Fuer dich mein Glueck

Mutter, die total erschöpft und müde und mit hohlen Wangen vor dem Computer saß. Sie trug ein Tuch und kein Make-up. Sie lächelte zittrig, doch in ihren Augen blitzte ein Hoffnungsschimmer. „Ich habe überlegt, wofür im Leben ich eigentlich dankbar bin“, sagte sie, „und ich musste irgendwann aufhören zu zählen, weil es so vieles ist. Das ist ein gutes Problem, oder? Aber es hilft mir, zu erkennen, dass es egal ist, was passiert. Wenn alles im nächsten Augenblick vorüber ist, wäre ich dennoch gesegnet. Ich bin komplett kahl, ich bin im achten Monat schwanger, und ich habe nur eine Brust. Und heute Morgen hat Greg mir gesagt, wie schön ich bin. Das ist ein Wunder, oder? Wobei, das Wunder ist nicht, dass er es gesagt hat. Das Wunder ist vielmehr, dass er es geschafft hat, dass ich ihm glaube.“
    Der Bildschirm verschwamm vor Sonnets Augen. Was ihre Mutter sagte, war so offensichtlich und doch so schwer zu verstehen. Ihre Mom hatte Schreckliches durchgemacht, doch auf einmal verstand Sonnet das Geschenk, das darin lag. Es gab nur Weniges, was wirklich etwas bedeutete. Familie und Freunde und Zusammengehörigkeit, Verständnis und selbstlose Liebe.
    Zach ging zur Sky River Bakery, um zu feiern, dass er die letzte Rate seiner Rückzahlung an die Stadt Avalon geleistet hatte, und um den Menschen zu treffen, mit dem er am wenigsten gerechnet hätte: seinen Vater.
    Matthew Alger war auf Bewährung entlassen worden.
    Es fühlte sich für Zach unwirklich an. Es war eine Ironie des Schicksals, dass ausgerechnet ein Projekt über die Stadt, die von seinem Vater betrogen worden war, Zach die Möglichkeit gegeben hatte, Wiedergutmachung zu leisten. Großes Mädchen, kleine Stadt war ein Überraschungshit geworden. Er saß in der Bäckerei und lauschte den vertrauten Geräuschen. Die Musik dudelte leise im Hintergrund, die Espressomaschine gurgelte und zischte, und die Gäste unterhielten sich murmelnd. Ein paar Angestellte in weißen Schürzen kamen durch die Schwingtür und schoben einen Edelstahlwagen mit einer großen, von Blumen umgebenen Hochzeitstorte vor sich her. Der Rand der Torte war mit Glasur beschriftet: Der Anfang der Ewigkeit .
    Viel Erfolg damit, dachte er und sah auf sein Handy. Er war nicht sicher, ob es richtig war, Sonnet die SMS über Orlando zu schicken. Aber Zach wusste, dass Orlando der Urheber des Skandals war. Perla Galetti, seine Assistentin beim Dreh, war ein Technikfreak und hatte den Absender des „anonymen“ Videos herausgefunden. Für einen so klugen Kerl schien Rivera erstaunlich wenig Ahnung davon zu haben, dass im Internet nichts wirklich anonym blieb.
    Sonnet hatte ihn nicht zurückgerufen und auch sonst nicht auf die Nachricht reagiert. War sie immer noch sauer auf ihn? Oder hatte sie das Land bereits verlassen, um die Kinder der Welt zu retten? Zach ärgerte sich. Er wünschte, sie würde sehen, dass es auch hier vor ihrer Haustür viele Kinder gab, die dringend Hilfe benötigten. Aber vermutlich war es nicht exotisch oder glanzvoll genug.
    „Du siehst aus, als könntest du eine kleine Aufheiterung gebrauchen.“ Glynnis trat mit einer frischen Kolache und einem Becher Kaffee an seinen Tisch.
    „Ich bin heiter“, sagte er, „ich bin sogar unglaublich heiter.“
    „Schon klar.“ Sie stellte Teller und Tasse auf seinen Tisch und ging.
    Er dachte an etwas, das Nina in einem ihrer Videomonologe gesagt hatte. Es gibt ein paar Dinge, bei denen hat man keine Wahl, aber es gibt genügend andere, die man wählen kann, wie beispielsweise glücklich zu sein oder sich auf das Positive zu konzentrieren.
    Und in Zachs Leben passierte im Moment viel Positives. Großes Mädchen, kleine Stadt war von den Fernsehbossen, dem Testpublikum und den Kritikern so gut aufgenommen worden, dass alle nur noch von GMKS sprachen. Jezebel, ihre Verbindung zu den Kindern und der seltsame Kontrast zwischen der Großstadtikone und der Schönheit des Willow Lakes waren ein faszinierender Mix, der die Sendung so reizvoll machte. Schon munkelte die Szene von einem Fernsehpreis, denn trotz der ursprünglich kommerziellen Ausrichtung bewies die Show, dass in jedem etwas Gutes steckte und dass die liebevoll gezielte Förderung selbst Kindern aus zerrütteten Familien eine Perspektive geben konnte.
    In den letzten Tagen bekam Zach ein Angebot nach dem anderen. Er hatte einen Agenten engagieren müssen, um sich um alles zu kümmern. Zum ersten Mal in seiner beruflichen Laufbahn konnte er seinen Preis und seine