur hinteren Tür hinaus. Ich
stocherte im Kaminfeuer herum, nahm dann eine Zigarette vom Tisch und rekelte
mich tief in meinen Sessel. Eigentlich war die Angelegenheit ganz gemütlich und
amüsant. Wenn nicht der blutige Ernst dahintergesessen hätte mit dem vierfachen
Tod. Ich dachte an Mechthild und den Kuß, den ich ihr gegeben hatte, und mir
wurde wärmer im Herzen. Vielleicht war sie wach und starrte das Telefon an. Sie
hatte Sorgen um mich. Das liebe Kind.
    Ich schrak hoch vom unerwarteten Klang
des Türschlosses. Daniel stand in der Tür. Der Läufer auf der Treppe hatte
seine Schritte verschluckt wie Watte.
    «Du schleichst selber schon wie der
Hausgeist», sagte ich entrüstet. «Kannst du nicht klopfen? Man wird ja ganz
nervös.»
    «Entschuldige, wenn ich dich geweckt
habe. Hier— Bier.»
    Ich fand einen Öffner und ließ die
Gläser vollaufen, die bereitstanden.
    «Sie hat sogar ein paar Brote gemacht»,
sagte er. «Wenn du Hunger hast, sag es.»
    «Feines Hotel.» Ich mußte unvermittelt
lachen. Ich wollte aufhören, aber es ging nicht. Daniel sah mich stirnrunzelnd
an.
    «Entschuldige— mir war auf einmal so
komisch zumute. Sherlock Holmes und

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