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Fuenf Frauen, der Krieg und die Liebe

Fuenf Frauen, der Krieg und die Liebe

Titel: Fuenf Frauen, der Krieg und die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Bryan
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mehr. Erst schlang er seinen »Entenbraten« hinunter, der in einer Pfütze aus Bratensaft serviert wurde, dann aß er Evangelines Portion auf. Zum Nachtisch gab es Marmeladenrolle, die schwer und unverdaulich aussah. »Das schmeckt auch nicht«, brummte Laurent, verzog das Gesicht und trank einen Schluck Bier. »Wann wird Richard nach Hause entlassen?«
    »Bald. Wenn das Haus von Lady Marchmont fertig umgebaut ist, bekommt er dort einen Platz. In Penelopes Haus sind zu viele Treppen und wir leben sowieso schon ziemlich beengt, mit drei Evakuierten und Tanni und den Kindern. Aber wir sollten uns lieber über …«
    Laurent unterbrach sie barsch. »Ich habe zu arbeiten, Schätzchen«, meinte er ungeduldig. »Sie haben viel zu tun für mich, schicken mich immer zwischen England und Frankreich hin und her. Ich kann dir nichts Genaues darüber erzählen, muss halt sehen, wie ich über die Runden komme. Fang nicht immer wieder davon an!«
    Unter dem Tisch wippte Laurent mit einem Bein, ein nervöser Tick, den er sich angewöhnt hatte. »Von einem Tag zum anderen, anders geht es nicht. Sie haben mir französische Papiere gegeben, aber die Nazis sind gut im Aufspüren von Fälschungen, vor allem in Paris. Und als ich das letzte Mal in Paris war, war es wirklich knapp, da hat uns die Gestapo angehalten, sie haben irgendwen gesucht. Meine Papiere wären in Ordnung, haben sie gesagt, aber andere Burschen haben sie festgenommen, weil ihre Papiere gefälscht waren. Als de Gaulle hörte, dass ich um Haaresbreite erwischt worden wäre, hat er einen Freund angerufen und ihm aufgetragen, dass er mir neue Papiere beschaffen soll. Da gibt’s einen jungen Burschen beim Kriegsministerium, er ist der Beste, sagen sie. Bis jetzt hat niemand seine Fälschungen entdeckt. Aber du weißt ja …« Er zuckte die Schultern.
    »Laurent, ich muss dir sagen, dass …«
    Ihre restlichen Worte gingen in einem Trommelwirbel und einem lauten Beckenschlag unter, der von der Bühne ertönte.
    Laurent wurde plötzlich munter. Er wechselte das Thema: »Du machst dir zu viele Sorgen. Diese Band musst du dir anhören. Sie nehmen mich manchmal, wenn einer ihrer Musiker ausfällt. Einer hat einen Bruder, der bei Glenn Miller mitspielt, er sagt, er kann mir einen Job besorgen, wenn sie rüberkommen, um für die Truppen zu spielen. Das wär doch was, oder?«
    Er holte zwei Zigaretten hervor und zündete erst Evangelines und danach seine eigene an. Evangeline starrte in ihr leeres Glas und überlegte, wann sie aufstehen und gehen sollte. Als Laurent urplötzlich mit der Hand auf den Tisch schlug, schreckte sie hoch. Die Musik war schneller geworden. »Komm, Schätzchen! Lass uns tanzen und den blöden Krieg vergessen.« Auf einmal war er wieelektrisiert. Er riss sie von ihrem Stuhl hoch, zog sie auf die Tanzfläche und wirbelte mit ihr über das Parkett.
    Drei amerikanische GIs in ihren kurzen Feldjacken saßen in der Ecke und sahen den Tänzern zu. Als ihr Bier kam, tranken sie einen Schluck und verzogen das Gesicht. Es war ihr erster Abend in London. Als sich ihre Augen an das schummrige Licht gewöhnt hatten, sagte einer von ihnen: »Dieser Hurensohn, guckt euch
das
an!« Man hörte ihm an, dass er aus Georgia kam. Er stupste den Soldaten neben sich an. »Das ist doch ein
weißes
Mädchen. Und sie tanzt mit einem
Farbigen

    »Wo?«, fragte sein Freund. Er kam aus Nebraska und hatte zwei Mädchen ins Visier genommen, die allein an der Bar saßen. Nun sah er sich Laurent genauer an. »Der? Für mich sieht der aus wie ein Weißer.«
    »Ein fast weißer Farbiger, so nennen wir sie bei uns. Hat weißes Blut in den Adern, aber einen Nigger erkennt man überall. Zu Hause, da würde er nicht lang mit ihr tanzen, das kann ich dir flüstern. An ’nem Seil würd er baumeln.«
    Evangeline wurde schwindelig, als Laurent sie von sich wegdrehte, sie wieder auf sich zuwirbelte und sie fest in den Arm nahm. »Mach’s mir einfach nach, Schätzchen«, sagte er an ihrem Hals und küsste sie am Ohr. »Das ist doch wie früher und dein Zug fährt erst morgen. Wir haben die ganze Nacht.«
    Nein, es ist nicht wie früher, hätte sie am liebsten geschrien. Es war überhaupt nicht mehr wie früher gewesen, seit sie ihm nach Europa gefolgt war. Sie bereute nicht, dass sie ihn vor Maurice gerettet hatte, doch ihr Herz gehörte ihm nicht mehr. Sie wollte im Krankenhaus sein, wo Richard lag. Sie wollte die Uhr zurückdrehen, in der Pension am Meer sein und sich neben ihn auf das

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