Für eine Nacht
hast mich gesucht, weil du Angst hattest, ich könnte in Schwierigkeiten stecken. Und erzähl mir jetzt nicht, du hättest das nur getan, weil du es meiner Stiefmutter versprochen hast«, stellte sie dann sachlich fest.
Er stöhnte unterdrückt auf. Sie hatte den Nagel auf den Kopf getroffen. Niemand hatte ihn dazu gezwungen, Sloane zu suchen. Das hatte er aus freien Stücken getan – weil er sich Sorgen um sie gemacht hatte.
All diese ungewohnten und widersprüchlichen Gefühle zerrten an seinen Nerven. Und es gab nur eines, was er tun konnte, um seinen Seelenfrieden wieder zu finden – sich voll und ganz auf seinen Job zu konzentrieren. »Komm, wir fahren nach Hause.«
Sie nickte. »Das ist die beste Idee des Tages.«
»Und sobald wir daheim sind, wirst du mir verraten, warum du Samson so dringend treffen willst.«
Panik flackerte in ihren Augen auf. »Aber ...«
»Widerstand ist zwecklos. Ich lasse mir doch nicht von einer Horde von Bikern beinahe die Knochen brechen, nur um dann von dir mit ein paar Ausflüchten abgespeist zu werden.«
Sloane ließ den Kopf hängen. »Ich habe persönliche Gründe, Chase. Sehr persönliche.«
Der flehende Unterton in ihrer Stimme rührte ihn. Aber er
musste hart bleiben, wenn er Antworten auf seine Fragen bekommen wollte. »Möchtest du Freitagabend wieder herkommen?« , fragte er.
Sie nickte. »Das weißt du doch.«
»Dann wirst du mir einiges erklären müssen, wenn du nicht willst, dass ich mir Ricks Handschellen ausborge und dich zu Hause festkette. Ich bringe weder dich noch mich selbst noch einmal unnötig in Gefahr.«
Sloane wich seinem Blick aus. »Können wir jetzt fahren? Ich muss mir noch ein Hotelzimmer suchen.«
»Vergiss es.« Er hatte nicht die Absicht, sie in der nächsten Zeit aus den Augen zu lassen.
»Chase, du bist nicht für mich verantwortlich, egal was du Madeline versprochen hast.«
Er umfasste ihre Hand fester. »In Yorkshire Falls gibt es kein Hotel, nur in Harrington. Und wenn du da noch einmal hinfährst, dann nur zusammen mit mir. Ende der Diskussion.«
»Na schön.« Sloane zuckte die Achseln. Sie wusste, wann sie geschlagen war. Wenn sie jetzt nachgab, würde ihr das später zugute kommen. »Danke.«
Seine Antwort bestand in einem undefinierbaren Grunzen.
Sloane biss die Zähne zusammen, als sie zu Chases Truck gingen. Eine weitere Auseinandersetzung entspann sich, weil sie selbst nach Yorkshire Falls zurückfahren wollte. Wieder gab sie nach und willigte ein, ihr Auto stehen zu lassen und es am nächsten Morgen abzuholen. In Anbetracht seiner gereizten Stimmung und dem Umstand, dass sie der Auslöser dafür war – ganz zu schweigen davon, dass er sie aus einer äußerst heiklen Lage befreit hatte –, fand sie, dass sie ihm ein paar kleine Gefallen schuldete.
Wie zum Beispiel, bei ihm zu wohnen statt im Hotel. Sie
fragte sich, ob er ein Gästezimmer hatte oder ob er nach ihrem Auftritt in der Bar von ihr erwartete, dass sie das Bett mit ihm teilte. Falls es das war, was er wollte, wusste sie, dass sie ihm nicht würde widerstehen können.
Ein kalter Wind war aufgekommen. Der Herbst ging rasch in einen frühen Winter über. Sloane begann zu frösteln.
Chase nahm ihr die Jacke von den Schultern und hielt sie so, dass sie hineinschlüpfen konnte. »Dein Zähneklappern hört man ja bis Yorkshire Falls.«
»Du bist ein netter Kerl, Chase Chandler.«
Sein Gesicht verfinsterte sich.
»Keine Sorge, ich habe noch nicht herausgefunden, wie nett du bist.« Sie hatte sich auch noch nicht überlegt, wie viel sie ihm über ihr Verhältnis zu Samson verraten sollte. Einerseits hatte er sich soeben als Retter in der Not erwiesen, da waren ein paar Antworten als Gegenleistung nicht zu viel verlangt. Andererseits war die Wahrheit ihr persönlichstes und schmerzlichstes Geheimnis.
Warum erschien es ihr dann als das Natürlichste von der Welt, es mit Chase, einem fast Fremden und noch dazu einem Journalisten, zu teilen?
»Mein Auto steht da drüben.« Er deutete auf einen nahen Parkplatz, und Sloane wäre beinahe losgerannt, so froh war sie, endlich aus der Kälte herauszukommen.
»Chase!«
Beim Klang einer Frauenstimme blieb Sloane wie angewurzelt stehen, dann drehte sie sich um und sah eine hübsche Brünette, die Chase zu ihrer Überraschung mit einem Kuss auf den Mund begrüßte.
Sloane biss sich auf die Lippe. Es ärgerte sie maßlos, dass eine andere Frau Chase gut genug kannte, um ihn auf offener Straße zu küssen. Mach dich
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