Fünf Hunde im Gepaeck
Gehege seinen Platz zum Schlafen suchte, schmiegte er sich so eng an Otto, wie er nur konnte.
Pekinesen sind ursprünglich Palasthunde und waren früher ausschließlich dem chinesischen Kaiser vorbehalten, den sie bewachen durften. Li-Chee war so kämpferisch und aufbrausend wie Otto friedfertig und gelassen.
Der Käfig daneben war besetzt von einer schwarzen Pudelhündin. Francines Fell war auf diese alberne Weise zurechtgestutzt worden, die man von Pudeln kennt. An den Beinen und amSchwanz trug sie flauschige Pompons, ihr Rücken hingegen war kurz geschoren. Normalerweise wurde sie von Schauspielerinnen oder anderen Leuten aus dem Showgeschäft ausgeliehen, die etwas zum Angeben haben wollten. In Wirklichkeit war Francine eine praktisch veranlagte Hundedame, darüber hinaus auch noch überaus klug. Sie entstammte einer Familie von Zirkushunden, die seit Generationen die schwierigsten Kunststücke vollführt hatte: steile Leitern hinaufklettern, durch brennende Reifen springen, Bälle auf der Nase balancieren …
Francine hatte das Zirkusleben geliebt – die Kameradschaft, das Herumreisen im Wohnwagen, die täglichen Auftritte. Doch dann hatte es geheißen, es sei grausam, Tiere zu dressieren und sie Kunststücke vorführen zu lassen, und der Zirkus war geschlossen worden und nun saß Francine den ganzen Tag im Käfig und wartete darauf, von irgendjemandem für ein paar Stunden ausgeliehen zu werden.
In dem Käfig gegenüber von Otto, Francine und Li-Chee saß eine Colliehündin. Honey war sehr schön mit ihrem langen seidigen Behang in schwarz, weiß und sandfarben und den sanften vertrauensvollen Augen. Trotzdem war sie schwerzu vermitteln, weil immer und ständig der Hütehund in ihr durchkam. Da es aber in London keine Schafe gab, trieb Honey alles Mögliche zusammen. Einmal hatte sie eine ganze Kindergartenschar in einen Konzertpavillon gescheucht oder ein Dutzend quakende Enten in einem Bushäuschen festgehalten.
Bevor sie zu Rent-a-Dog kam, war Honey eine gut ausgebildete Hütehündin gewesen, aber der Bauer, dem sie gehörte, hatte seinen Hof aufgeben und Honey verkaufen müssen. Alle Hunde leiden darunter, wenn sie nicht mehr nützlich sein können, aber für einen Collie ist das Fehlen von Arbeit eine Katastrophe. Die anderen Hunde machten sich Sorgen. Mr Carker wurde nämlich jedes Mal sehr ärgerlich, wenn Honey früher als geplant zurückgebracht wurde. Alle wussten, was mit Hunden geschah, die Mr Carkers Unwillen erregten, sie verschwanden von einem Tag auf den anderen und waren nicht mehr gesehen.
Die letzte Bewohnerin von Raum A war Queen Tilly. Sie lag die meiste Zeit auf einem Kissen mit einer Wärmflasche unter dem Bauch. Bei Queen Tilly handelte es sich um einen mexikanischen Nackthund, eine besonders hässliche Rasse mit haarloser, fleckiger Haut und stockdürren Beinchen.Mexikanische Nackthunde sind äußerst selten und die meisten von ihnen sind nett, wenn auch sehr empfindlich, ständig zittern sie vor Kälte. Queen Tilly zitterte zwar auch, aber sie war alles andere als nett. Bevor sie zu Rent-a-dog kam, hatte sie einer reichen Erbin gehört und von silbernen Tellern gegessen und auf den seidenen Kissen ihres Frauchens geschlafen und nun war ihr alles nicht gut genug.
Zuerst hatten die anderen Hunde versucht, freundlich zu ihr zu sein, aber Queen Tilly schüttelte nur unwillig den Kopf und gähnte. Sie reagierte nur, wenn ihre Wärmflasche kalt wurde, dann jaulte und quiekte sie, bis Kayley erschien und sie wieder mit heißem Wasser füllte. Sie war von allen Leihhunden der teuerste, aber eigentlich keinen Penny wert.
Es gab noch einen Käfig in Raum A, aber der war zurzeit leer.
Es hatte aufgehört zu regnen und Otto, dessen Käfig am Fenster stand, konnte sehen, wie die Leute ihre Schirme zusammenklappten, und das bedeutete, dass bald Kundschaft erscheinen würde. Er setzte sich in Positur und die anderen Hunde folgten seinem Beispiel.
Um zehn Uhr führte Kayley eine Dame herein, die einen eleganten schwarzen Rock und eine lila Bluse trug. Ihre Absätze waren so hoch, dass sie wie auf Stelzen ging.
»Ich glaube, Francine ist die Richtige für Sie«, sagte Kayley und ging zu dem Käfig mit der Pudeldame. »Sie ist eine besonders intelligente Hündin und außerdem an Restaurantbesuche gewöhnt.«
»Sie passt auf jeden Fall zu meinem Outfit«, sagte die Dame. »Es ist ein wenig heikel, müssen Sie wissen. Ich habe gestern Abend auf einer Party einen interessanten Mann
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