Für Sloane ging sie durchs Feuer
wollen?«
Lassiter nickte. »Versuch macht klug. Sie könnten mir dabei helfen, Katy.«
Sie zog einen Flunsch. »Pah, ich bin eine kleine, unbedeutende Schneiderin. Was könnte ich schon groß tun? Gegen diese ausgebufften Winkeladvokaten habe ich nicht die Spur einer Chance.«
Lassiter verbarg seine Erleichterung. Der Bann war gebrochen. Katy schien ihm nicht mehr zu misstrauen.
»Abwarten«, sagte er gelassen. »So hoffnungslos ist der Fall nun auch wieder nicht. Zum Beispiel könnten Sie dem Gericht klarmachen, was dieser Duke Sloane für ein Hallodri war. Ich meine, nach dem, was mir zu Ohren gekommen ist, muss es für Martha der Schock ihres Lebens gewesen sein, als sie hinter sein wahres Gesicht kam.«
»Das ist wahr.« Katy nickte düster. »Martha konnte keiner Fliege etwas zuleide tun. Sie war nicht sie selbst, als sie Duke niederschoss.«
»Eben.« Lassiter schöpfte neue Hoffnung. »Wären Sie bereit, sich im Falle eines neuen Prozesses als Zeugin zur Verfügung zu stellen? Schließlich waren Martha und Sie einmal Freundinnen.«
Sie starrte ihn an. »Daran brauchen Sie mich nicht zu erinnern, Mr. Lassiter.«
»Pardon!« Er hob schuldbewusst die Hände. »Ist mir so rausgerutscht. Nehmen Sie’s mir bitte nicht krumm. Ich habe es echt nicht so gemeint, Katy.«
Ein paar Sekunden herrschte Schweigen.
»Schon okay.« Katy Warlock fuhr sich seufzend über die rotgeäderten Augen. »Sieht so aus, als wäre ich heute etwas überspannt. Die Sache mit Martha ist mir ziemlich an die Nieren gegangen. Es kommt nicht alle Tage vor, dass die beste Freundin jemanden umbringt.«
»Das verstehe ich, Katy«, sagte Lassiter leise.
Katy Warlock blickte auf, und zum ersten Mal kräuselte der Anflug eines Lächelns ihre fein geschwungenen Lippen. »Sie sind ein sehr verständnisvoller Mann, Mr. Lassiter«, sagte sie.
»Ich will Gerechtigkeit«, wiegelte er ab. »Mord ist nicht gleich Mord, meine ich.«
»Ja, da ist wohl was dran«, sinnierte die Frau hinter dem Arbeitstisch. Es dauerte einige Momente, bis ihr Gesicht einen entschlossenen Ausdruck annahm. »Nun denn, ich bereit, Ihnen zu helfen, Mr. Lassiter. – Was wollen Sie wissen?«
Jetzt lächelte auch Lassiter.
***
Gelächelt hatte Yago Batista zum letzten Mal, als er dem Cowboy mit dem strohgelben Halstuch in den Rücken geschossen hatte.
Es war in einer Quergasse in Santa Fé gewesen, und dieser Einfaltspinsel hatte tatsächlich geglaubt, er, Yago, würde ihm die Stirn bei einem Revolverduell bieten, nachdem sie beide im Saloon wegen einer Frau in Streit geraten waren.
Mann gegen Mann. Auge um Auge. Zahn um Zahn.
Doch Batista hatte ihm Traum nicht daran gedacht, sich freiwillig der unabwägbaren Gefahr auszusetzen, von einem Stück Blei getroffen zu werden.
Probleme dieser Art erledigte er auf seine Weise.
Als der Blödmann von einem Kuhhirten sich abgewandt hatte, um die entsprechende Duellposition einzunehmen, hatte Batista der Verlockung nicht widerstehen können. Gleich mit der ersten Kugel hatte er seinem Rivalen in den Hinterkopf geschossen. Als das Greenhorn seinen Geist aufgab, hatte sich ein ungläubiges Staunen in seine Totenfratze gekerbt.
Zum Glück hatte es keine Augenzeugen gegeben. Batista hatte Santa Fé unbehelligt verlassen. Vorher hatte er natürlich den prall gefüllten Brustbeutel des Cowboys an sich genommen. Fast einen Monat lang hatte er von den Bucks leben können.
Die Kutsche, in der Batista jetzt träge vor sich hindöste, fuhr langsamer und stoppte dann. Er hörte, wie der Fahrer gegen die Wand donnerte.
»Rast! Eine Stunde Rast!«
Batista schob seinen Hut aus dem Gesicht. Die übrigen drei Passagiere, zwei Handelsreisende und eine Ordensschwester, kletterten aus der Kutsche und lockerten ihre steif gewordenen Gliedmaßen.
Yago Batista folgte ihnen ins Freie. Er hakte beide Daumen in seine Gürtelschlaufen und atmete genussvoll den Duft der Tannennadeln ein, die von der Nachmittagssonne gewärmt wurden. In der Ferne konnte er die Gipfel einer Gebirgskette erkennen, die leuchtend rot funkelten. In großer Höhe segelte ein Raubvogel über den nahe gelegenen Nadelwald hinweg.
Batista ging ein paar Schritte, weg von den anderen.
Die Handelsreisenden unterhielten sich mit den beiden coachdrivers . Die Nonne stand ein Stück abseits, neben einem übermannshohen Säulenkaktus. Mit geneigtem Kopf und gefalteten Händen murmelte sie ein Gebet. Sie bewegte sich nicht, und in ihrem mantelähnlichen Übergewand mit den
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