Fünf Schlösser
laufenden Kanal und mauerte diesen zu. Zwei der Hellebardiere, Buschmann und Lüders, haben die Tat auf ihrem Sterbebette gebeichtet. Die Gräfin Platen war Anstifterin des Ganzen – der Kurprinz (zur Zeit des Mordes auf Besuch in Berlin) hatte nur schweigend zugestimmt. Das Aufsehen, das die Tat hervorrief, war groß, und die Gräfin Platen wurde Gegenstand allgemeinen Hasses. Ein Volkslied, dem ich einige Strophen entnehme, gab dieser Stimmung Ausdruck.
Wer geht so spät zu Hofe,
Da alles längst im Schlaf?
Im Vorsaal wacht die Zofe –
Schon naht der schöne Graf.
Er sprach: »Eh ich nach Frankreich geh,
Muß ich sie noch umarmen,
Prinzessin Dorothee.« Gräflein, du bist verraten,
Verraten ist dein Glück,
Die böse Gräfin Platen
Ersann ein Bubenstück.
Du schaltst sie eine Wetterfahn,
Sie tät dir gern viel Liebes,
Nun ist's um dich getan. Er ging zur ew'gen Ruhe
Mit vielen Schmerzen ein,
Doch ward in keine Truhe
Gebettet sein Gebein.
Ich weiß nicht, wo er modern mag,
Doch wird er einst erscheinen
Am Auferstehungstag.
So (mit Umgehung der drei minder wichtigen) die fünf großen Tableaus im Ahnensaale zu Schloß Plaue.
Zwischen ihnen und dem Plafond befinden sich, friesartig, wie in einem der bekannten Staatssäle zu Venedig, acht Kniestücke minder interessanter alter Königsmarcks, die jedoch, was ihre historische Beglaubigung angeht, weniger an die Dogenmedaillonportraits in Venedig als an die lediglich aus der Phantasie geschöpften Königsbilder im Schlosse zu Holyrood erinnern.
Wir treten hiernach aus dem Ritter- und Ruhmessaale der Königsmarcks in den Vorflur zurück und fragen: Wie wirkt dieser Ruhmessaal?
Der Unbefangene wird von diesen bildlichen Verherrlichungen der Familie keinen besonders befriedigenden Eindruck empfangen, nicht weil es an der Berechtigung zu solcher Verherrlichung fehlte (diese ist vielmehr außer allem Zweifel), sondern lediglich weil es dem hier Gebotenen an dem Kunstmaße gebricht das man, glaub ich, heutzutage bei Neuschöpfungen der Art fordern darf. Sind solche Galerien aus alter, unkritischer Zeit her mit herübergenommen, so hat man sie nicht nur gelten zu lassen, sondern, wie gering auch ihr Kunstwert sein möge, sich ihrer aufrichtig zu freuen, ja sie mit ganz besonderer Pietät zu hegen und zu pflegen. Läßt man aber in unserer Zeit ein Ruhmesmuseum neu erstehen, so muß es eine Gestalt annehmen, die den Kunstanforderungen unserer Zeit und dem Reichtum und Ruhme der Familie gleichmäßig entspricht. Die großen Tableaus aber bleiben gleichmäßig hinter dem allem zurück. Unsere besten Künstler wären zur Verherrlichung dieser Königsmarckschen Historie gerade gut genug gewesen, und in derselben Weise, wie das letztverstorbene gräfliche Paar von der Hand Karl Sohns – also eines damals nahezu besten Portraitmalers – gemalt wurde, wie der Bruder des gegenwärtigen Grafen K. ein erzenes Monument in der Kirche zu Plaue fand, mußten auch die berühmten Ahnen, samt dem, was sie groß machte, durch wirkliche Meister der Historienmalerei dargestellt werden. »Noblesse oblige.« Danach ist der Adel unseres Landes auch meistens verfahren, besonders wenn wir zurückblicken. Wie schön, beispielsweise, die Standbilder, die sich in unseren Stadt- und Dorfkirchen reichlich vorfinden: der Sparrs in der Marienkirche zu Berlin, der Arnims in Rheinsberg, der Schlabrendorfs in Brandenburg, der Quitzows in Rühstädt und Kletzke, der Schulenburgs in Salzwedel, der Schönings in Tamsel. Aber auch die Gegenwart empfindet im wesentlichen ebenso, und die Jagows, die Itzenplitze, die Zietens, Massows, Hertefelds und Rombergs etc. haben ihre Schlösser, Parks und Begräbnisstätten mit dem Besten geziert, womit man sie zieren konnte.
Was Schloß Plaue von Bilderschätzen besitzt, beschränkt sich übrigens keineswegs auf die beiden großen Säle – die Görnesche Zeit hat Sorge getragen für Bilderausschmückung des Schlosses überhaupt. Ganze Zimmerreihen sind geradezu überfüllt, und rechnet man alles, was einen Rahmen trägt, so werden sich wohl tausend Nummern zusammenfinden. Aber freilich, nur wenig ist da, was, nach irgendeiner Seite hin, ein besonderes Interesse in Anspruch nehmen könnte. Voran steht ein getäfeltes Zimmer, in dessen Felder allerlei Arbeiten aus der kurzen Glanzzeit der Plauer Porzellanmanufaktur eingelassen wurden, Arbeiten, die der Vandalismus von Anhalts aus nicht aufgeklärten Gründen zu schonen für gut fand. Es sind das, bunt durcheinander,
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