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Fünf Schlösser

Fünf Schlösser

Titel: Fünf Schlösser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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am Platze zu sein. Auch der alte Freiherr entschied sich jetzt in diesem Sinne, bezwang sein Herz und beschränkte sich darauf, an den eben damals in Berlin weilenden Sohn eine Reihe kurzer Briefe zu richten, die hier, sowohl zur Kennzeichnung des Schreibers wie der Situation eine Stelle finden mögen. Alles in ihnen ebenso weisheits- wie liebevoll.
     
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    Geheimerat Serre , einer Refugié- oder vielleicht auch Emigré-Familie zugehörig, lebte jahrelang in Kalisch und hatte mit Graf Danckelmann, als dieser in Sachen der polnischen Grenzregulierung tätig war, in Warschau Freundschaft geschlossen. Ein Sohn des Geheimrats trat in die Armee, war lange Zeit Adjutant des Artilleriegenerals von Blumenstein 2) zu Glogau und starb als Major in Dresden. Er ist derselbe, der die Schillerstiftung ins Leben rief. [Image: Zurück]
 
Über den hier genannten General von Blumenstein möge folgendes eingeschaltet werden. Er war auch Emigré, hieß eigentlich Rochefleur , und hatte ich schon 1794 in der Schlacht bei Kaiserslautern den Pour le mérite erworben. 1806 war er Ordonnanzoffizier im Fürst Hohenloheschen Hauptquartier, in welcher Eigenschaft ihn Marwitz kennenlernte. Beide wurden gute Kameraden und waren einige Tage vor der Jenaer Schlacht beim Herzog von Weimar zur Tafel geladen. Die Gesellschaft bestand, ihrem Kerne nach, aus sechs Personen, einerseits aus dem Herzoge selbst, der zwischen dem Prinzen Louis Ferdinand und dem General von Grawert saß, und andrerseits (diesen dreien gegenüber) aus Goethe , dem der Hauptmann von Blumenstein und von Marwitz als Nachbarn gegeben waren. Als sie schon saßen, erschien Generallieutenant von Holtzendorf, ein Freund Goethes, an den nun Marwitz seinen Platz überließ und mehr abwärts rückte. Von hier aus konnt er erkennen, daß das anfänglich lebhafte Gespräch zwischen Blumenstein und Goethe rasch ins Stocken kam, auf welche Wahrnehmung hin er, nach Aufhebung der Tafel, seinen sonst so redseligen Kameraden interpellierte. »Sagen Sie, Blumenstein, warum sprachen Sie denn nicht?« »Ei, der verfluchten Kerlen hatten ja wie ein Pechpflaster auf seinen Maulen. Wollten nich antworten. Schweigen ick auch stille.« »Wovon sprachen Sie denn?« »Wovon kann man sprecken mit einem Poet, von seinen Werken hab ick gesprocken.« »Und das war falsch. Sie mußten von Verwaltungsangelegenheiten mit ihm reden.« »Ist er so hockmütig? Nach meine Meinungen issen ein großer Poet ein ganz andere Kerlen als ein klein Minister.« »Und von welchem seiner Werke redeten Sie denn?« »Ah, das war ein verfluckter Streichen. Wollte Sie vor Tischen noch fragen, was der Kerlen eigentlich hat geschrieben. Und nun sitzen ick da und kann mir partout nix erinnern. Aber zum größten Glücken fallt mir noch ein: › Die Braut von Messina ‹.« So verlief die herzogliche Tafel und das Gespräch, das ihr folgte. – Marwitz kommt auch noch anderwärts auf Blumenstein zurück und urteilt im ganzen sehr günstig über ihn. »Er war lebhaft, geistreich, unterrichtet und ganz und gar Franzose, trotzdem er es abgeschworen hatte, es zu sein. Er wollte nie Französisch verstehen, wenn (bei der Blockade von Glogau) Parlamentäre von der Festung her erschienen, und sagte dann immer: »Ick bin ein Deutscher! Ick verstehe der verfluckten Kerlen ihre Sprake nick. Wollen sie mit einem deutschen Offizieren reden, müssen sie lernen Deutsch.« [Image: Zurück]
 
Es mag an dieser Stelle hervorgehoben werden, daß Goethe hinsichtlich seines einzigen Sohnes (August) ebenso fühlte und handelte. November 1813 trat der Herzog von Weimar zu den Verbündeten über und erließ einen Aufruf. Goethe, den die politischen und kriegerischen Vorgänge der Zeit ohnehin in fieberhafteste Unruhe versetzt hatten, geriet in eine doppelte Aufregung, als, infolge dieses Aufrufs, sein Sohn August sich zu den Waffen meldete. Er liebte den Sohn über alles, und der Gedanke war ihm unerträglich, ihn in der Blüte der Jugend auf dem Schlachtfelde zu verlieren. Deshalb wandte er sich persönlich an den Herzog und wußte es durchzusetzen, daß August nicht vor den Feind kam, sondern nur auf kurze Zeit mit dem Kammerrat Rühlemann in das Hauptquartier zu Frankfurt a. M. entsendet wurde. Dies Eingreifen eines allzu zärtlichen Vaters soll (wie Holtei im vierten Bande seiner »Vierzig Jahre« behauptet) den Grund zu August von Goethes seelischer Zerrissenheit gelegt haben. Denn als, nach glorreichen Taten, die Sieger später wieder in

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