Für immer, Deine Celia: Roman (German Edition)
während der Zeit vor der Beerdigung nichts aussetzen. Dennoch war die Vorstellung äußerst beunruhigend, es könne sich eine Journalistin ungebeten und inkognito bei ihnen eingeschlichen haben. »Sag ihr, sie soll uns in Ruhe lassen.«
Sarah flüsterte: »Könnte nett sein, über Mummy zu reden.«
»Wirklich?« Margaret ahnte, wie die Weichen an diesem Tag gestellt waren. Mehr Alkohol würde fließen und Sarah immer tiefer in Depressionen versinken, während sie unaufhörlich Verteidigungsreden für Whoopee schwang. Keine verlockenden Aussichten. Davon abgesehen würden sie nicht mal ansatzweise dazu kommen, mit dem Ausräumen zu beginnen. Also gab sie ihr Plazet: »Na gut! Sag ihr, sie kann zum Tee kommen.«
»Dann hat sie also ganz allein hier gelebt?« Der Gast, eine Frau namens Jenny Granger, nahm ihre Umgebung mit geradezu peinlicher Verehrung in sich auf. Die Schwestern fühlten sich kurz veranlasst, das vertraute Wohnzimmer mit den Augen der fremden Frau zu betrachten. Es war gemütlich mit den zugezogenen Vorhängen, dem Kaminfeuer, das mittlerweile zu leuchtender Glut verbrannt war, und dem angenehm weichen Licht – vorausgesetzt, man wollte kein Buch lesen. Dennoch fielen ihnen einige Flecken – Tee? Der Hund? – auf dem Polster des großen, gelben Sessels auf; außerdem hatten die Wände mit ihrer Mischung aus traditionellen und modernen Bildern dringend einen Anstrich nötig. Die niedrige Decke war rußgeschwärzt. Aber Jenny war natürlich zuvor schon einmal hier gewesen: Das hatte sie jedenfalls gesagt.
»Sie war gern allein«, erklärte Margaret, die einen Vorwurf befürchtete. Sie stand auf, um ein Scheit Holz nachzulegen. In Wahrheit hatte keiner von ihnen die Mutter oft genug besucht, weil sie mit Schreiben beschäftigt schien und offenbar auf Gesellschaft keinen Wert legte. Ein himmelweiter Unterschied zu den betagten Eltern anderer. Aber das machte die Zeit, die man mit ihr verbrachte, ungewöhnlich kostbar. Doch Margaret zögerte, das alles einer Fremden zu erklären.
»Das verstehe ich. Das Haus hat eine wunderbare Atmosphäre, so als habe hier immer nur das Glück geherrscht.«
Margaret und Sarah tauschten zufriedene Blicke. Sie hatten Jenny ihr ungebetenes Eindringen in eine private Familienfeier verziehen –, wie diese es ausdrückte. »Es tut mir so leid«, waren ihre ersten Worte gewesen. »Ich weiß, ich hätte nicht kommen dürfen. Aber Sie waren alle so bezaubernd. Meine einzige Entschuldigung ist, dass ich es nach diesem wunderbaren Gottesdienst nicht fertigbrachte, einfach wieder zu gehen.«
»Eine erstaunliche junge Frau«, hatte Sarah zu Margaret gesagt, nach dem Telefonat mit der sanften, zögernden, beinahe kindlich wirkenden Stimme. Und als sie die Haustür geöffnet hatte, hatte sie einen Moment geglaubt, einen Teenager draußen in der Abenddämmerung auf dem Treppenabsatz zu erkennen. Grund waren das schulterlange Haar mit Pony, die ängstlich blickenden, runden Augen, die schmale, fast androgyne Figur, der sehr kurze Rock, die blickdichten schwarzen Strümpfe und die Ballerinas an den kleinen Füßen. Erst als Jenny in die hell erleuchtete Diele trat, sah Sarah, dass der Gast bereits Ende dreißig, wenn nicht sogar Anfang vierzig sein musste. Allerdings konnten sie sich nicht erinnern, sie bei der Beerdigung gesehen zu haben.
»Haben Sie heute schon mal angerufen?«, fragte Margaret unvermittelt.
Jenny schüttelte den Kopf. Dann trank sie einen Schluck Tee und aß ein Stück des reichlich muffig schmeckenden Früchtebrotes, das sie in einer Vorratsdose gefunden hatten. Als sie schließlich antwortete, geschah es mit geradezu kindlicher Begeisterung: »Ich muss zu meiner Schande gestehen, dass ich bis zu der Publicity um Ihre Mutter nie von ihr gehört hatte. Aber mittlerweile habe ich all ihre Romane gelesen – nein, verschlungen . Sie sind so erfrischend, sogar die frühen Titel, die noch unter ihrem Pseudonym erschienen sind. Und am Ende … Großer Gott! Sie hat geschrieben wie ein junges Mädchen!«
Die Schwestern blieben stumm. Sie hatten noch immer keine Zeit gefunden, die Bücher zu lesen, geschweige denn, darüber zu sprechen. Und was die Meinung betraf, ihre weißhaarige, rührige Mutter habe wie ein junges Mädchen geschrieben … Aus irgendeinem Grund irritierte sie das.
» My Waterstones hatte drei oder vier Auflagen. Sie müssen sehr stolz sein.«
»Oh, das sind wir!«, stimmte Sarah sofort zu.
»Schreiben Sie auch?«, fragte Jenny, und
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