Fünf Schlösser
würdigen Ausgabe zu sehen und es so zurückzulassen. Denn man wird gegen mich nicht immer so ungerecht sein wie jetzt. Ich weiß, daß durch das planmäßig durchgeführte Sekretieren meiner Schriften, durch Schweigen darüber von seiten der Professoren, deren Scheinphilosophie neben meiner ernstlich gemeinten nicht bestehen kann, auch Sie haben leiden müssen. Aber auf die Länge wird es nicht gehn. Es sollte mich wundern, wenn von den vielen Gelehrten Ihrer Bekanntschaft nicht einer Sie über den wahren und verkannten Wert meiner Schriften aufgeklärt haben sollte. Einzelne starke Äußerungen darüber sind auch öffentlich gemacht worden, so zum Beispiel in Rosenkranz' Geschichte der Kantschen Philosophie, desgleichen in einem Aufsatz im › Pilot ‹, Mai 1841: ›Jüngstes Gericht über die Hegelsche Philosophie‹, sogar in den Halleschen Jahrbüchern (denen ich doch als der stärkste Verdammer der Hegelei todverhaßt bin), und zwar in der Kritik der Krauseschen Schriften circa im Juli 1841. Wenigstens könnten Sie daraus die Wahrheit mutmaßen, daß ich nämlich einer bin, dem großes Unrecht geschieht (worunter Sie mitgelitten haben), und daß ich es einmal überwinden werde.«
Dann im weiteren Verfolge:
»Wenn Sie sich zu einer zweiten Auflage entschließen, erbiete ich mich, falls Sie es für nötig erachten, allem Honorar für beide Bände zu entsagen. Wahrlich keine Kleinigkeit. Aber mir liegt daran, die Wirksamkeit meiner Mühen zu erleben, und glauben Sie mir, das sind die echten Autoren, die so denken, und nicht sind es die auf Gewinn gerichteten. Im Falle Sie sich also dazu entschließen, werde ich an den vier Büchern des ersten Bandes nur wenige und nicht bedeutende Verbesserungen anbringen, hingegen den Anhang, welcher die Kritik der Kantschen Philosophie enthält, durch größere Änderungen und manche Zusätze um etwa einen Bogen vermehren. Ich kann Ihnen nur sagen, daß mein Buch nicht, wie die meisten, ein bloßes Scheinbuch, sondern ein wirkliches Buch ist, das heißt ein solches, welches bleibenden Wert hat, daher lange bestehen und viel Auflagen erleben wird, obgleich ich wohl weiß, daß Sie mir das nicht glauben werden. Am Ende kann es Ihnen auch gleichgiltig sein. Denn Ihre Sache ist der Debit der nächsten Jahre, und daß der rasch gehe, kann ich Ihnen nicht garantieren, sondern nur das eine, daß, wenn es daran fehlt, dies nicht die Schuld des Buches, sondern des Publikums sein wird.« Und zum Schluß: »Dieser zweite Teil ist bei weitem wichtiger als der erste und übertrifft ihn an Gründlichkeit und Reichtum der Kenntnisse unendlich, eben weil er die Frucht fünfundzwanzigjährigen Studiums und Nachdenkens und der reiferen Jahre ist. Mein System, welches der erste Band im Umriß gibt, tritt hier in der Vollendung auf, die ihm nur das Nachdenken und der Fleiß eines ganzen damit zugebrachten Lebens geben konnte. Denn wenn in der ersten, noch unvollendeten Erscheinung desselben nur einzelne die Wichtigkeit und den Wert erkannt haben und es bei dem Gewirre der materiell interessierten Parteien nicht durchdringen konnte, so dürfen wir doch hoffen, daß es jetzt , in seiner vollendeten Gestalt und bei der schon eingetretenen Entlarvung der bloßen Spiegelfechtereien, endlich durchdringen wird.«
So der Brief.
All dies, ursprünglich in einer lesbaren Handschrift geschrieben, ist nichtsdestoweniger, und zwar um der fünf- und sechsfachen, an allen nur erdenkbaren Stellen angebrachten Korrekturen willen, überaus schwer zu entziffern. Alle möglichen Zeichen stehen in seinem Dienst, Bojen oder Signallaternen, die den Weg zeigen sollen, aber so zahlreich sind, daß sie mehr verwirren als orientieren.
Vielleicht der interessanteste dieser vier an Brockhaus beziehungsweise an die Brockhaussche Druckerei gerichteten Briefe ist der, der die Überschrift trägt »An meinen Setzer«. Derselbe (spezifisch Schopenhauersch) lautet:
»Mein lieber Setzer. Wir verhalten uns zueinander wie Leib und Seele, müssen daher, wie diese, einander unterstützen, auf daß ein Werk zustande komme, daran der Herr (Brockhaus) Wohlgefallen habe. Ich habe hierzu das Meinige getan und stets, bei jeder Zeile, jedem Wort, ja jedem Buchstaben, an Sie gedacht, ob Sie nämlich es auch würden lesen können. Jetzt tun Sie das Ihre. Mein Manuskript ist nicht zierlich, aber sehr deutlich, auch groß geschrieben. Die viele Überarbeitung und fleißige Feile hat viele Korrekturen und Einschiebsel herbeigeführt, jedoch
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