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Fuenf Frauen, der Krieg und die Liebe

Fuenf Frauen, der Krieg und die Liebe

Titel: Fuenf Frauen, der Krieg und die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Bryan
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war, überließ er es normalerweise den anderen Männern, das Tempo vorzugeben. Als Mann der Kirche war er nicht dazu verpflichtet, sich der Bürgerwehr anzuschließen, doch im Dorf standen so wenige kräftige und leistungsfähige Männer zur Verfügung, dass er es als seine Pflicht betrachtet hatte. Als Albert umgekehrt war, sputete er sich, um Hugo einzuholen, der vollkommen erledigt aussah. Er war weiß wie eine Wand und keuchte heiser, während er mit einem Arm wedelte, um die Mücken zu vertreiben. »Nichts Ernstes, Lungenflügel ist zusammengefallen, als ich noch ein Kind war. Komm mit einem ganz gut zurecht, die Armee hätte mich ruhig nehmen sollen.« Er beugte sich vor und rang nach Luft.
    »Ruh dich aus.« Oliver legte ihm seine freie Hand auf die Schulter. »Setz dich. Ich gehe voraus und du kommst nach, wenn du wieder bei Atem bist.«
    Oliver legte nun ein schnelleres Tempo vor und erklomm rasch den steilen Pfad. Er genoss es, draußen zu sein und sich zu bewegen, bis ihm einfiel, dass er ja nach Deutschen Ausschau halten sollte.
    Von oben sah er, dass die Downs menschenleer waren, abgesehen von ein paar Flakgeschützen, die unter Tarnnetzen versteckt waren. Sie waren nicht besetzt und ihm wurde bewusst, dass er ganz allein war. Da entdeckte er eine dünne Rauchsäule, die vor dem grauen Himmel kaum sichtbar war. Das musste die Heinkel sein. Er kletterte über einen weiteren Bergrücken auf die Rauchsäule zu.
    Wenige Augenblicke später sah er auf eine schwelende Masse in einem der grünen Seitentäler hinunter. Seine Hand fasste das Gewehr fester, während er die Downs mit den Augen nach fliehendenGestalten absuchte. Würde er es fertigbringen, einen Mann zu töten – selbst wenn es ein Deutscher war? Oliver war bisher ganz selbstverständlich davon ausgegangen, dass Gott und der Premierminister fürs Erste auf derselben Seite standen und es seine Pflicht war, die Anweisungen der Regierung zu befolgen. Außerdem fand er es heuchlerisch, für den militärischen Erfolg Englands zu beten, wenn er selbst zu feige war, dem Feind gegenüberzutreten.
    Schwerer Brandgeruch stieg ihm in die Nase. Auf dem Boden entdeckte er zwei Gestalten in grauen Uniformen. Sie sahen wie Puppen aus. Es war das erste Mal, dass er außerhalb der Nachrichtenfilme ein abgeschossenes Flugzeug zu Gesicht bekam. Er wappnete sich innerlich für die Begegnung mit den Deutschen, seien sie nun tot oder lebendig, und hastete auf das zerschellte Flugzeug zu. Er betete, dass sich alle Insassen, die noch am Leben waren, ergeben würden und er nicht auf die Probe gestellt würde, indem er sie erschießen musste.
    Als er sich dem Wrack näherte, schlug ihm eine heftige Hitzewelle entgegen. Der Rauch raubte ihm den Atem und dann nahm er einen schrecklichen Geruch wahr. Er drückte sich ein Taschentuch vor die Nase, doch der Gestank wurde schlimmer, je näher er kam. Es war eine schreckliche Mischung aus brennendem Treibstoff, brennendem Gummi und etwas, das er instinktiv als brennendes Menschenfleisch erkannte. Er nahm an, dass die Flieger im Innern eingeschlossen sein mussten – mit Sicherheit die Richtschützen im hinteren Teil des Flugzeugs. Die Hitze war zu groß, er konnte nicht näher an das Flugzeug herangehen und hineinschauen, also sah er sich nach den beiden Gestalten um, die er aus der Höhe entdeckt hatte. Schließlich stolperte er über die eine und sah die andere ganz in der Nähe liegen. Er vermutete, dass sie entweder aus dem Cockpit geschleudert worden waren, das zerschmettert in den Angeln hing, oder von den Flammen weggekrochen waren. Oliver beugte sich vor und hielt seinen Arm schützend vor Gesicht und Augen.
    Der Mann, über den er gestolpert war, war offensichtlich tot. Er lag mit dem Gesicht nach unten auf dem Boden, die einwärtsgerichteten verkohlten Stiefel gaben seiner Körperhaltung etwas Ungelenkes. Sein Kopf lag in einem unmöglichen Winkel zu den Schultern. Seine Lederkappe war geplatzt. An den Rändern sickerte etwas heraus und tropfte auf den Boden. Oliver war der Tod nicht fremd, er war ihm in den Cottages im Dorf oder im nächsten Krankenhaus schon begegnet, doch er hatte ihn noch nie in dieser gewalttätigen und willkürlichen Form erlebt. Welche Schrecken die Flieger gespürt haben mussten, als ihr Flugzeug hinunterstürzte. In der sengenden Hitze bahnte er sich mühsam einen Weg zu der anderen Gestalt.
    Sie bewegte sich. Der Mann lag mit verdrehten Gliedmaßen auf dem Rücken. Er hatte seinen Helm vom

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