Fuenf Maenner Fuer Mich

eine Beziehung beendet.“
    „Dafür klingst du aber recht fröhlich“, meint er.
    Ich stutze. Ja, das stimmt. Ich bin erleichtert. Auch wenn ich Tekim noch genauso liebe wie zuvor. Aber ich kann ihn nun aus der Ferne lieben. Und das ist definitiv gesünder für mich. Ich erkenne: Wahre Liebe verzichtet.

    Relaunch
    Ich nehme den Faden wieder auf und mache weiter. Heute habe ich mal wieder ein Date mit einem Unbekannten aus dem Internet. Ich fühle mich professionell und ein bisschen abgebrüht. Wir treffen uns in meinem Stammcafé für Internet-Dates. Es liegt nur zehn Minuten mit dem Rad von mir zu Hause entfernt, befindet sich aber in einem anderen Stadtviertel, und das ist nach Kölner Maßstäben „im Ausland“. Er wartet schon und lächelt verschmitzt, als ich das Lokal betrete. In seinen fröhlichen grünen Augen versteckt sich ein Tick Traurigkeit. Er trägt teure Sportklamotten, die die Blicke der Betrachterin nicht von seinem perfekt trainierten Body abzulenken vermögen. Thomas arbeitet als Personal Trainer für reiche Unternehmer, die keine Zeit für den Besuch eines normalen Fitnessstudios haben. Zusätzlich hat er eine Ausbildung zum Coach absolviert, um seine Kunden optimal beraten zu können.
    Ich habe mir vorgenommen, nichts von mir preiszugeben. Ich bin die Nacktkatze, die Fremde aus dem Internet. Bei zwei Gläsern frisch gepresstem O-Saft stellt er mir präzise Fragen, er ist ein Könner auf diesem Gebiet. Eine kleine Unachtsamkeit, und schon habe ich mein Stadtviertel verraten. Seine Fragen kommen aus unerwarteter Richtung.
    „Du hast also schon mal an die Bühne gedacht?“, wirft er in den Raum.
    Ich erzähle ihm von meiner Tätigkeit als Künstleragentin. Aber das hat eigentlich nichts mit der Bühne als solcher zu tun. Ich erzähle ihm von einem Traum, den ich vor ein paar Tagen hatte. Er war so intensiv, dass er morgens noch wie ein gemaltes Bild auf meiner Bettdecke lag. Ich stand in einem riesigen Theater auf der Bühne. Der Zuschauerraum war leer. Ich war ganz alleine. Und plötzlich gingen die Scheinwerfer an …
    Längst schon hat mich Thomas, der Coach, dazu gebracht zu reden. Er hat die richtigen Fäden gezogen und es sprudelt nur so aus mir heraus, alle Geheimnisse sind verraten, das gesamte 5L-Projekt liegt ausgebreitet vor ihm. Er lächelt schelmisch und sein Blick ist noch um eine Nuance trauriger geworden.
    Er lädt mich zu Miesmuscheln in Weißweinsoße in eine kölsche Kneipe ein und möchte alles über mein Projekt wissen. Mir wird das zu viel, ich beginne, seinen Fragen auszuweichen. Soll ich ihm etwa alle Ex-Lover und aktuellen Lover aufzählen? Bei einem normalen Date würde man ja auch nicht alle verflossenen Liebhaber auf den Tisch legen. Aber Männer möchten nun mal wissen, woran sie sind. An welcher Stelle sie stehen, an erster, zweiter oder dritter oder ob sie zur Warteliste gehören.
    „Wie ist denn der aktuelle Stand?“, bohrt er weiter. „Wie viele hast du momentan?“
    Fest entschlossen, ihm nicht zu antworten, zähle ich dennoch innerlich nach. Herzschmerzverursacher Tekim ist aus dem Rennen. Orgasmusgarant Birkensohle sehe ich nur noch selten. Kevin ist Workaholic und kaum zu greifen. Buddha ist ein L und doch kein Lover. Die anderen zählen nicht. Das waren ja keine ernst zu nehmenden Ls, sondern schnell verglühende Strohfeuer. Also eigentlich ist da nur noch gähnende Leere. Nichts und niemand. Doch, da ist noch jemand. Der wichtigste Mensch meines Lebens: ich!
    Thomas fragt weiter. Ich zucke lustlos mit den Schultern, will mir keine Blöße geben. Er guckt nachdenklich, so als mache er sich ernsthafte Gedanken, wie er mir aus meinem Dilemma helfen könnte. Schließlich ist er als Coach auf das Lösen von Problemen spezialisiert. Dann schnippt er mit den Fingern. Ich schrecke zusammen. „Ich hab’s! Du startest einen Relaunch. Alles wird auf null runtergefahren. Und du fängst noch mal von vorne an!“
    Er klingt richtig erleichtert. Euphorie steigt in mir auf. Was für eine Chance! Mit all den Erfahrungswerten aus fast zwei Jahren noch mal neu anfangen! Das ist eine richtig gute Idee und ich beschließe, mein Projekt um ein Jahr zu verlängern.

    Blubbern, Zischen, Summen, Schnaufen
    Heute ist meine vierte Stunde bei Anno. Ich habe inzwischen noch mehr gelernt. Zum Blubbern und Zischen übe ich jetzt auch Summen und Schnaufen. Anfangs wollte ich vor Peinlichkeit im Boden zu versinken, aber Anno lässt gar nicht zu, dass solche Gefühle aufkommen.