Fünf Wochen im Ballon
diese sein eigenes Gewicht ersetzen sollten. Nun konnte er seine beiden Hände gebrauchen, und hatte bald über fünfhundert Pfund Steine in der Gondel aufgehäuft, so daß auch der Doctor und Kennedy aussteigen konnten. Der Victoria befand sich jetzt im Gleichgewicht, und seine emportreibende Kraft war nicht mächtig genug, ihn zu entführen.
Uebrigens bedurfte man, da die verwendeten Steine von außerordentlicher Schwere waren, keiner sehr großen Menge hierzu.
Dieser Umstand war so auffallend, daß Fergusson’s Aufmerksamkeit darauf hingelenkt wurde, und er das Mineral einer näheren Besichtigung würdigte. Der Boden war rings mit Quarz und porphyrhaltigen Felsstücken besäet.
Ein Märtyrer-Grab in fremder Erde. (S. 169.)
»Eine sonderbare Entdeckung«, murmelte der Doctor.
Unterdessen gingen Kennedy und Joe einige Schritte, um den Platz für das Grab zu wählen. Es herrschte eine glühende Hitze wie in einem ungeheuren Schmelzofen in dieser Schlucht, die sich kesselförmig einsenkte. Die Mittagssonne ließ eben jetzt senkrecht ihre brennenden Strahlen hineinfallen.
Zunächst mußte man den Boden von den Felsstücken und dem Geröll, das ihn bedeckte, reinigen, und dann wurde eine ziemlich tiefe Grube ausgehöhlt, damit der Leichnam nicht durch wilde Thiere ausgegraben werden könne.
Nun wurde die sterbliche Hülle des Märtyrers ehrfurchtsvoll hineingebettet, das Grab mit Erde gefüllt und dicke Felsstücke darüber zu einem Denkmal gethürmt.
Der Doctor stand während der ganzen Zeit unbeweglich und in seine Betrachtungen versunken daneben. Er hörte nicht auf den Zuruf seiner Gefährten, und suchte nicht wie sie Schutz gegen die Hitze des Tages.
»Woran denkst Du? fragte ihn Kennedy.
– An einen seltsamen Contrast der Natur, ein wunderbares Spiel des Zufalls; wißt Ihr, in was für Erde dieser Mann der Entsagung, dieses edle Herz begraben liegt?
– Was meinst Du damit? forschte abermals der Schotte.
– Dieser Priester, der das Gelübde der Armuth abgelegt, ruht hier in einer Goldmine.
– In einer Goldmine? riefen Joe und Kennedy in höchstem Staunen.
– In einer Goldmine, bestätigte mit größter Sicherheit der Doctor. Diese Blöcke, die ihr wie werthlose Steine mit den Füßen bei Seite stoßt, sind Erz von schönster Reinheit.
– Unmöglich! Unmöglich! begann Joe wieder.
– Ihr würdet zwischen diesen Schieferplatten nicht lange suchen, ohne bedeutende Goldklumpen anzutreffen.«
Joe stürzte wie närrisch auf die zerstreut umherliegenden Stücke zu und Kennedy zeigte eine nicht viel geringere Aufregung.
»Beruhige Dich, mein guter Joe, sprach Fergusson.
– Herr Doctor, Sie bleiben dabei so kalt!
– Wie! ein Philosoph Deines Schlages …
– Ach! dagegen hält keine Philosophie Stand.
– Aber überlege Dir’s doch; was nützt uns all’ dieser Reichthum? Wir können ihn nicht mit uns nehmen.
– Wie? nicht mitnehmen? das wäre doch …
– Die Last ist etwas schwer für unsere Gondel! ich trug sogar Bedenken, Dir diese Entdeckung mitzutheilen, aus Furcht, Dein Bedauern rege zu machen.
– Wir sollen diese Schätze im Stich lassen? ein großes Vermögen, das rechtmäßig uns gehört, preisgeben?
– Nimm Dich in Acht, guter Freund; packt Dich etwa das Goldfieber? Hat Dich dieser Todte, den Du so eben der Erde übergeben hast, nicht über die Eitelkeit weltlicher Schätze belehrt?
– Das ist Alles wahr, erwiderte Joe; aber doch – dies Gold! – Herr Kennedy, möchten Sie nicht auch ein paar Millionen von hier mit fort nehmen?
– Was sollen wir machen, mein armer Joe? antwortete der Jäger, der sich eines Lächelns nicht erwehren konnte. Wir sind nun einmal nicht hierher gegangen, um Schätze zu suchen, und so werden wir auch keine heimbringen.
– Die Millionen dort sind ziemlich schwer, fügte der Doctor hinzu und man kann sie nicht so leicht in die Tasche stecken.
– Aber können wir nicht vielleicht anstatt des Sandes dies Erz als Ballast mitnehmen?
– Nun, das will ich gestatten, sagte Fergusson. Du darfst aber kein zu böses Gesicht machen, wenn wir einige hundert Pfund über Bord werfen müssen.
– Einige hundert Pfund! sprach Joe ihm nach, kann denn das Alles Gold sein?
– Ja, mein Lieber; es ist dies ein Becken, in welchem die Natur seit Jahrtausenden ihre Schätze aufgehäuft hat. Man könnte ganze Länder damit bereichern. Es finden sich hier tief in der Wüste Californien und Australien mit einander vereinigt!
– Und das Alles soll
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