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Fünf Schlösser

Fünf Schlösser

Titel: Fünf Schlösser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Phantasie gebildet hatten, als zu verwirklichende vor die Seele stellen. Und nach Lage der Sache mit gutem Grunde. Denn er durfte sich mehr oder weniger schon damals neben seinem persönlichen auch ein politisch-militärisches Übergewicht zuschreiben, ein Übergewicht, das politisch in seiner Günstlingsstellung zu Markgraf Jobst von Mähren 1) , dem damaligen Landesherrn der Mark (dessen beständiger Geldverlegenheiten er sich allzeit hülfreich erbarmte), militärisch aber zu nicht unwesentlichem Teil in der strategischen Beschaffenheit der ihm zur Verfügung stehenden festen Punkte seinen Grund hatte. Zog man nämlich eine Schräglinie durch die Mark, so war er es, der die beiden Flügel und mit diesen zugleich auch das Zentrum in Händen hielt. Freilich war nur ein Bruchteil davon sein eigen, aber der Einfluß, den er im Westen (Prignitz) auf die gesamte Quitzowsche Vetterschaft samt Kaspar Gans zu Putlitz, im Osten (Lausitz) auf die Schenken von Landsberg und ihren Anhang, im Zentrum (Plaue mit Havelland) auf seinen Bruder Johann und die reich begüterten Bredows übte, war so groß, daß er diese bundesgenössische Kraft seiner eigenen ohne weiteres zurechnen konnte. Das tat er denn auch, und weil sich kein Fehler in seine Berechnung einmischte, so begann jetzt von 1400 bis 1410 eine Periode beispielloser und, soweit man Kleines mit Großem vergleichen darf, an die Napoleonische Zeit 2) erinnernder Erfolge. Diese zehn Jahre heißen die Quitzowzeit und bilden ein wenigstens zunächst noch des tragischen Ausgangs entbehrendes Drama, darin folgende Mitspieler auftraten: Albert , Erzbischof von Magdeburg (bis 1403); Günther von Schwarzburg, Erzbischof von Magdeburg von 1403 ab; Johann und Ulrich , Herzöge von Mecklenburg-Stargard und Statthalter (1401) in Mark Brandenburg; Günther , Graf von Schwarzburg, Vater des magdeburgischen Erzbischofs und Statthalter (1403) in Mark Brandenburg; Swantibor , Herzog von Pommern-Stettin und Statthalter (1409) in Mark Brandenburg samt seinen Söhnen Otto und Kasimir; Barnim und Wratislaw , Herzöge von Pommern-Wolgast; Rudolf und Albert , Herzöge zu Sachsen; Ulrich und Günther , Grafen zu Lindow und Ruppin; Henning von Bredow , Bischof zu Brandenburg; Heinrich Stich , Abt zu Kloster Lehnin.
    Eine lange Reihe sich um die beiden Hauptgestalten gruppierender Personen! Träfe sich's nun so, daß diese dramatis personae unausgesetzt und ausschließlich an der Seite der Quitzows oder aber umgekehrt unausgesetzt und ausschließlich gegen dieselben gekämpft hätten, so würde sich in der Erzählung dieser Kämpfe, trotz ihrer großen und verwirrenden Ähnlichkeit untereinander, doch, mit Hülfe von Scheidungs- und Gruppierungskunst, etwas wie Klarheit herstellen lassen, da sich's aber leider so trifft, daß die gesamte Reihe der vorstehend aufgeführten weltlichen und geistlichen Machthaber, je nach Vorteil und Sachlage, Bundesgenossen oder Widersacher, will also sagen, heute quitzowsch und morgen anti quitzowsch waren, so haben wir in der Geschichte dieser endlosen Überfälle, Belagerungen, Erstürmungen und Plünderungen ein derartig wirres Durcheinander, einen solchen Rattenkönig von Verschlingungen, daß die Lösung derselben zwar nicht als ein absolut unmögliches, aber doch jedenfalls als ein sehr schwieriges und sehr undankbares Unternehmen anzusehen ist. Undankbar, weil auch im Falle des Gelingens eine Geduldsprobe für den Leser. Denn wer kennt nicht aus eigener Erfahrung die Schrecknisse jener aus hundert Vettern- und Enkelnamen zusammengesetzten Prozeß- und Familiengeschichten, in denen sich alle Kalenderheiligen und alle Geburtstage bis zur Großmutter hinauf ein Rendezvous geben! Aber eine solche mit Namen und Daten gespickte Familienprozeßverwirrung ist eine Kleinigkeit neben der Quitzowkampfverwirrung von 1400 bis 1410, weshalb ich – unlustig, in ein Labyrinth hinabzusteigen, »von dannen keine Wiederkehr« – mich an dieser Stelle darauf beschränke, die Resultate dieser zehnjährigen Anstrengungen einschließlich alles durch Erbschaft, Heirat und Verpfändung Erworbenen aufzuzählen. Am Schlusse des Jahres 1410 hatten die Quitzows folgende Städte, Schlösser und Burgen inne: Quitzöwel, Rühstädt, Stavenow, Kletzke , prignitzischer Erbsitz; Schloß Teupitz , in Händen des Schwiegervaters Schenk von Landsberg; Schloß Kremmen , in Händen des Schwiegervaters Lippold von Bredow (ebenso Schloß Neustadt an der Dosse); Schloß Bötzow (jetzt Oranienburg),

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