Fünf: Schwarzwald Thriller 1
Schwierigkeiten haben, eine bessere Pizza zu kriegen.« Katrin lachte und lehnte sich entspannt zurück.
Das Essen war köstlich, die Unterhaltung locker und anregend, und Darren sah einfach umwerfend aus. Der Abend hätte schöner nicht sein können. Trotzdem lag ihr noch immer das dumme Geschwätz von Frau Schneider vom Vormittag im Magen. Nachdem sie eine weitere Flasche Wein bestellt hatten, brachte sie zögerlich das Thema zur Sprache. »Zu heute Morgen noch mal, Darren …«
»Manchmal können die Menschen fürchterlich unsensibel sein«, unterbrach Darren sie.
»Aber manchmal können sie auch ein bisschen zu sensibel sein«, erwiderte sie leise. »Und genau das ist mein Problem gewesen. Ich habe eine schlimme Zeit hinter mir, Darren, und ich stehe sozusagen noch immer auf sehr wackligen Beinen.« Sie lächelte. »Aber immerhin stehe ich.« Sie suchte in Darrens Gesicht nach einem Zeichen von Skepsis, fand aber nichts als Aufmerksamkeit und Verständnis. Das ermutigte sie, weiterzusprechen. »Ich bin, wie du dir vielleicht zusammenreimen konntest, keine Verkäuferin, sondern Beamtin bei der Kripo.«
Darren nickte, sagte aber nichts.
»Vor ein paar Monaten wurde ein kleines Mädchen entführt.« Ihre Kehle war trocken und sie musste sich räuspern. »Der Fall ging bundesweit durch die Presse, du hast sicherlich auch davon gehört.«
»Du meinst die kleine Emma Schmid«, stellte Darren mit ruhiger Stimme fest. »Natürlich habe ich davon gehört.« In seinem Blick lagen Verständnis und eine Spur von Angst, die Katrin nicht deuten konnte.
»Ich habe mich, freundlich ausgedrückt, ein bisschen gehen lassen, als man Emma tot auffand.« Sie kaute an ihrer Unterlippe, wusste nicht recht, wie sie fortfahren sollte.
»Wer hätte das nicht?«, fragte Darren und legte seine Hand auf ihre.
Die Wärme seiner Hand entkrampfte sie und zum ersten Mal seit vielen Monaten hatte sie nicht mehr das Gefühl, ganz allein auf der Welt zu sein.
»Ich war wie gelähmt«, redete sie einfach weiter. Sie schloss die Augen und sprach, ohne nachzudenken, öffnete ihr Herz und ließ es überlaufen. »Ich wusste, dass ich ein totes Kind sehen würde, als wir zu dem Spielplatz in Sexau gerufen wurden. Und ich war mir sicher, dass es die Leiche der kleinen fünfjährigen Emma sein würde, denn von genau diesem Spielplatz war Emma entführt worden. Ich hatte mich auf schreckliche Wunden und Verstümmelungen eingestellt, aber auf den ersten Blick war nichts zu sehen. Keine sichtbaren Zeichen einer Misshandlung, kein Blut. Es war ihr Gesicht, das mich nicht mehr losgelassen hat. Die weiße, zarte Spur getrockneter Tränen auf ihrer schmutzigen Haut.« Katrin schluckte schwer. »Darauf war ich nicht vorbereitet gewesen. Mich hat der Gedanke nicht mehr losgelassen, dass sie geweint haben musste, als sie starb. Dieser stumme Zeuge ihres Leids hat mich mehr getroffen als alles andere.«
Darren hielt ihre Hand noch ein bisschen fester, und sie öffnete die Augen.
Eine Träne stahl sich aus ihrem Augenwinkel und fiel auf die rote Papierserviette, die der Kellner vergessen hatte abzuräumen.
»Darauf war ich einfach nicht vorbereitet.«
»Ich weiß.« Ihre Blicke begegneten sich. »Nichts kann einen auf so einen Anblick vorbereiten.« In seinen Augen las sie, dass er wusste, wovon er sprach.
*
»Hallo, Tammy«, sagte er und lehnte sich gegen das Klettergerüst auf dem kleinen Spielplatz des Schwimmbades. Er streckte ihr ein Eis entgegen.
»Oh«, strahlte Tammy. »Ed von Schleck mag ich am allerliebsten, danke.«
»Das wusste ich doch«, sagte er und lächelte geheimnisvoll.
»Ach, und woher wusstest du das?«
Sie hatte eine niedliche Art, ihren Kopf auf eine Seite zu legen, wenn sie eine Frage stellte.
»Das wusste ich, weil deine Mama es mir verraten hat«, sagte er im unschuldigen Plauderton.
»Du kennst meine Mama?« Wieder legte sie ihren Kopf schief.
Das war wirklich süß. »Sag bloß, Tammy, du weißt nicht, wer ich bin?« Er sah, wie sie angestrengt nachdachte und scheinbar doch zu keinem Ergebnis kam. Jetzt war der Punkt gekommen, an dem er gewinnen oder verlieren würde.
»Doch, klar weiß ich jetzt, wer du bist. Ich hab’s nur kurz vergessen gehabt.«
Sie log. Natürlich log sie, denn sie konnte ihn nicht kennen. Innerlich jubelte er.
Hätte sie ihn in diesem Augenblick nicht belogen und hätte ihm einfach gesagt, dass sie ihn nicht kennen würde, dann wäre er chancenlos gewesen, sie ohne Aufsehen zu
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