Fuenf Maenner Fuer Mich
ihre unterschiedlichen Arbeitszeiten gibt es fast keine gemeinsamen Zeitfenster für ihre Beziehung. Ich vermute, im Bett ist die Leidenschaft bei den beiden verschwunden. Beide sind das Thema leid geworden und inzwischen haben sie sich damit abgefunden. Nach vier Jahren Ehe ist „der Ofen aus“. Sie hofft auf ein Auslandsstipendium für ihre Doktorarbeit. Sie möchte ihn lieber aus der Ferne vermissen.
Ich könnte bei so viel Resignation mit der Faust auf den Tisch hauen! Ich erkenne mich selbst wieder, ein Spiegelbild von mir zu Ehezeiten. Alte Gefühle steigen in mir hoch. Die Wut kommt so stark an die Oberfläche, dass sie nun unter einer dünnen Gesteinsschicht brodelt, die immer dünner wird und jederzeit durch andere Menschen, die nur ansatzweise in ähnliche Verhaltensmuster tappen, zum Explodieren gebracht werden kann.
Rüya hat in ihrer Beziehung die Zügel in der Hand, scheint mir. Sie erlaubt ihrem Mann all seine Kaprizen. Er ist öfter mal auftragslos, immer nur bereit, in seinem Lieblingsjob, als Kurzgeschichtenschreiber, zu arbeiten. Er kann sich das erlauben, schließlich sorgt sie dafür, dass immer genug Geld für Miete und die alltäglichen Kosten da ist. Ich habe den Eindruck, dass sie längst die Mutterrolle übernommen hat, dass Rüya ihre Zeit und ihr Talent für diesen Mann verschwendet. Für die Illusion, ein Herdfeuer zu Hause zu haben und ein Stück Geborgenheit.
„Ist er dir treu?“
Spontan sagt sie: „Ja! Wenn nicht, würde ich das merken …“ Plötzlich wird sie nachdenklich: „Wieso bin ich mir da eigentlich so sicher …?“
„Und du, bist du treu?“, frage ich.
Sie antwortet mit demselben Satz, wie fast alle Frauen, denen ich diese Frage stelle: „Ja, natürlich, wenn ich mit einem Mann zusammen bin, kann ich gar keinen anderen haben.“
Welch Irrtum! „Doch! Wir können das! Probier es mal aus.“ Und plötzlich rutscht mir im Plural raus: „Dass wir nur mit Männern Sex haben können, die wir auch lieben oder in die wir verliebt sind, stimmt gar nicht!“ Ich habe das Gefühl, das Thema geht mich nicht nur alleine an. Nicht nur Rüya und meine anderen Freundinnen, sondern alle Frauen. Ich rede mich in Fahrt: „Ihr würdet euch wundern, wie gut das geht. Wir haben ein Leben, ein einziges, dafür sind wir ganz alleine verantwortlich. Wenn wir uns nicht um uns kümmern, wer bitte soll es dann tun?“
Ich rate Rüya, sich um sich selbst zu kümmern: „Wenn du glücklich bist und in dir ruhst, kannst du auch anderen etwas geben, nur dann.“ Aber erwarte nichts zurück, füge ich in Gedanken hinzu. Nicht im Traum hatte ich einen solchen Gesprächsverlauf erwartet.
Mein Geburtstagsgeschenk
Meinen Geburtstag feiere ich mit sieben Frauen in einem Livemusik-Club. Einziger Alibi-Mann ist Buddha. Einmal mehr bewährt er sich als Meister seines Fachs. Buddha haucht jeder von uns eine Extraportion Selbstbewusstsein ein. Das allerletzte bisschen, das dann noch fehlt, flüstern wir uns gegenseitig verschwörerisch zu. Wir schweben, tanzen und sind happy. Es ist Samstagabend, der Laden brummt. Weit nach Mitternacht fällt mein Blick auf einen Typen an der Theke, der mich unverwandt anblickt. Ich schaue weg. Er passt genau in mein Beuteschema. Ich schaue wieder hin. Alarmglocken schrillen. Vergiss es, Annette, ermahne ich mich. Halblange schwarze Haare, männlich-markantes Gesicht, eigentlich ein paar Zentimeter zu klein für meinen Geschmack. Ein Bilderbuch-Macho. Nein danke, nichts für mich. Er sieht aus, wie ich mir einen Zuhälter vorstelle. Ganz bestimmt ist er ein Zuhälter.
Ich wende mich der Liveband zu. Der Sänger hat eine samtige Bassstimme. Ich ziehe am Strohhalm meines alkoholfreien Cocktails. Der Mann an der Theke scheint Südländer zu sein. Aus welchem Land wohl? Ich tippe auf Afghanistan oder Indien. Ich gehe zurück an unseren Tisch und flüstere Viola zu: „Guck mal!“ Sie antwortet: „Ja, den hab ich schon bemerkt, Buddha übrigens auch. Wir haben ihn gesehen und gesagt: ‚Oh, der ist was für Annette.‘“
Ich schäme mich ein wenig. Sonja zwinkert mir zu und meine Schulfreundin Britta legt ihre Stirn in Falten. Viola und Bea zerren mich auf die Tanzfläche und schon zappeln wir zu dritt vor der Bühne herum. Das Zappeln wird langsam sanfter und weicht erotischen Bewegungen. Wir turteln miteinander, ein beliebtes Spiel zwischen uns. Das macht die Typen ziemlich an. Von allen Seiten lüsterne Blicke. Auch von meinem Kandidaten an der Theke.
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