Fuer eine Handvoll Bisse
ein Handtuch und drückte es mir ins Gesicht. Es widerstrebte mir, nach unten zu gehen, und mich den Problemen zu stellen, die das Haus in den Abgrund zu reißen drohten.
In Nächten wie diesen wünschte ich mir einen Knopf, auf dem »rückgängig machen« stand und mit dem ich all meine Taten und Fehler zurückspulen und von vorn anfangen konnte - oder überneugierige Vampirinnen bemerkte, die mich durch die Stadt verfolgten.
Aber das war unmöglich. Was geschehen war, war geschehen, und ich musste mit den Konsequenzen wie eine Erwachsene umgehen. Und nicht wie eine siebenundzwanzigjährige weltfremde Doktorandin, die ich manchmal gerne wieder wäre.
Ich brachte meinen Pferdeschwanz in Ordnung, trug ein wenig Lipgloss auf und kämmte den Pony durch, bis er glänzte. Als ich wieder halbwegs präsentabel aussah und meine Angst für den Augenblick weggesperrt hatte, ging ich hinunter ins Erdgeschoss.
KAPITEL ELF
UNSTERBLICH? UNWIDERRUFLICH!
Ethan, Luc und Malik waren bereits unten und sahen in ihren schwarzen Anzügen wie aus dem Ei gepellt aus. Ethan nickte, als er mich erblickte.
Ich erreichte die Eingangshalle, als Darius und die restlichen Mitglieder des Greenwich Präsidium das Haus erneut in ihrer vogelschwarmähnlichen V-Formation betraten. Jeder nahm eine vorbestimmte Position ein, wie es bei einem Tanzteam üblich war, aber bei ihnen wirkte es wesentlich hinterhältiger.
Ich mischte mich unter die anderen Vampire Cadogans, die zu ihrer Begrüßung erschienen waren. In diesem Augenblick tauchte Lacey auf, um sie willkommen zu heißen, und damit begann der Austausch der Höflichkeiten. Ethan hatte recht gehabt: Ich mochte sie noch so sehr hassen, aber es war offensichtlich, dass Darius Lacey Sheridan mochte.
»Lacey«, sagte Darius mit honigsüßer Stimme. Er ergriff Laceys ausgestreckte Hände, und sie gaben sich zärtliche Wangenküsse, wie es nur Franzosen beherrschten.
»Sire«, erwiderte sie ehrerbietig.
»Sie sehen gut aus«, sagte er und betrachtete ihr perfekt sitzendes schwarzes Kostüm mit sichtlichem Wohlgefallen.
»Ein Kompliment, das ich zurückgeben darf.« Sie ließ ihren Blick über die ihn begleitenden Vampire schweifen und suchte den Augenkontakt mit jedem Einzelnen von ihnen.
Ich habe dir ja gesagt, zwischen ihnen besteht eine ganz besondere Verbindung,
sagte Ethan lautlos.
Das hast du,
erwiderte ich.
Und das ist mehr als deutlich.
Lacey führte ihre Hände zusammen und hob sie dann zu ihrer Stirn, was offensichtlich eine Geste »entgegenkommender Dankbarkeit« war. Oder simples Einschleimen.
»Sires, Ihre Anwesenheit ist uns eine Ehre.«
»Ich bezweifle, dass diese Aussage Allgemeingültigkeit besitzt«, sagte Darius und richtete seinen Blick auf Ethan. Ein peinliches Schweigen entstand.
»Darius«, sagte Ethan, und dieses Wort war mehr als nur ein Name - es war eine Provokation. Darius war immer noch Ethans Herr und Meister, sein König, sein Befehlshaber, wenn auch nur noch für wenige Minuten. Seinen Vornamen zu verwenden, zeugte von einem gewissen Mangel an Respekt.
Darius' Augen verengten sich zu Schlitzen. Er hatte die Provokation herausgehört, und sie gefiel ihm überhaupt nicht. Doch dann zeichnete sich ein Lächeln auf seinem Gesicht ab, und das war viel furchterregender.
»Ethan. Offensichtlich haben wir uns dazu entschlossen, uns wie Primitivlinge zu verhalten, bevor wir dieser ganzen Angelegenheit ein Ende setzen«, sagte er, und diesmal hätte die Beleidigung nicht deutlicher ausfallen können. »Aber das macht nichts. Das Ende ist schon bald erreicht. Wollen wir dann?«
»Auf jeden Fall«, erwiderte Ethan und deutete mit ausladender Geste in Richtung der Hausrückseite.
Er schien seine Manieren noch nicht ganz vergessen zu haben.
Es war bereits spät und sehr kalt, aber wir waren definitiv wach. Die Vampire des Hauses Cadogan schwiegen, während Ethan, Malik und ich an die mit Ziegelsteinen eingefasste Feuergrube auf dem Rasen hinter dem Haus herantraten.
Etwa die Hälfte der Vampire, die nicht in Haus Cadogan lebten, waren heute auch hier, um ihre Solidarität zu bekunden und unserem zukünftigen Feind zu zeigen, womit er zu rechnen hatte. Ich erkannte in der Menge mehrere Freunde und Kollegen, aber ich konnte mich einfach nicht unter sie mischen. Ich fühlte mich wie eine Verräterin, die Ethans Vertrauen und das Vertrauen des gesamten Hauses missbraucht hatte. Ich gehörte nicht mehr zu ihnen, denn von ihnen wurde im Augenblick niemand für sein
Weitere Kostenlose Bücher