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Fünf

Fünf

Titel: Fünf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Poznanski
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sicher sein.» Sie reichte Florin einen Stapel Ausdrucke auf seine Seite des Schreibtisches hinüber.
    «Na, dann kann es ja losgehen.» Der Elan, den er in seine Stimme legte, klang falsch, und Beatrice wusste, warum. Jetzt kam der schwierigste Teil des Jobs: das Informieren der Angehörigen. Ungläubigkeit, Tränen, Zusammenbrüche.
Auf keinen Fall, es ist nicht mein Mann, meine Frau, mein Kind. Sie irren sich. Bestimmt.
    Schon vor der Karolinenbrücke blieben sie im Nachmittagsverkehr stecken. Beatrice sah verstohlen auf ihre Uhr. Nein, sie würde es nicht mehr pünktlich schaffen. Sie zog ihr Handy aus der Tasche.
    «Mama?»
    «Bea! Schön, dass du dich meldest! Hast du schon Feierabend?»
    «Nein, leider, das ist es ja. Wir haben einen neuen Mordfall, und …»
    Mütterliches Seufzen auf der anderen Seite der Leitung. «Und du willst, dass ich die Kinder aus der Betreuung abhole.»
    «Ja. Bitte. Ich beeile mich, du musst ihnen nichts kochen, das erledige ich dann.»
    «Fertigpizza. Ich weiß.»
    Beatrice schloss die Augen. Als ob ihr schlechtes Gewissen noch zusätzliches Futter brauchte.
    «Nein. Eigentlich wollte ich Broccoliauflauf machen, das geht auch schnell.»
    Wenn Broccoliauflauf ihr nicht das Wohlwollen ihrer Mutter sicherte, half gar nichts mehr.
    «Also gut. Ich hole sie, aber es wäre wirklich nett, wenn du mir das nächste Mal etwas früher Bescheid geben könntest. Ich habe schließlich noch andere Dinge zu tun.»
    «Ja. Ich weiß. Danke.»
    Sie bogen auf die Aigner Straße ein, hier wurde der Verkehr endlich flüssiger. «Du musst es ihm nicht sagen.» Florin blickte konzentriert auf den Audi vor ihnen. «Ich erledige das, okay? Schreib du nur mit. Außer, ich übersehe etwas Wichtiges, dann tritt mir auf die Zehen.»
    Sie hätte ihn umarmen können. Er zog freiwillig den Schwarzen Peter, so wie sie das manchmal beim Kartenspielen mit den Kindern tat, weil die dann wild kichernd umherhopsten, begeistert darüber, sie ausgetrickst zu haben.
    Hatte Nora Papenberg Kinder?
    Während Florin dem Haus gegenüber einparkte, scannte Beatrice den dazugehörigen Garten. Keine Sandkiste, keine Kinderfahrräder, kein Trampolin. Nur eines dieser japanischen Kieselsteinfelder, in die man mit dem Rechen Muster zog.
    «Wir sind zu früh, er wird noch gar nicht zu Hause sein», sagte Florin, während er den Motor abstellte.
    Sie läuteten trotzdem. Fast im selben Moment wurde die Tür geöffnet, von einem Mann in Jeans und kariertem Sakko, das er über einem dunkelgrünen Poloshirt trug.
    «Sind Sie Konrad Papenberg?»
    «Ja.»
    «Wir sind von der Polizei.»
    Beatrice sah den Mann zusammenzucken, sah, wie er verzweifelt nach einem Lächeln in ihren Gesichtern suchte, nach einem Zeichen der Entwarnung. Sah, wie er begriff.
    «Meine Frau?»
    «Ja. Wir haben leider schlechte Nachrichten, Herr Papenberg.»
    «Kommen Sie bitte herein.» Er hielt ihnen die Tür auf, das blasse Gesicht abgewandt. Die meisten sahen weg in diesem Moment, in dem noch nichts Endgültiges gesagt worden war, denn diesen Zustand galt es aufrechtzuerhalten, diese letzten Sekunden gnädiger Unwissenheit auszudehnen. Er bat sie aufs Sofa, sprang dann noch einmal auf und brachte ihnen ungefragt Wasser aus der Küche. Die Gläser in seinen Händen zitterten so stark, dass er die Hälfte verschüttete.
    Florin wartete, bis er wieder saß und sie ansah. «Wir haben allen Grund zur Annahme, dass wir ihre Frau gefunden haben. Sie wurde heute Morgen auf einer Wiese in der Nähe von Abtenau entdeckt.»
    «Was meinen Sie mit ‹allen Grund zur Annahme›?» Seine Stimme war überraschend fest.
    «Das heißt, wir glauben sie anhand des Fahndungsfotos identifiziert zu haben. Sie hatte keine Papiere dabei.»
    «Die hat sie aber immer … in ihrer Tasche.» Der Mann schluckte, knetete mit seiner rechten Hand die Finger der linken.
    Tasche fehlt!
, notierte Beatrice in ihren Block.
    «Selbstverständlich bekommen Sie Gelegenheit, sie persönlich zu identifizieren, wenn Sie sich dazu in der Lage fühlen», fuhr Florin behutsam fort. «Es tut mir sehr leid.»
    Papenberg antwortete nicht. Er fixierte einen Punkt auf dem Couchtisch, bewegte lautlos die Lippen, schüttelte in einer winzigen Bewegung den Kopf.
    Zu neunzig Prozent sind die Ehemänner die Mörder
, lautete Hoffmanns Regel – und meist stimmte sie. Aber dieser Mann reagierte so leise. Er glaubte es noch nicht.
    «Was – also, wie … wie ist sie –»
    «Wir müssen im Moment davon ausgehen,

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