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Fünf Schlösser

Fünf Schlösser

Titel: Fünf Schlösser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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allen Rücksichten ab und ließ ihn in Ketten legen. Er machte jedoch das Unmögliche möglich und führte, trotz dieser Ketten und sonstiger Behinderungen, eine lebhafte Korrespondenz, die nicht bloß bruchstückweis wie die vorhergehende, sondern in ihrer Totalität mir vorliegt. Ihr charakteristischer Zug ist ein ungeheures Maß von Selbstsucht und Leichtsinn. An diesem Leichtsinn nimmt einigermaßen auch der Freund, Adalbert von L., teil, an den sich die Briefe richten. Bis zuletzt sprechen sie von Ball, Vereinen, Cotillonorden und Liebesgeschichten. Aber das ist nicht das Schlimmste. Schlimmer ist der Gefühlsmischmasch, das entsetzliche Durcheinander von Sentimentalität und Obszönität, in welcher Hinsicht diese Briefe vielleicht einzig dastehen und geradezu ein psychologisches, sicherlich ein zeitbildliches Interesse beanspruchen dürfen. Oft wechselt der Inhalt von Zeile zu Zeile; Liebe zu Mutter und Geschwistern, Anflüge wirklicher Herzensneigung, Anruf und Gebete zu Gott, Gedichte, Flehen um Erhörung, Freundschaftsversicherungen (auch ehrlich gemeinte), Rachegelübde, Vergiftungspläne, Sammetrock, Blumensträuße, Pikschlitten und Gitarre, Witzeleien und Zynismen – in diesem Mengemus geht es fort bis zur letzten Stunde, bis ans Schafott. Von Reue keine Spur; es ist, als ob er einfach ein ihm feindliches Tier über den Haufen geschossen habe. Was ihn beschäftigt, ist nur die Frage: »Komm ich bald wieder frei? Und wie hübsch wird es dann sein!« Eine bodenlose Rücksichtslosigkeit in jedem Wort, und nur immer auf Augenblicke dämmert in ihm die Vorstellung von dem Ernst seiner Lage. Eine wahre Höllenlektüre, deren Kernstücke sich der Mitteilungsmöglichkeit entziehen , aber deren anständigere Stellen auch vollkommen ausreichen, um die Häßlichkeit jener halben, unehrlichen und verlogenen Zeit der dreißiger Jahre zu demonstrieren.  
Emil von Arnstedts erster Brief aus dem Gefängnis 30. Dezember 1836
    Mein lieber Adalbert. Mit Dir unterhalte ich mich am liebsten, denn Du bist mein Vertrauter. Daher sollst Du etwas von jenem Morde hören. Du reistest doch Freitag abend ab, an jenem Tage, dem der schönste Abend meines Lebens folgte. Ich sprach mit Deiner Mutter und äußerte ihr mein Bedauern über die Reise. Clara war so gut, so liebenswürdig, wie ich sie nie sah; ich überließ mich ganz der Freude, obgleich ich schon eine trübe Ahnung hatte. Lieutenants Keßler, Putlitz, Gauvain waren auch da; mit letzterem tauschte ich noch die Cotillondame (Clara gegen Modeste), und wir waren sehr vergnügt. Emma Bantz, die Schiller, die eine Faller (Sidonie) und mehrere hübsche Mädchen (Flora) waren da. Nach dem Balle fuhr Clara nach Hause, und ich begleitete Flora. Sonnabend gehe ich in die Divisionsschule, Sonntag auf Parade; fragt Wenzel mich, ob ich Donnerstag neun Uhr abends zu Hause gewesen sei? Ich sage »ja«. Da meint er, »es ist eine ungeheure Frechheit von Ihnen, das zu behaupten«. Er zeigt mich an, beide Obersten machen mich schlecht, und ich erhalte wieder mal vierundzwanzig Stunden Arrest. Es kochte fürchterlich in mir. Ich wollte zu Schlomkas gehen, wo Clara war, auf dem Beamtenverein. Alles war vorbei, ich mußte in der Stube bleiben. Kurze Zeit nach der Parade kommt Wenzel wieder zu mir und macht mich schlecht, »daß meine Stube nicht so in Ordnung sei«, während doch mein Bursche auf Wache war. Nicht die Worte selbst, sondern die Art und der Ton, wie sie gesagt wurden, haben mich so in Wut gesetzt. Dazu kam, daß mir mein Onkel (es war dies der später kommandierende General von Werder) sagte, »er würde sich genötigt sehen, den König um meine Entlassung zu bitten«. Ich war wütend. Hätte nur ein Mensch freundlich mit mir gesprochen, so wär ich auf andere Gedanken gekommen. Hättest Du mir doch zur Seite gestanden! Kurz, ich faßte den Entschluß, meinem Leben ein Ende zu machen. Pistol, Pulver, Blei, alles war bald angeschafft und die Waffe geladen. Da dacht ich an meine Mutter, an meine Freunde und Kameraden, an Dich und vor allem an meine liebe Clara. Ohne Abschied konnte ich nicht von Euch scheiden. Ich war, offen gesagt, zu schwach, mich schon von der Welt loszureißen. Da fuhr mir der Gedanke durch den Kopf, er muß sterben. Dieser Gedanke hat mich nicht wieder verlassen. Da ich überzeugt war, daß ich meine Lieben nicht mehr sprechen würde, so nahm ich schriftlich von den drei mir am teuersten auf dieser Welt Abschied. Es sind dies die Briefe an Dich, Clara und

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