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Fuenf Frauen, der Krieg und die Liebe

Fuenf Frauen, der Krieg und die Liebe

Titel: Fuenf Frauen, der Krieg und die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Bryan
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Frau – und meine Mutter? Ich habe durch alle erdenklichen Kanäle Nachforschungen angestellt, doch abgesehen davon, dass sie nicht mehr in der Wohnung meiner Mutter sind, konnte ich nichts herausfinden.«
    Rachel wandte sich ab, damit er die Tränen in ihren Augen nicht sah. Die Tränen kamen so schnell, bei den Nachrichten, die sie so oft überbringen musste, Nachrichten, die sie durch keinerlei Hoffnung abmildern konnte. »Unsere Kontakte konnten uns ein paar Informationen geben. Ein älterer Mann, ein Verwandter einer meiner Kolleginnen, war ein Patient von Dr. Joseph und hat bestätigt, dass sie bei deiner Mutter lebten. In der Nacht, in der Lili und Klara Österreich mit dem Kindertransport verließen, haben die Deutschen alle Juden in ihrem Viertel verhaftet. Wenn Tannis Eltern und deine Mutter unter den Verhafteten waren, wurden sie wahrscheinlich in ein deutsches Arbeitslager deportiert, in dem Munition hergestellt wird. Es heißt, dass Leute aus dem Viertel, in dem deine Mutter lebte, in Oświęcim gesehen wurden, man nennt es auch Auschwitz. Sag Tanni nichts, bevor wir nicht Gewissheit haben.«
    »Wir haben amerikanische Kontakte in Marseille, die den Quäkern finanzielle Unterstützung für die Übergangslager zukommenlassen. Ich werde sie bitten, es weiter zu versuchen. Und was Auschwitz betrifft …« Bruno schüttelte sich.
    »Ich weiß. Wir tun, was wir können«, versprach Rachel müde. Diesen Satz wiederholte sie so oft. So viele Leute kamen zu ihnen und bettelten um Informationen über ihnen nahestehende Menschen.
    Als Bruno nach oben kam, saß Tanni auf dem Bett. Sie hatte ihren Seidenmantel an und bürstete ihr Haar. Johnny schlief. Sie wandte sich um, lächelte ihn an und legte einen Finger an die Lippen. »Johnny war schrecklich müde. Sein erster richtiger Seder! Doch nun erzähl mir, was Rachel gesagt hat, Bruno! Lass mich nicht so lang zappeln – ich bin sicher, du hast gute Nachrichten.«
    Brunos Mutter hatte ihn einst gewarnt, dass die Josephs den Sohn einer Schneiderin nicht als würdigen Ehemann für ihre geliebte älteste Tochter ansehen würden, auch wenn er sie von Jugend an angebetet hatte. Doch da war sie, seine Frau, die Mutter seines Sohnes, mit einem einladenden Lächeln auf den Lippen, das Haar fiel ihr über die Schultern, die Zufriedenheit nach diesem schönen Abend und die Gewissheit freudiger Neuigkeiten ließen sie strahlen. Brunos Herz zog sich zusammen. Solang es nur ging, würde er sie vor Trauer und schlechten Nachrichten schützen und ihr nur sagen, dass Rachel und ihre Gruppe noch keine verlässlichen Informationen hatten. Doch auch das konnte warten.
    Er nahm ihr die Bürste aus der Hand, setzte sich auf das Bett und begann, langsam ihr Haar zu bürsten. Wie weich und glänzend es war.
    »Bruno! Nun erzähl schon!« Doch dann schloss Tanni die Augen und lehnte sich an ihn. Bruno legte die Bürste beiseite und vergrub sein Gesicht an ihrem Hals. Sie wandte sich um und sie legten die Arme umeinander. »Was hat Rachel gesagt?«, murmelte Tanni, doch Bruno zog sie mit sich herunter. »Schsch, nicht jetzt, meine Süße. Nicht heute Abend. Wir reden morgen darüber.«

14
    Sussex Downs,
    August 1941
    Es hatte keine Warnung gegeben. Nur das Dröhnen eines nahenden Flugzeugs hatte sie in Alarmbereitschaft versetzt, gerade als die Dorfkinder nach dem Mittagessen am Samstag zum Spielen nach draußen gingen. Plötzlich brauste eine einzelne deutsche Heinkel 111 im Tiefflug über Crowmarsh Priors. Bis die besorgten Mütter das schmutzige Geschirr liegen gelassen und in ihren Schürzen nach draußen gestürzt waren, um ihre Kinder in Sicherheit zu zerren, war der Bomber schon über den Downs und vollführte am Himmel alle möglichen Manöver, um den RAF-Hurricanes zu entkommen, die nun die Verfolgung aufgenommen hatten.
    Albert Hawthorne nahm an, sie wollten den Deutschen vom Dorf weg über den Kanal abdrängen, bevor sie ihn abschossen, doch zu seiner Überraschung flog die Heinkel eine scharfe Kurve und suchte Deckung in einer dunklen Wolkenwand, die sich vom Meer aus ins Land schob. Zu spät.
    »Auf ihn! Holt ihn euch, Jungs!«, schrie Albert, als die RAF-Richtschützen das Feuer eröffneten. Gebannt beobachtete das gesamte Dorf, wie die Heinkel abdrehte. Dabei zog sie eine schwarze Rauchsäule hinter sich her. Eine halbe Minute später schwenkte sie wieder auf das Land zu, wackelte in der Luft, kippte zur Seite und fiel, die Nase voran, aus den Wolken auf das Dorf zu.

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