Fünf Schlösser
Lebensunterhalt zu verschaffen, daß er den Offizieren eingeschmuggelten Kaffee verkaufte. Dann wurde er Spion und hatte den Prinzen von Preußen, den jetzigen König, auf Schritt und Tritt zu bewachen. Er ging dabei weiter als nötig und wußte in seine gehässigen Erzählungen auch giftige Ratschläge zu mischen, was endlich die Vollziehung einer Grausamkeit veranlaßte, die man nicht Geschicklichkeit genug hatte zu bemänteln und nicht Mut genug voll auszuführen.« (Diese ganze Stelle, völlig unverständlich, ist sehr wahrscheinlich mit Absicht in Dunkel gehalten.) »General von Anhalt«, so fährt Mirabeau fort, »hat übrigens mehr Kriegstalent, als man bei seiner sonstigen Dummheit glauben sollte. Niemals ist er kaltblütiger als an der Spitze seiner Soldaten. Und so stieg er denn bis zum Generallieutenant. Da er ohne Geist ist (das wenige, was er davon hatte, verlor er durch einen schrecklichen Sturz, infolge dessen er trepaniert werden mußte), so bleibt er mutmaßlich auch fernerhin in Gunst. In Königsberg, wo er bis jetzt das Kommando hatte, war er allgemein gehaßt, was ihm freilich in Potsdam, wo man die Ostpreußen seit sechsundvierzig Jahren verabscheut, eher zum Vorteil als Nachteil angerechnet wurde. Wenige Tage vor dem Tode des Königs wurde von Anhalt nach Sanssouci berufen.
›Er hat eine von Seinen Töchtern verheiratet?‹ empfing ihn der König.
›Ja, Sire... Und ich fühle es.‹
›Wieviel hat Er Seiner Tochter mitgegeben?‹
›Zehntausend Taler.‹
›Das ist viel für Ihn, da Er nichts hat.‹
Den folgenden Tag empfing er vom Kämmerier ebendiese Summe, 10 000 Taler, und kehrte nach Königsberg zurück. Kaum dort angekommen, traf auch schon die Nachricht vom Tode des Königs ein. Sofort schnitt Anhalt aus dem großen Ölportrait den Kopf seines vieljährigen Wohltäters heraus und setzte den Kopf seines Nachfolgers hinein. Dieser, König Friedrich Wilhelm II., kam bald danach zur Huldigung nach Königsberg und schenkte von Anhalt eine prächtige Dose, sah sich aber doch gezwungen, ihm, dem General, mitzuteilen, ›daß er das ostpreußische Kommando niederlegen müsse‹. So zieht er sich denn jetzt mit einer Pension von 5000 Talern und dem Schwarzen Adlerorden zurück, nachdem ihm noch versprochen worden ist, ihn im Fall eines Krieges wieder anzustellen. Einige sind bemüht, diese jedenfalls zu weit gehenden Wohltaten und Rücksichten in Schutz zu nehmen und die Fülle derselben aus gerechtfertigter Furcht zu erklären. Soll doch von Anhalt gedroht haben: ›er werde, wenn man ihm diese Gnade (hohe Pension und Orden) versage, anderswo zeigen, daß er solche Zurücksetzung nicht verdient habe...‹ – ›Anderswo‹ soll natürlich heißen: im Dienste von Österreich. Er würde sich aber gehütet haben, diese Drohung wahr zu machen, denn die von ihm zwischen Magdeburg und Brandenburg angekauften Güter sind eine hinlängliche Gewährleistung für seine Person.« So Mirabeau.
Dies war der Mann, dem – als er im vorerwähnten Jahre 1765 Guts- und Schloßherr von Plaue wurde – die Aufgabe zufiel, sich neben den Görnes, deren Andenken in Ehren stand, zu behaupten. Dazu war er nun freilich so ungeeignet und, wie gleich hinzugesetzt werden darf, auch so unlustig wie nur möglich. Er begann damit, den mit der Havel in Verbindung stehenden Graben, der das Schloß von drei Seiten umgab, zuschütten zu lassen. Den acht Fuß hohen Mauerrest des aus der Quitzowzeit herstammenden Gefängnisturmes ließ er, wie schon hervorgehoben, abtragen und nur das unterirdische Verlies fortbestehen, darin der Herzog von Mecklenburg gefangen gesessen hatte. Bald darauf verschwand auch die Wassermühle, die Friedrich von Görne mit großen Unkosten angelegt hatte. Natürlich. Alles, was Görnesch war, war verpönt. In der Kirche zu Plaue hing die Ritterrüstung eines Ahnherrn von Görne; von Anhalt ließ sie nach einem Nachbargute bringen, damit er sie, bei seinem Kirchenbesuche, nicht beständig vor Augen habe. Was sich noch von Erzeugnissen der von Görneschen Porzellanmanufaktur im Schlosse befand, ward in die Havel geworfen, ebenso was an Urkunden da war. Er konnte sich in leidenschaftlicher Verwüstung alles dessen, was andern etwas bedeutete, gar nicht genugtun. Sein besonderer Groll aber, darin sich zum Überfluß auch noch Verachtung mischte, richtete sich gegen die Stadt Plaue als » Stadt «, deren vier Tore er einfach wegbrechen, desgleichen auch die Schilder mit den Straßennamen
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