Fünf Schlösser
Kurfürsten und beiden Quitzows noch in vollem Gange war. Wahrscheinlich würde seine Erzählung anders lauten, wenn er dieselbe nach der im Jahre 1421 erfolgten Aussöhnung des Kurfürsten mit jener Familie geschrieben hätte.
Zwei Dinge sind es, die beständig als Anklagepunkte wiederkehren: erstens, die Quitzows waren Räuber , und zweitens, die Quitzows waren Rebellen .
Wie verhält es sich nun damit?
Betrachten wir zuerst den Vorwurf der Räuberei, so kam solche, wie damals in ganz Deutschland, auch beim märkischen Adel vor. Es ist aber ganz übertrieben, wenn deshalb das ganze Land für eine Mörderhöhle und der ganze märkische Adel für eine Räuberbande ausgegeben wird. Es muß bei Beurteilung dieser Sache durchaus der Unterschied festgehalten werden, der im 14. und 15. Jahrhundert zwischen einer ehrlichen Fehde und einer Räuberei bestand. Das Recht zur ›Fehde‹ wurde dem Adel so wenig streitig gemacht wie den Fürsten und den Städten, wenn man auf gütlichem Wege zu seinem Rechte nicht kommen konnte. Die Landesherren der Mark Brandenburg waren im 14. und im Anfange des 15. Jahrhunderts fast beständig abwesend, und das dem Gedeihen des Landes allerdings schädliche Fehdewesen griff immer weiter um sich, auch die Fürsten, Städte und Ritterschaften der benachbarten Länder wurden allmählich hineingezogen, und aus einer beendigten Fehde entspannen sich stets zwei neue. Daß in solchen Zeiten auch eigentliche ›Räuberei‹ häufiger vorkam und daß ihr schwer zu steuern war, ist leicht begreiflich, nichtsdestoweniger blieb der Unterschied zwischen Straßenraub und Fehde bestehen. Die vielen Kriege der Quitzows waren, wenn man sie unparteiisch betrachtet, sämtlich ehrliche Fehden, wenn auch nicht geleugnet werden soll, daß sie das Fehderecht gelegentlich mißbraucht haben mögen, indem sie in ihrer damaligen Übermacht einen aus der Luft gegriffenen Anspruch durchzusetzen sich bemühten. Allein zu welchen Zeiten hat Übermacht nicht die Schranken des strengen Rechts und der Billigkeit übertreten. Immer blieb dies von Räuberei weit verschieden, da diese auch im Mittelalter stets als etwas Ehrloses angesehen wurde. Überhaupt aber pflegten sich nur wenige arme Edelleute mit Wegelagerung und Strauchreiterei zu befassen, und die Gebrüder von Quitzow muß schon ihre Macht und ihr persönlicher Charakter vor einem solchen Verdachte schützen. Wusterwitz' Anklagen übernehmen, sehr gegen seinen Willen, zugleich die wirksamste Verteidigung der Angeklagten. Er beschuldigt sie, daß sie das Herzogtum Sachsen für sich hätten erobern wollen, daß sie getrachtet hätten, Berlin zu gewinnen, um von diesem Mittelpunkt aus sich die ganze Mark zu unterwerfen, und daß Henning von Quitzow nur deshalb in Paris studiert habe, um ein Bistum zu erlangen, da die Familie gehofft habe, auf diese Art Kurfürstentümer und ganze Länder an sich zu bringen. Wer dies liest, wird unmöglich glauben, daß so hochstrebende Ritter, ausgezeichnet an Geist und Vermögen, in dem Berauben einzelner Kaufleute einen schmählichen und unbedeutenden Vorteil gesucht haben sollten. Wusterwitz widerlegt sich denn auch selbst, indem er die Quitzowfehden einzeln aufführt, aus deren Ausführung unwiderleglich hervorgeht, daß es nur ehrliche Fehden gegen benachbarte Fürsten: die Herzöge von Mecklenburg, Sachsen und Pommern, gegen den Erzbischof von Magdeburg, gegen den Grafen von Schwarzburg, gegen die Städte Berlin und Brandenburg und gegen den Abt von Lehnin, waren, ja, er gibt sogar die Veranlassung zu einigen dieser Fehden an, welche es wenigstens zweifelhaft läßt, auf wessen Seite das Recht gewesen ist, zumal, wenn man dabei die augenscheinliche Parteilichkeit der Wusterwitzschen Darstellung in Betracht zieht. Wusterwitz behauptet zum Beispiel, daß Dietrich von Quitzow die Stadt Berlin ohne ›Entsagung‹ angefallen habe, allein im Laufe seiner Erzählung zeigt sich, daß er einen Anspruch an dieselbe hatte, weil sie ihm die Bezahlung eines versprochenen Schutzgeldes verweigerte. Daß der Übermut die Quitzows zu Ungerechtigkeiten verleitete, mag sein, aber keine Handlungen kann ihnen die Geschichte nachweisen, die die Ritterehre verletzt hätten.«
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Engelbert Wusterwitz – so schreibt Dr. Julius Heidemann , dem wir auch den Ausdruck »die märkische Fronde« verdanken, in einem der Wusterwitzschen »Märkischen Chronik« geltenden Aufsatze – war in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts zu Brandenburg geboren
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