Für eine Nacht
wissen, wie weit ich dir vertrauen kann, Chase.«
Er wünschte, er könnte ihr die Zusicherung geben, die sie hören wollte, aber inzwischen waren all seine journalistischen Instinkte geweckt. »Bittest du mich, Stillschweigen zu bewahren?« Wenn ihr Geheimnis so brisant war, wie sie andeutete, fragte er sich, ob und wie er ein solches Versprechen würde halten können.
»Ich hoffe, dass du verstehen wirst, warum du das, was ich dir zu sagen habe, für dich behalten musst. Aber irgendwann wird der Zeitpunkt kommen, wo du die Geschichte veröffentlichen kannst.« Sie umklammerte die Sofalehne so fest, dass ihre Knöchel weiß hervortraten.
Er war frustriert, weil er immer noch keinen Anhaltspunkt hatte und nach wie vor im Dunkeln tappte. »Du gibst mir keine klare Antwort.«
»Ich weiß.« Sie rückte näher an ihn heran.
Ihr Duft raubte ihm beinahe die Sinne.
Sloane rutschte noch näher zu ihm. »Ich habe ja von dir auch noch nicht bekommen, was ich will.«
»Informationen über mein Privatleben.« Er grinste schief, obwohl er sich innerlich leer fühlte.
»Das scheint mir ein fairer Handel zu sein.«
Als sie ihn ansah und ihre schimmernden Lippen nur Zentimeter von den seinen entfernt waren, erschien ihm überhaupt nichts mehr fair. Schon gar nicht die Aufforderung, Dinge zu enthüllen, die er noch nicht einmal seinen Brüdern anvertraut hatte. Und die waren seine besten Freunde.
Aber aus irgendeinem Grund empfand er es als seltsam tröstlich und beruhigend, mit Sloane hier in seinem Wohnzimmer zu sitzen; in diesem Haus, in das er noch nie zuvor eine Frau mitgenommen hatte. »Willst du nach diesem langen Tag wirklich noch Schwänke aus meinem Leben hören?«
»Du versuchst doch hoffentlich nicht, Zeit zu schinden?«, fragte sie mit einem spitzbübischen Grinsen.
Er musste lachen. »Nein.«
»Dann schieß los.«
»Okay.«
Sloane nahm seine Zustimmung zum Anlass, sich an ihn zu kuscheln. Er spürte, wie sie sich entspannte, und hörte sie dann einen Laut von sich geben, der wie das Schnurren eines zufriedenen Kätzchens klang. Beinahe hätte er laut gelacht. Sie hatte Angst, ihm gegenüber zu viel von sich selbst preiszugeben, während ihre Körpersprache zugleich tiefes Vertrauen auf einer anderen Ebene ausdrückte. Ob ihr das bewusst war?
Ihm schon, und es jagte ihm eine Heidenangst ein. Plötzlich erschien es ihm weit weniger qualvoll, Sloane seine intimsten Geheimnisse anzuvertrauen, als über seine Gefühle für sie nachzudenken. »Mein Vater starb, als ich achtzehn Jahre alt war«, sagte er schließlich leise.
Ein derart vertrauliches Gespräch hatte er noch nie mit einer
Frau geführt, noch nicht einmal mit Cindy, mit der er länger zusammen gewesen war als mit irgendeiner ihrer Vorgängerinnen.
»Das tut mir Leid«, murmelte Sloane.
Er zuckte die Achseln. »Solche Dinge passieren nun mal. Ich bin darüber hinweggekommen. Ich verließ das College, übernahm die Leitung der Zeitung und half Mom, meine Brüder großzuziehen. Eine andere Möglichkeit gab es nicht.« Die Erinnerungen an diese Zeit, an den Kummer und das Leid, an all die Schwierigkeiten, die er hatte bewältigen müssen, trieben ihn auch heute noch an.
Während Sloane seinen Worten lauschte, begriff sie endlich, wie er zu dem Mann hatte werden können, der er heute war. »Du bist ein guter, verantwortungsbewusster Mensch, Chase Chandler.« Jetzt wusste sie auch, was er gemeint hatte, als er gesagt hatte, er hätte hauptsächlich für andere gelebt. Diese Bereitschaft, sein Leben in den Dienst seiner Familie zu stellen, war schon fast beschämend.
Zur Antwort grunzte er nur, und sie vermutete, dass es ihm schwer fiel, Komplimente entgegenzunehmen. »Das muss alles sehr schwer für dich gewesen sein.«
»Manchmal schon. Am schlimmsten war es, immer mit gutem Beispiel vorangehen zu müssen.« Er lachte leise. »Da blieb nicht viel Platz für private Dinge. Nicht, solange Rick und Roman noch klein waren und zu Hause wohnten.«
Obwohl Sloane nicht wusste, ob sie die Antwort wirklich hören wollte, stellte sie die Frage dennoch. »Und wie sah dein Privatleben nach ihrem Auszug aus?«
»Inzwischen hatte ich mir angewöhnt, stets Diskretion zu wahren. Außerdem sollte man in einer Kleinstadt nichts tun, was man später bedauern könnte, weil das am nächsten Morgen unweigerlich Stadtgespräch ist. Entweder hältst du dich
daran, oder du weichst auf die Nachbarstadt aus.« Er strich mit einer Hand über ihr Haar und ließ die
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