Fünf Schlösser
konnten, scharf und schneidig, auch wohl, wenn es nichts kostete, mit Gemütlichkeitsallüren, aber immer eulenspiegelsch, vorsichtig und sarkastisch. Unter allem, was in ihrer Seele blühte, war die blaue Blume der Romantik, insonderheit aber die des romantischen Vertrauens am spärlichsten vertreten.
Im Jahre 56 (nach andern Angaben erst am 4. Dezember 58) war Wülknitz auf jedem Punkte Sieger, alles war geglättet, und er erstand Hoppenrade für die Summe von 350 000 Talern.
Hoppenrade wird freier Besitz des Kammergerichtsrats von Wülknitz. 1856 bis 60
Wülknitz, so sagt ich, war Sieger, und dieser endliche Sieg war ihm zu gönnen, ihm, der auf jedem erdenklichen Gebiete so viel Rührigkeit und Energie gezeigt hatte. Denn was sich auch, wie wohl kaum zu bestreiten, von Selbstischem in sein Tun mit eingemischt haben mochte, das Geleistete war groß, und alle Teile hatten schließlich ihren Vorteil davon. Aus den brachliegenden Ländereien waren wieder gut bestellte Felder, aus dem niedergeschlagenen 9000-Morgen-Forst ein neu heranwachsender Wald und aus dem vernachlässigten Viehstand eine Stammschäferei geworden.
Er hatte gewonnen, wonach er gestrebt, aber eigentliches Glück war doch nicht seiner Mühen Lohn gewesen. Er kam, wie schon mehrfach bemerkt, aus dem Kampfe nicht heraus, und wenn auch zuzugestehen ist, daß er sein lebelang nicht bloß kampfesmutig, sondern auch kampfeslustig war, so ward ihm doch schließlich des Kämpfens zu viel. Besonders hart litten die Seinen unter seiner beständigen Arbeit und Unrast, am meisten die Frau, die nicht nur die ruhigen und idyllisch-heiteren Prinz-Heinrich-Tage, wenigstens als Kind, noch mit erlebt hatte, sondern auf deren Herz und Gemüt auch alle die weichen und liebenswürdigen Eigenschaften ihrer Mutter, unsrer Krautentochter, übergegangen waren. Es ist erschütternd, in einem mir vorliegenden Briefe von ihrem Betroffensein zu lesen, als sie nach siebzehn Jahren, und nun als »Pächterin«, in das einst so schöne Schloß Hoppenrade zurückkehrte. »Das war also die Stätte meiner Kindheit und meiner Jugend; alle Tapeten von den Wänden gerissen und Löcher in den Dielen. Niemand da, der mich empfing, und da saß ich denn auf dem Koffer, der eben abgeladen war, und sah vor mich hin und in eine sorgenvolle Zukunft.«
Hoppenrade seit 1860
Und was nun noch zu berichten ist, ist kurz.
Hoppenrade blieb nur auf wenige Jahre hin ein freier und ritterschaftlicher Besitz in von Wülknitz' Händen. Am 15. Oktober 1860 bereits ging es durch Kauf an den Kammerherrn und Erbmundschenk von Vorpommern, Hellmuth von Heyden-Linden , über, der die ganze Kaufsumme bar auszahlte. Sämtliche Kinder und Enkel aus der Krautentochter-Deszendenz, und zwar, außer den Wülknitzens, drei Schwerine, drei Kettlers, drei Oertzens, empfingen ihren Anteil, und alle Beziehungen zu Hoppenrade waren gelöst.
Von Wülknitz selbst, nachdem er sich eine Zeitlang an Baugründungen in Berlin beteiligt hatte, ging nach der Schweiz. Daselbst starb er 1866 zu Montreux.
Auch Herr von Heyden-Linden , in Pommern reich begütert, hatte sich seines neuen märkischen Besitzes nur kurze Zeit zu freuen. Er starb bald danach, und Hoppenrade kam an seine beiden Enkel: Georg Freiherr von Werthern und Ida Maria Freiin von Werthern .
Ersterer ist der gegenwärtige Besitzer. Er hat die schönen Räume wieder herstellen lassen und bewohnt sie wenigstens zeitweilig.
Eine stille Stätte jetzt, dies abseits vom Wege gelegene Schloß, eine Stätte, von der niemand mehr spricht, am wenigsten vielleicht die, die tagaus, tagein es umwohnen. Aber von ihr , die hier auf ein paar Jahrzehnte hin ein poetisches und fast märchenhaft phantastisches Leben hervorzuzaubern wußte, von ihr erzählen sie noch, und in den Spinnstuben horcht alles auf, wenn von Elliot und seiner goldenen Kutsche, von den tausend Lichtern im Harenzacken-Wald und von dem Badegetümmel in Mon Caprice, versteht sich unter allerlei Zusätzen aus eigner erregter Phantasie, gesprochen wird.
Ja, die schöne, längst aus dieser Zeitlichkeit geschiedene Krautentochter, sie lebt fort an dieser Stelle. Von all denen aber, die nach ihr kamen, erzählt niemand mehr, und nur ein Grab im Park noch gibt Andeutung von dem, was später und bis in unsere Tage hinein hier halb zu Gast und halb zu Hause war. Ein Grab im Park und auf einem Steine die wenigen Worte: »Clara von Wülknitz, geboren am 10. September 1826, heimgegangen am 1. November
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