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Für jede Lösung ein Problem

Für jede Lösung ein Problem

Titel: Für jede Lösung ein Problem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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eine Augenbraue wegrasiert, und du hast ihr Ohr mit Sekundenkleber am Kopfkissen festgeklebt. Wer weiß, wo das noch geendet wäre, wenn Mama euch nicht jede Nacht in verschiedenen Zimmern eingeschlossen hätte. Tja, du und Rika, ihr könnt euch bis heute nicht ausstehen, dabei wärt ihr ohne meine kindische Rache von damals vermutlich die allerbesten Freundinnen. Vielleicht nutzt du die Gelegenheit und versöhnst dich auf meiner Beerdigung wieder mit Rika. Du brauchst doch jemanden, mit dem du über Tine und Frank und ihre Vorstellungen von Kindererziehung lästern kannst, wenn ich nicht mehr da bin.Ich wünsche dir von Herzen ein schönes Leben, jedenfalls soweit es mir aufgrund meines neurotisch-depressiven Zustandes möglich ist.
    Was Patrick angeht: Möglicherweise ist er vor einiger Zeit mal als hammerhart31 auf Partnersuche gewesen und hat sich bei dieser Gelegenheit sehr ausführlich mit mir über die Beschaffenheit seines, äh, Hammers unterhalten. Wie gesagt, möglicherweise . Und selbst wenn Patrick und hammerhart31 ein und dieselbe Person sein sollten, muss das deine Freude am Frisch-Verliebtsein keinesfalls trüben. Nur, weil er eine Zeit lang mal allen möglichen Frauen seinen Hammer gezeigt hat, muss er ja kein schlechter Mensch sein. Außerdem beherrschst du die Kunst des »positiven Denkens« beinahe so gut wie Mama.
    Das wünscht dir auch weiterhin
deine dich liebende Schwester Gerri
    P. S. Bitte sorge dafür, dass Chisola meine Perlenkette, das Notebook und den MP3-Player bekommt. Lass dir auf keinen Fall von Mama und Tine einreden, dass das den Zwillingen gegenüber unfair sei. Für dich sind alle meine Bücher, die CDs und die DVDs bestimmt. Was du doppelt hast, kannst du gerne für einen guten Zweck verkaufen oder der Bücherei stiften.

D rei
    Dass ich die Kunst des »Positiven Denkens« nicht beherrschte und ein katastrophales Liebesleben aufzuweisen hatte, bedeutete aber nicht, dass es nicht auch in meinem Leben etwas gab, das mich glücklich machte: mein Job nämlich. Daran musste ich sofort denken, als ich auf www.depri-na-und.de las, dass ein depressiver Mensch an überhaupt nichts Freude hat.
    Gleich schöpfte ich wieder Hoffnung: Möglicherweise war ich ja doch nicht depressiv! Oder nur ein bisschen.
    Ich hasste vielleicht mein Leben, aber ich liebte meinen Job. Ich freute mich jeden Tag auf meine Arbeit. Sehr untypisch für einen Depressiven.
    Dass ich die geborene Liebesromanautorin war, stellte ich im ersten Semester meines Germanistik-Studiums fest. Wir mussten – vermutlich als abschreckendes Beispiel – einen Arztroman lesen und analysieren, und im Gegensatz zu meinen Kommilitonen war ich ganz fasziniert von diesem genial durchkomponierten Liebesdrama auf achtzig klar verständlichen Seiten. Statt einer Hausarbeit über »Die Stellung und Bedeutung so genannter Schundromane in der Literatur« schrieb ich einen eigenen Arztroman. Es überraschte mich selber, dass ich das konnte, es war fast so, als würde mir die Geschichte der weißblond gelockten Kinderkrankenschwester Angela von einer überirdischen Macht diktiert. Angelas Charakter war so rein, und ihre Hände waren so geschickt, dass sowohl der verschlossene, aber gutherzige Chefarzt als auch der schuftige, aber blendend aussehende Oberarzt ihrem unschuldigen Charme erlagen. Sogar die hundsgemeine, rothaarige Oberschwester Alexandra musste am Ende zugeben, dass Neid und Intrigen nichts gegen das wahrhaftig Gute eines Menschen ausrichten können. Als der Chefarzt meiner Angelazum Schluss tief in die Augen schaute und ihr glaubhaft seine ewige Liebe versicherte, überkam mich eine nie gekannte Zufriedenheit. Ja, so musste es zugehen in der Welt, genau so und nicht anders. Das war nicht trivial, das war … existenziell! Ich fühlte mich wie jemand, der hinter ein ganz großes Geheimnis geblickt hat, ungefähr so wie Einstein sich gefühlt haben musste, als er seine Relativitätstheorie aufstellte.
    Noch am selben Abend schickte ich »Kinderkrankenschwester Angela« an den Aurora-Verlag und war kein bisschen überrascht, als sie sich schon ein paar Tage später meldeten und mein Manuskript tatsächlich drucken wollten.
    Außerdem wollten sie mehr.
    Meine Familie war ziemlich schockiert, dass ich das Studium an den Nagel hängte, um mich fortan unter den Pseudonymen Juliane Mark und Diane Dollar ganz und gar dem Schreiben von Liebesromanen zu widmen. Aber das war mir egal. Ich hatte etwas gefunden, das mir Spaß machte und das

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