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Fünf Schlösser

Fünf Schlösser

Titel: Fünf Schlösser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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sondern zog auch den Hofemeister, der sie fuhr, vor ihren Augen aus. Dabei schwand die fromme Scheu mehr und mehr, die man vor dem Heiligen, vor Kirchhof und Kirche gehabt hatte. Rücksichtlos griffen die Quitzowschen die Gotteshäuser an, in denen die bedrängten Dorfbewohner Schutz gesucht hatten, und nachdem die Kirchhöfe gestürmt und die Kirchtüren erbrochen waren, raubte man die Kisten und Kasten aus, die die geängstigten Dorfleute nach der früher als Asyl geltenden Kirche geschafft hatten. Unter diesen Umständen durfte niemand überrascht sein, Dietrich von Quitzow, als er dem Deutschen Orden zu Hülfe ziehen wollte, seinen Entschluß wechseln und statt eines Angriffs auf die Polen, unter nichtigen Vorwänden, einen Angriff auf die Berliner Viehherden machen zu sehen. Mit dem ritterlichen Zuge gegen die Feinde des Ordens aber war es vorbei. Solche › Zugriffe ‹, ›Nahmen‹ und ›Überfahrungen‹ – Ausdrücke, die sich in den Berichten jener Zeit beständig wiederholen – waren damals an der Tagesordnung, und es ist zuzugeben, daß es bei dem eigentümlichen Fehderecht jener Zeit nicht immer leicht sein mag, eine scharfe Grenze zwischen ›Zugriffen‹ und Raubtaten zu ziehen. Wenn jedoch gegen die Bezeichnung solcher ›Zugriffe‹ als Raubtaten durch hochgeschätzte Geschichtsschreiber feierlich Verwahrung eingelegt und dabei behauptet worden ist, nur aus einer der Natur der Sache ganz unangemessenen parteiischen Auffassung des gleichzeitigen Berichterstatters Wusterwitz (wir kommen auf diesen zurück) und urteilsunfähiger neuerer Historiker habe eine so ungeeignete Bezeichnung hervorgehen können, so nötigt uns dies, zur Ehre der Wahrheit, die Bemerkung hinzuzufügen, daß wenigstens der damalige Erzbischof von Magdeburg und der Burggraf Friedrich selbst diese Bezeichnung keineswegs für ungeeignet gehalten haben. Beide Fürsten bezeichnen in ihren amtlichen Schriftstücken die Gewalttaten der Quitzows, des Kaspar Gans und Wichard von Rochow überaus häufig als Raub, Mord und Mordbrand und deren Urheber in entsprechender Weise. Und so ist es denn nicht bloß ein vielleicht parteiischer Geschichtsschreiber jener Zeit, der von ›Räubereien‹ spricht, sondern alle gleichzeitigen Berichterstatter des In- und Auslandes stimmen mit Wusterwitz durchaus überein.«
     
    Alle diese Bemerkungen, soweit sie polemisch sind und eine durch »Standesvorurteile bedingte Voreingenommenheit hochgeschätzter Geschichtsforscher« betonen, richten sich gegen Georg Wilhelm von Raumer – einen Vetter des sogenannten Hohenstaufen-Raumer –, der, in seinem »Codex diplomaticus brandenburgensis«, den darin von ihm veröffentlichten, die Regierungszeit Kurfürst Friedrichs I. von 1412 bis 1440 betreffenden Urkunden einen Essay vorausschickt in dem er die Quitzowzeit und vor allem auch die brandenburgisch-preußische Geschichtsschreibung, soweit sich dieselbe mit der eben genannten Epoche beschäftigt, kritisch beleuchtet.
    Es heißt in diesem Essay:
    »Wenngleich der Raum verbietet, hier eine ausführliche Geschichte der Quitzowfehden zu geben, so muß doch auf die gänzliche Einseitigkeit der bisher gewöhnlichen Darstellung aufmerksam gemacht werden. Die brandenburgische Geschichte hat überhaupt das Schicksal gehabt, daß eine gewisse Darstellungsweise gleichsam versteinert, ohne alle Kritik, aus einem Buche in das andere übergegangen ist, indem zum Teil die besseren archivalischen Mitteilungen verborgen blieben, zum Teil aber auch Vorurteile fortgepflanzt worden, die schon aus den vorhandenen Quellen zu widerlegen gewesen wären. Dahin gehört denn besonders auch die Art, wie der Widerstand behandelt ist, den die Quitzowsche Partei gegen Burggraf Friedrich von Nürnberg versuchte, während derselbe Pfandinhaber der Mark war, wobei, ohne alle Rücksicht auf den Geist der damaligen Zeit, der märkische Adel als eine Rotte von Unholden, Mordbrennern und Räubern geschildert wird, welche eine Meuterei wider den Kurfürsten unternommen hätten, weil ihnen dieser ihr Raubhandwerk habe legen wollen. Es muß zunächst auf die trübe und parteiische Quelle dieser Ansichten hingewiesen werden. Es ist dies nämlich die über diese Begebenheiten gleichzeitig aufgesetzte Nachricht des Engelbert Wusterwitz 1) eines heftigen Widersachers der Quitzows. Er war Geistlicher in Brandenburg und Provisor des Abts von Lehnin. Hierzu kommt, daß er seine Nachricht gerade zu einer Zeit aufgesetzt hat, wo die Fehde zwischen dem

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