Für immer, Deine Celia: Roman (German Edition)
und Räumen.«
»Dann verkaufen Sie das Haus?«
»Vielleicht«, erwiderte Margaret mit einem warnenden Blick zu ihrer Schwester.
»Sie waren sehr geduldig mit mir«, versicherte Jenny. »Ich will zum Punkt kommen. Ich finde, es ist Zeit für eine angemessene Würdigung Ihrer Mutter.«
»Und das soll heißen?«, fragte Margaret.
Jenny rang die Hände, als sei sie verlegen. »Ich schreibe Features«, erklärte sie mit ihrem kindlichen Stimmchen. »Vielleicht haben Sie mal welche gelesen? Ich habe für den Independent , den Guardian , die besseren Sonntagsblätter … gearbeitet. Aber schon eine ganze Weile wünsche ich mir eine Aufgabe mit Substanz. Vermutlich habe ich nur auf die richtige Gelegenheit gewartet.«
»Das wäre dann nicht nur ein Feature?«
Jenny wirkte beinahe gequält. »Ich spreche von einer Biografie.«
»Oh, davon halte ich nichts«, wehrte Margaret sofort ab. Sie sah ihre Schwester Hilfe suchend an, doch Sarah hielt noch das Verlobungsfoto in der Hand und betrachtete es mit wehmütigem Blick.
»Tatsache ist«, fuhr Jenny fort, »das Interesse der Öffent lichkeit ist geweckt, und so schnell wird das nicht vergehen.«
»Da haben wir den gegenteiligen Eindruck«, konterte Margaret, nahm der Schwester das Foto aus der Hand und stellte es wieder auf den Tisch.
»Das mag so erscheinen«, korrigierte Jenny sie sanft. »Aber nur weil nichts mehr in den Zeitungen steht, heißt das nicht, dass es vergessen ist.« Hastig fügte sie hinzu: »Und sollte es auch nicht. Ich finde, Ihre Mutter hat eine angemessene Würdigung verdient, aber dazu müssen Sie von Anfang an mit eingebunden werden.« Sie senkte die Stimme. Ihr Ton wurde melancholisch und vielsagend. »Ich habe das so oft erlebt. Eine Familie lehnt das Projekt einer Biografie ab. Und nur zu bald, erscheint eine unautorisierte Biografie, ein verantwortungsloses Werk, das die Familienmitglieder zutiefst beunruhigt. Ein einfühlsamer Autor dagegen, der von Beginn an eng mit der Familie zusammenarbeitet, kann etwas schaffen, auf das alle stolz sein können.«
»Sarah!«, sagte Margaret eine Nuance zu scharf, als riefe sie ihre Schwester zur Ordnung.
Aber zu ihrem Ärger murmelte Sarah nur versonnen: »Vielleicht sind wir das Mummy schuldig.«
»Es ist allein Ihre Entscheidung«, erklärte Jenny höflich. »Denken Sie einfach darüber nach. Mehr möchte ich zu diesem Zeitpunkt gar nicht. Und falls Sie zu dem Schluss kommen, dass es eine gute Idee ist, wenn wir zusammenarbeiten – nun, dann kann ich Ihnen Ihre Aufgabe vielleicht ein wenig erleichtern.« Ihr Blick schweifte wie Sarahs flüchtig zur Decke. »Sie sagten, Ihre Mutter hat nie etwas weggeworfen?«
»Rein gar nichts!« Sarah lachte. Das Gespräch schien ihr mittlerweile richtig Spaß zu machen. »Nicht mal die Kassenbons vom Supermarkt! Sie hat sie als Notizpapier benutzt. Man konnte mit ihr über was ganz Alltägliches reden – zum Beispiel, was es zum Lunch geben sollte –, und plötzlich bekam sie diesen abwesenden Ausdruck. Dann brauchte sie ein Stück Papier – irgendeines! Einmal habe ich ein Stück Pappe gefunden, das von einem Cornflakespaket abgerissen worden war. Darauf stand gekritzelt: »Frances misstraut der Schönheit!« Aber als ich sie gefragt habe, was das bedeutet, hat sie nur gelacht. Es liegt vermutlich noch immer mit all dem Rest da oben herum! Sie wollte ja aufräumen. Aber es ist nie dazu gekommen.«
»Das ist selten der Fall«, bemerkte Jenny so leise, dass beide fast glaubten, es sich eingebildet zu haben. »Wenn Sie möchten, kann ich Ihnen beim Sortieren mit Rat und Tat beistehen.«
»Sie meinen damit vermutlich, dass Sie die Sachen unserer Mutter durchsehen möchten!«, sagte Margaret kühl.
Einen Moment später stellte sie entsetzt fest, dass Jenny Granger sie beim Wort nahm.
»Das wäre absolut wunderbar.«
»Darüber müssen wir erst mit unserem Bruder sprechen«, murmelte Margaret.
»Aber natürlich!«, erwiderte Jenny, als sei das nur in ihrem Sinn.
Das Gespräch war vorüber. Sie erhoben sich, als Sarah zu Margarets Entsetzen plötzlich sagte: »Warten Sie!«
Margaret musste hilflos zusehen, wie ihre Schwester zu dem großen Schreibtisch in der Ecke ging und das Hochzeitsalbum hervorholte – das noch mehr auf Zelluloid gebannten Glücks enthielt, denn bei Beerdigungen oder Scheidungen dachte schließlich niemand ans Fotografieren. »Sehen Sie?«, sagte sie und blätterte um. »Die Hochzeit war kurz und prosaisch. Daddy meinte, er wollte
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