Für immer die Seele (Für-immer-Trilogie) (German Edition)
ihm mehrere Wächter zugrinsen, als wir an ihnen vorbeigehen. Obwohl ich mir das Hirn zermartere, fällt mir absolut nichts ein, worüber ich mit Griffon reden könnte.
»Zwei Wahrheiten und eine Lüge«, sagt er plötzlich und sieht mich an.
»Zwei was?« Ich habe keine Ahnung, wovon er spricht.
»Wahrheiten. Und eine Lüge. Erzähl mir zwei Sachen, die wahr sind, und eine, die gelogen ist. Und ich muss erraten, was was ist.«
»So wie bei Wahrheit oder Pflicht?«
»Genau. Aber statt der Pflicht will ich eine Lüge hören. Denk dir was Gutes aus, es muss plausibel sein.«
Ich überlege angestrengt, aber mein Kopf ist wie leer gefegt. Mir fällt rein gar nichts ein, was ich über mich erzählen könnte, weder wahr noch gelogen. »Du zuerst«, sage ich deshalb, um ein bisschen Zeit zu gewinnen und mir etwas auszudenken, das interessant und vielleicht auch ein wenig geheimnisvoll klingt.
»Okay«, sagt er. »Hm, mal sehen … Ich habe mit Oprah Winfrey zu Abend gegessen.«
Forschend blicke ich in sein Gesicht, kann aber eigenartigerweise nichts darin erkennen. Ich habe ihm natürlich verschwiegen, dass ich eigentlich immer weiß, ob jemand lügt oder nicht.
Irgendetwas im Blick oder in der Gestik verrät jeden.
»Erdnussbutter esse ich am allerliebsten«, fährt er fort, und da weiß ich Bescheid. Ein kleines Zucken um seine Mundwinkel sagt mir, dass das eine Lüge ist. »Und ich habe ein Tattoo.«
»Dann schätze ich mal, dass du kein Sandwich mit Erdnussbutter und Gelee bestellen wirst.«
Er schaut mich an und sein Mund verzieht sich zu einem breiten Grinsen. »Richtig! Ich hasse Erdnussbutter. Wie hast du das erraten?«
Ich zucke mit den Achseln. »Ach, reines Glück.«
»Wenn du meinst«, sagt er skeptisch.
»Du hast tatsächlich mit Oprah Winfrey zu Abend gegessen?«
»Ja, habe ich. Willst du mein Tattoo sehen?«
Wenn er das so freimütig anbietet, wird es sich ja wohl an einer öffentlich zugänglichen Stelle seines Körpers befinden.
»Klar.«
Griffon hält mir seine rechte Hand entgegen und zeigt auf eine Stelle zwischen Daumen und Zeigefinger. »Da ist es.«
Ich sehe gar nichts. »Wo denn?«
Er nimmt den Finger weg. »Siehst du das hier?«
Ich gehe etwas näher heran und entdecke einen kleinen schwarzen Punkt, etwas dunkler als seine Haut. »Sieht aus wie ein Leberfleck.«
»Ist aber keiner. Der Bruder eines Freundes hatte ein Set und fragte uns beide, ob wir ein Tattoo wollten. Länger als bis zu dem kleinen Punkt da habe ich aber nicht durchgehalten.« Er sieht mich an und lächelt. »Jetzt bist du dran.«
Ich erwidere sein Lächeln. Normalerweise hasse ich solche Spiele, aber irgendwie tut es mir in diesem Moment gut. Ich durchforste meine Erinnerung nach den verrücktesten Sachen, die mir jemals passiert sind. »Okay. Ich bin der Königin begegnet. Ich wurde bei der Geburt vertauscht. Ich kann nicht Fahrrad fahren.«
Griffon legt den Kopf in den Nacken, schaut in den Himmel und scheint angestrengt zu überlegen.
»Unmöglich, dass du der Königin begegnet bist, das muss die Lüge sein.«
»Nein, das stimmt. Letztes Jahr habe ich in der Philharmonie die griechische Königin getroffen.«
»Ich dachte, du meintest die Königin.«
»Sie ist die Königin. Die Königin von Griechenland. Zwar inzwischen ohne Thron, aber immer noch eine Königin. Du darfst noch zwei Mal raten.«
»Dann muss es das mit dem Fahrrad sein – jeder kann Fahrrad fahren.«
»Klar kann ich Fahrrad fahren. Das war also die Lüge …« Ich schaue ihn an und zögere.
»Du bist nicht besonders gut darin, oder?«
Er lächelt, und ich sehe, dass er nicht sauer ist. »Du willst also sagen, dass du tatsächlich bei der Geburt vertauscht wurdest?«
»Meine Mom sagt, es war nur für eine Stunde, dann haben die im Krankenhaus es gemerkt. Aber manchmal bin ich mir da nicht so sicher, ich meine, Kat und ich … Wir sehen uns nicht besonders ähnlich.« Was völlig untertrieben ist. Kat ist der Inbegriff des hinreißenden blonden California Girls. Und ich … nicht.
Griffon nickt und zeigt seine Grübchen. »Pech für sie.«
Er schaut mir direkt ins Gesicht, und mir wird schon wieder ganz flau, aber dieses Mal fühlt es sich anders an. Ich schaue auf den Boden und kaue auf meiner Unterlippe herum, während wir weitergehen. Vielleicht steht er ja auf kleine, braunhaarige Mädchen in Jeans und abgewetzten Turnschuhen?
»Ich verneige mich vor der Siegerin«, sagt er, als er die Tür zum Café für mich aufhält.
Weitere Kostenlose Bücher