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Fünf Schlösser

Fünf Schlösser

Titel: Fünf Schlösser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Geistesschärfe, Stellung zu den Zeitereignissen, insonderheit auch zu den »Neuerungen« im eigenen Lande zu nehmen begann. Alles mißfiel ihm, und wenn er einerseits voll tiefster Abneigung gegen den »großen Würger« war, so war er voll kaum geringerer gegen die heimischen »Reformer«, denen es oblag, sich mit diesem Würger zu stellen. Er neigte ganz und gar der Ansicht zu, »daß der Wiederaufbau des Staates unter geringerer Schädigung privater Interessen möglich gewesen wäre«, mißtraute Stein und Hardenberg und selbst Scharnhorst und verhielt sich absolut feindselig gegen die »Finanzkünstler«, die denn auch in all diesen Briefen entweder ernsthaft abgekanzelt oder mit der Lauge des Spottes übergossen werden. All das liest sich vortrefflich und mag im einzelnen nicht bloß dem Buchstabenrecht entsprechend, sondern auch innerlich unanfechtbar gewesen sein, im großen und ganzen aber trägt es nichtsdestoweniger den Stempel einer gewissen opferunlustigen Engherzigkeit von der, meinem Gefühle nach, der ganze damalige Landadel, und an seiner Spitze der märkische, nicht freigesprochen werden kann. Alle wußten sie's besser, ohne doch irgendwie, diesem Besserwissen entsprechend, ein Geringstes zu tun oder auch nur tun zu können . Ein paar der heftigsten Auslassungen mögen hier eine Stelle finden:
    »Ich bin jetzt«, so schreibt er im Mai 1810, »unter anderm auch mit der lieben › Einkommensteuer ‹ beschäftigt, deren Reglement so viel Unklarheit und Unbestimmtheit zeigt, daß sich nur die wenigsten darin zurechtfinden können. Das Ganze grenzt an Prellerei, was schon daraus erhellt, daß die Steuer, die zur Tilgung der Landesschulden verwendet werden soll, zur Verpflegung der drei besetzten Festungen mit herangezogen wird. Alles, was geschieht läuft darauf hinaus, die den ›Financiers‹ so lästigen ständischen und städtischen Gerechtsame zu beseitigen. Ein Neues soll an die Stelle treten, eine Nachäffung des Französischen, das für uns paßt wie die Faust aufs Auge.«
    Und an anderer Stelle: »Der Staatskanzler ist in der Wahl seiner Unterarbeiter überaus unglücklich. Man hat ihm lauter junge idealistische Theoretiker vorgeschlagen, die nun ihr Wesen treiben. So sind zum Beispiel die Herren von Raumer und Peter Beuth die Urheber des Stempeledikts, das in manchen Punkten ebenso widersinnig wie empörend ist. In diese Kategorie gehört auch der Herr von Ladenberg , der Blasenzins-Regierer. (Blasenzins ist Branntweinsteuer.) Die Proben hat er in einer Fabrik machen lassen. Und nun meint er, unsere kleinen ländlichen Brenner können es auch so treiben. Diese theoretisierenden Herrn haben sich den Kopf mit englischen und französischen Einrichtungen vollgepfropft, und in ihre mitgebrachten Modelle sollen wir hineingepaßt werden, ohne Rücksicht darauf, ob wir sie ausfüllen können oder nicht.«
    Als er diese letzten Zeilen schrieb, stand schon ein neues Gewölk am Himmel: der Krieg gegen Rußland , über dessen endlichen Ausgang er nicht zweifelhaft war. »Ich hör eine innere Stimme, die mir deutlich sagt: 'Wir sind am letzten Aufzuge des Trauerspiels', und ich beklage nur, daß wir mit unserem Gut und Blut in Mitleidenschaft gezogen werden.« Und wirklich, einige Wochen später war das Land abermals überschwemmt, und das Drangsalieren begann in alter Art und Ausdehnung. Aber ich verweile nicht bei Szenen, wie sie schon früher von mir geschildert wurden, und nehme die Erzählung erst im Beginn von 1813 wieder auf.
    Es war des alten Freiherrn allerschwerste Zeit. Eine große Begeisterung hatte das Land erfaßt, alles, was Waffen tragen konnte, trug sie, selbst Kinder traten ein, und der damals achtzehnjährige Karl von Hertefeld empfand wie seine Genossen, wie die Jugend überhaupt. Aber der Vater, in grenzenloser Liebe zu dem einzigen Sohne, mochte von diesem »Mitgehen« nichts wissen, das ihm vielfach als ein »Mitlaufen« erschien, und entschied sich endlich dahin, ein Immediatgesuch an den damals in Breslau weilenden König zu richten. Er hob in demselben hervor, daß der Eintritt seines Sohnes in die zum Kampfe gegen Frankreich ausziehende Armee die Konfiskation seiner rheinischen Güter unmittelbar im Gefolge haben würde, bat deshalb um vorläufige Zurückstellung und verpflichtete sich gleichzeitig, behufs Equipierung anderer Freiwilligen, eine Summe von 1000 Talern einzuzahlen.
    Es währte geraume Zeit, ehe ein Antwortschreiben eintraf. Endlich kam es, aber nicht aus dem

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