Fünf: Schwarzwald Thriller 1
mehr Verständnis erwartet. Eure Augen werden doch heute noch feucht, wenn ihr davon erzählt, wie ihr euch kennengelernt habt. Und daran, dass ihr beide angeblich vom ersten Augenblick an gewusst habt, dass ihr füreinander bestimmt gewesen seid.« Katrin blickte von ihrem Vater wieder zu ihrer Mutter und setzte zum entscheidenden Hieb an. »Habt ihr nicht nach genau acht Wochen schon geheiratet? Ich dachte, ihr mögt Darren und wünscht euch nichts mehr, als dass ich glücklich werde.«
»Klar mögen wir Darren, wenn er ab und zu sonntags zum Kaffee kommt.« Die Stimme ihrer Mutter war voller Sarkasmus.
»Wir meinen es doch nur gut, Katinka.« Diesen Kosenamen aus ihrer Kindheit hatte ihr Vater in letzter Zeit wieder häufiger gebraucht, als sähe er in ihr wieder nur das kleine Mädchen, das sie einmal gewesen war.
Katrin erinnerte sich noch gut daran, wie sehr sie es geliebt hatte, wenn ihr Vater sie so nannte. Katinka war etwas Besonderes, Katinka war das liebe, brave Kind, während Katrin die war, nach der man rief, wenn sie etwas ausgefressen hatte. »Nenn mich nicht Katinka«, fauchte sie. »Ich bin kein kleines Mädchen mehr.«
»Aber ich nenne dich doch schon immer …«
»Nein«, unterbrach Katrin mit zunehmender Wut. »Du nennst mich erst wieder Katinka, seit ich meinen Zusammenbruch hatte.« Tränen der Wut brannten ihr in den Augen und sie brachte kaum ein Wort an dem dicken Kloß in ihrem Hals vorbei. »Auch wenn ihr glaubt, dass ich für die harten Realitäten des Lebens noch zu jung bin: Das bin ich nicht. Ich trage keine Zöpfe mehr. Ich spiele da draußen mit den richtig bösen Jungs und es ist verdammt noch mal kein Zeichen von Schwäche gewesen, dass mich der Anblick meiner ersten Kinderleiche aus der Fassung gebracht hat. Und ich sehe auch nicht ein, warum ich mich wieder und immer wieder dafür rechtfertigen muss. In euren Augen habe ich vielleicht versagt, aber …« Sie ballte die Hände zu Fäusten. Es war besser, wenn sie jetzt nicht weitersprach.
»Wir möchten nur, dass du auf dich aufpasst«, sagte ihre Mutter mit belegter Stimme. »Manchmal zeigen Menschen ihr wahres Gesicht auch erst, wenn sie sich ihrer Sache sicher sind.«
Der Klang ihrer Stimme ließ Katrin aufhorchen. Es hörte sich an, als würde ihre Mutter aus Erfahrung sprechen. Aus einer schmerzhaften Erfahrung. Katrin betrachtete das Gesicht ihrer Mutter. In ihren Augen schwammen Tränen und eigentlich hätte sie deshalb ein schlechtes Gewissen haben müssen, aber noch war ihre Wut zu frisch, die Enttäuschung zu groß. Trotzdem spürte sie, dass ihre Mutter etwas vor ihr zurückhielt.
Für einen Augenblick sah sie in ihr etwas, das ihr nie zuvor aufgefallen war, obwohl es immer da gewesen war, wie sie jetzt erkannte.
Sie hatte in ihrer Mutter immer nur die Mutter gesehen, die Ehefrau, die zumindest meistens mit ihrem Leben zufrieden war. Aber jetzt sah sie die verletzte, junge Frau, die Angst hatte, dass ihrer Tochter das Gleiche passieren könnte wie ihr. Als Katrin weitersprach, war ihre Stimme wieder ruhiger. »Es ist ja nicht so, dass Darren und ich morgen schon vor den Traualtar treten wollen. Aber er muss zurück nach Freiburg und ich, wenn wir ehrlich sind, auch. Ich habe mich lange genug bei Mama und Papa vor der Welt versteckt und meinen Kopf in deinem Schoss ausgeruht.« Sie hatte die Hand ihrer Mutter genommen.
Sie wollte nicht im Streit gehen müssen. Ihre Eltern waren ihr bis vor Kurzem die wichtigsten Menschen auf der Welt gewesen. Sie hatten sie liebevoll und mit viel Verständnis erzogen.
»Ihr habt so viel für mich getan, wart immer für mich da und ich bin euch dafür auch immer dankbar. Ihr habt nie Fragen gestellt, mir nie Vorwürfe gemacht, mich einfach immer so genommen, wie ich bin.«
Der Blick ihrer Mutter wurde weich.
»Hast nicht du immer gesagt, dass du bei Papa vom ersten Augenblick an gewusst hast, dass er die Liebe deines Lebens ist? Und hast du nicht erst vor Kurzem zu mir gesagt, dass es in deinem ganzen Leben noch keinen Tag gegeben hat, an dem du dein Jawort bereut hättest?«
Ihre Mutter nickte. Katrin sah, wie Angst und Sorge langsam aus ihrem Blick wichen.
»Ich wünsche mir so sehr, dass ihr euch mit mir freut. Dass ihr erkennt, was Darren mir bedeutet und wie glücklich er mich macht.«
»Ich wünsche dir ja auch nur das Allerbeste, mein Schatz.« Ihre Mutter nahm sie in ihre vollen Arme. »Aber halt trotzdem einfach die Augen offen, ja? Liebe macht nämlich vor allem
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