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Fünf Schlösser

Fünf Schlösser

Titel: Fünf Schlösser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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›erbliche Pairie‹ den Geldkapitalbesitz ausschließt. Darin liegt aber eine Gefahr. Geldkapital ist unleugbar auch eine Macht, und diese Macht zur Opposition gegen ein neues Institut herauszufordern will uns nicht ratsam erscheinen. Unter allen Umständen indes sind weder Grundbesitz noch Geldkapital daran gewöhnt, sich durch einige hervorragende Spitzen, die nur von obenher ernannt , aber nicht durch Nächst-Interessierte gewählt wurden, für vertreten zu erachten. Im Gegenteil, der größere, nicht ernannte Teil würde sich gegen ein Institut wenden, durch das er sich erniedrigt glaubt. Sind diese Prämissen richtig, so folgt daraus, daß eine Wahl auch für eine Pairskammer nicht ganz auszuschließen ist.«
     
    Soweit Hertefeld. Auch über den Modus dieser Wahl verbreitet er sich im weiteren Verlauf seines Promemorias und wünscht danach etwa 90 Großgrundbesitzer und 45 Großkapitalisten in der Ersten Kammer zu sehen, von denen diese wie jene durch eine mindestens dreißigfache Zahl ihrer eigenen Gruppe gewählt sein müssen.
    Es ist auf diese seine Vorschläge, wenigstens direkt, nicht eingegangen worden, und, wie hinzugesetzt werden muß, glücklicherweise nicht. Er versah es nämlich in einem wichtigen Punkte, darin, daß er »Großgrundbesitz« und »historischen Hintergrund« als halbe, ja der Mehrzahl der Fälle nach als ganze Gegensätze faßte. Dieser Gegensatz fiel aber teils fort, teils wurd er umgangen.
    Um es zu wiederholen, er drang nicht durch. Unter allen Umständen aber zeigen Denkschriften wie diese, mit welchem Ernst und welch historischer Sachkenntnis er an die großen Tagesfragen herantrat. Und namentlich dies letztere verdient hervorgehoben zu werden. Er war von einer außerordentlichen Informiertheit, und so wenig glänzend sein erster Schulgang unter Magister Greifs Leitung gewesen sein mochte, so hervorragend war nichtsdestoweniger sein Wissen, ganz besonders die Menge seines Wissens. Er gehörte zu jenen Glücklichen, denen alles, was sie sehen und hören, auf immer im Gedächtnis bleibt. Außerdem aber war er von einer wahren Leseleidenschaft ergriffen, und nichts erschien, und wenn es das scheinbar Weitabliegendste gewesen wäre, von dem er nicht Notiz genommen hätte. So kam es, daß er, mit den verschiedensten Künstlern und Gelehrten bekannt und befreundet, mit jedem in seiner Sprache zu reden vermochte. Selbst mit Philologen. Er war »in allen Sätteln gerecht« und doch weder rechthaberisch, noch streitsüchtig, noch prätentiös. Es lag vielmehr umgekehrt in seiner Natur, immer die liebenswürdigsten Formen zu wahren, und zwar einerseits, weil er humoristisch, andrerseits, weil er ohne Wissensüberschätzung war. Es galt ihm viel, aber es bedeutete ihm nie die Hauptsache.
    Seine glänzendste Seite war seine Wohltätigkeit. Er besaß einen wahren Helfedrang und half im großen und kleinen. Unter andrem rührt die Bestimmung von ihm her, daß alle Tagelöhner auf seinen Besitzungen Anspruch auf freien Doktor und freie Medizin haben, infolgedessen ein unglaublicher Medizinkonsum in Liebenberg und Umgegend eingerissen ist.
    Als er starb, fanden sich neben vielen andern Legaten auch 30 000 Taler vor, aus denen, unter allmählicher Heranziehung »ausstehender Gelder«, ein Stiftungsfonds, einerseits zu Dotierung alter Liebenberger Beamten, andrerseits zur Unterstützung augenblicklich in Bedrängnis geratener Familienmitglieder, gebildet werden sollte. Diese »Heranziehung ausstehender Gelder« geschah, und wenige Jahre später war, mit Hilfe derselben, der ursprüngliche 30 000-Taler-Fonds auf 100 000 Taler angewachsen, was, bei dem natürlichen Hange der Menschen, sich ihrer eingegangenen Verpflichtungen nicht zu erinnern, einen Maßstab dafür abgeben mag, welche Höhe der Stiftungsfonds eigentlich hätte gewinnen müssen. Der alte Hertefeld half nämlich immer »auf Wort« und nahm es nie genau mit der Ausstellung von Schuldscheinen.
    In den letzten Jahren seines Lebens schritt er zur Gründung eines Familien-Fideikommisses, auf dessen nähere Festsetzungen ich an anderer Stelle zurückkomme.
    Den 17. Februar 1867 starb er. 1) Aus dem Templinschen und Ruppinschen und nicht zum wenigsten aus der Hauptstadt selbst waren am Begräbnistage viele Hunderte zur Erweisung der letzten Ehre herbeigekommen, an ihrer Spitze die Kriegervereine von Zehdenick und Oranienburg, und hatten, vom Schloß bis zur Kirche hin, Spalier gebildet. An der Spitze des Zuges schritten sieben

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