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Fünf Wochen im Ballon

Fünf Wochen im Ballon

Titel: Fünf Wochen im Ballon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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tödteten!
    – Hörst Du, Samuel? fiel Kennedy ein, indem er den Doctor hastig bei der Hand faßte, wenn sie ihn in dieser Nacht noch tödteten?
    – Das ist nicht wahrscheinlich, meine Freunde; diese wilden Völkerschaften bringen ihre Gefangenen bei hellem, lichtem Tage um; sie bedürfen dazu des Sonnenlichts.
    – Wenn ich die Nacht dazu benutzte, mich in die Nähe dieses Unglücklichen zu stehlen? sagte der Schotte.
    – Ich begleite Sie, Herr Dick.
    – Halt, meine Freunde, halt! Dieser Plan macht Eurem Herzen und Eurem Muthe alle Ehre; aber Ihr würdet uns alle in Gefahr bringen und dem, den wir retten wollen, keinen Dienst erweisen.
    – Warum das? fragte Kennedy. Die Wilden sind erschreckt, zerstreut! Sie werden nicht wiederkommen.
    – Dick, ich bitte Dich, gehorche mir, ich handle in unser Aller Interesse; wenn Du überfallen und gefangen genommen würdest, wäre Alles verloren!
    – Aber dieser Unglückselige wartet, hofft und erhält keine Antwort; niemand kommt ihm zu Hilfe! Er muß glauben, daß er eine Sinnestäuschung gehabt, daß er unsere Schüsse nicht gehört habe! …
    – Man kann ihn beruhigen«, entgegnete Doctor Fergusson.
    Und er machte aus seinen Händen ein Sprachrohr und rief kräftig in der Sprache des Fremden mitten in das Dunkel hinein:
    »Wer Du auch seist, habe Vertrauen! Drei Freunde sind Dir nah!«
    Ein schreckliches Geheul, das ohne Zweifel die Antwort des Gefangenen erstickte, antwortete ihm.
    »Man erwürgt ihn! man wird ihn erwürgen! rief Kennedy. Unsere Dazwischenkunft hat nur dazu gedient, die Stunde seiner Todesqual zu beschleunigen! Wir müssen handeln!
    – Aber wie, Dick? Was gedenkst Du bei dieser Dunkelheit zu thun?
    – O, wenn es doch Tag wäre! wünschte Joe.
    – Nun, und was wäre dann? fragte der Doctor in bedeutungsvollem Ton.
    – Dann machte sich die Sache sehr einfach, Samuel, antwortete der Jäger. Ich würde auf die Erde herabsteigen und dieses Gesindel mit Flintenschüssen in alle Winde jagen.
    – Und Du, Joe? fragte Fergusson weiter.
    – Ich würde vorsichtiger zu Werke gehen, Herr Doctor, und dem Gefangenen nur angeben, in welcher Richtung er sich auf die Flucht begeben solle.
    – Und wie würdest Du ihm das mittheilen?
    – Vermittelst dieses Pfeils, den ich im Fluge aufgefangen habe, und an den ich einen Zettel befestigen könnte; oder ich würde ganz einfach mit lauter Stimme zu ihm reden; die Neger verstehen ja unsere Sprache nicht.
    – Eure Pläne sind unausführbar, meine Freunde; die größte Schwierigkeit würde für den Unglücklichen darin bestehen, sich durch die Flucht zu retten, wenn es ihm wirklich gelingen sollte, die Wachsamkeit seiner Henker von sich abzuwenden. Dein Plan, mein lieber Dick, könnte mit einem großen Aufwand von Kühnheit, und indem wir das durch unsere Feuerwaffen hervorgebrachte Entsetzen benutzen, vielleicht gelingen; wenn er jedoch mißglückte, wärest Du verloren, und wir hätten zwei Personen statt einer zu retten. Nein! wir müssen alle Chancen des Erfolgs auf unserer Seite haben und anders verfahren.
    – Jedenfalls aber sofort handeln! rief der Jäger.
    – Vielleicht! erwiderte Samuel, dies eine Wort nachdrücklich betonend.
    – Sind Sie denn im Stande, diese Finsterniß zu zerstreuen?
    – Wer weiß, Joe?
    – Wenn Sie das wirklich können, so erkläre ich Sie für den ersten Gelehrten der Welt.«
    Der Doctor schwieg einige Augenblicke in tiefem Nachdenken und seine beiden Gefährten sahen erwartungsvoll auf ihn hin. Das Außerordentliche der Situation hatte sie auf’s Höchste erregt. Jetzt nahm Fergusson wieder das Wort:
    »Hört meinen Plan: unsere zweihundert Pfund Ballast sind noch nicht angegriffen. Wenn dieser Gefangene, der jedenfalls ein von Leiden geschwächter Mensch ist, auch ebenso viel wiegt wie einer von uns, so bleiben uns trotzdem noch sechzig Pfund Ballast übrig, die wir auswerfen können, um schneller zu steigen.
    – Wie gedenkst Du denn zu verfahren? fragte Kennedy.
    – Auf folgende Weise, Dick: wenn ich bis zu dem Gefangenen gelange und eine seinem Gewicht gleichkommende Quantität Ballast auswerfe, so habe ich doch an dem Gleichgewicht des Ballons nichts geändert; wenn ich dann aber, um den Negern zu entgehen, eine rasche Steigung bewerkstelligen will, so muß ich kräftigere Mittel als das Knallgasgebläse in Anwendung bringen. Indem ich nun also diesen Ueberschuß an Ballast in dem gewünschten Augenblick herabstürze, erhebe ich mich sicher mit einer großen

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