Für Sloane ging sie durchs Feuer
weiten Ärmeln wirkte sie wie eine dieser Madonnenfiguren aus Holz, die er so manches Mal in einer der großen Kirchen gesehen hatte.
Batista blickte den welligen Trail entlang. Bis nach San Carlos konnte es nicht mehr allzu weit sein. Wenn’s hochkam, zehn Meilen. Noch vor Einbruch der Dunkelheit würde die Kutsche die Stadtgrenze passiert haben. So jedenfalls hatten es die beiden Kerle auf dem Kutschbock verlauten lassen, und die Hurensöhne würden es schon wissen. Schließlich fuhren sie die Strecke nicht zum ersten Mal.
Im nächsten Augenblick wurde Batistas Aufmerksamkeit von einer Staubwolke gefesselt, die jenseits des Hügels aufstieg, der unmittelbar vor ihnen lag.
Er zog seinen Hutrand tiefer, kniff die Augen zusammen und beobachtete den Staubschleier. Bald darauf schälten sich die schemenhaften Umrisse von zwei Pferden aus dem Dunst, ein Reiter mit seinem Packpferd.
Bei dem Anblick des Neuankömmlings regte sich ein Gefühl des Unbehagens in Batistas Eingeweiden. Er wusste nicht genau warum, aber sein Instinkt sagte ihm, dass schlechte Nachrichten im Anflug waren.
Kaum fünf Minuten später bestätigte sich seine Vorahnung.
Bei dem Berittenen handelte es sich um einen arbeitslosen Ranchhelfer namens George Merry, der die Gegend abgraste, um irgendwo einen Aushilfsjob zu ergattern. Der Cowboy kam geradewegs aus San Carlos.
Jason, der Kutscher, fragte ihn, was es Neues im County gäbe. Der Landstreicher antwortete auf die Frage, und plötzlich fiel ein Name, der Batista aufhorchen ließ.
Martha Coffins!
Unauffällig näherte sich Batista der Gesprächsrunde. Nur ein paar Yards von den anderen entfernt, zündete er sich eine Zigarre an und blickte scheinbar gleichgültig dem Adler nach, der noch immer seine Kreise über dem Wäldchen zog.
»Sie hat drei Schüsse auf Sloane abgefeuert«, verkündete George Merry. »Dann ist sie zum Marshal ins Büro und hat den Mord gestanden.«
»Buh!« Jason riss sich den Hut vom Kopf. »Tod und Teufel, ich glaube es nicht! Martha und Sloane waren wie ein Herz und eine Seele. Wenn irgendjemand was Böses über Sloane sagte, konnte das Mädel fuchsteufelswild werden.«
»Das stimmt«, meinte sein Beifahrer, »ich war mal dabei, wie sie einem Kerl eine runterhaute, weil er Witze über ihren Bräutigam gerissen hat.«
»Es heißt, dass Sloane es mit der Treue alles andere als genau genommen hat«, sagte der Cowboy. »Seine Weibergeschichten sind Thema in jedem Saloon gewesen. Ich war selbst dabei, als ein paar Jungs Wetten abschlossen, welches Girl der Bastard als Nächste flachlegte.«
Der Beifahrer grinste. »Hab selbst mal zwei Dollar gewonnen, weil mein Tipp der richtige war.«
»Auf wen hattest du gesetzt, Jim?«, fragte Jason.
»Auf Clara, das holde Eheweib von Pettigrew, dem Storeman aus dem Kolonialwarenladen.«
Die Männer lachten rauhalsig.
Batista kam sich vor, als wäre er in einem falschen Theaterstück gelandet. Als Hamlet in einem Saloon an der Borderline zwischen Texas und Mexiko. Das Miststück, das auf seiner Abschussliste stand, war offenbar in den Knast gewandert.
» Caramba« , murmelte er leise.
Das Gelächter der anderen brachte ihn zur Weißglut. Am liebsten hätte er seinen Feuerspucker aus dem Holster gerissen und diese grölenden Saukerle über den Haufen geschossen.
Doch schon im nächsten Moment hatte sich der Menschenjäger wieder in der Gewalt. Er spitzte die Ohren.
»Sie haben Martha zu fünf Jahren verknackt«, erzählte George Merry. »Jetzt sitzt sie im City Prison von Dallas. Das Leben im Knast ist kein Zuckerlecken, auch für Frauen nicht.«
Batista kämpfte um Fassung, ließ sich jedoch nichts anmerken. Was er da eben gehört hatte, schnürte ihm fast die Kehle zu. Er war Hunderte von Meilen gereist, um den Zweitausend-Dollar Job zur Zufriedenheit von Belinda McDermott zu erledigen. Und was passierte? Diese dämliche Stallgehilfin schlachtete ihren Liebhaber ab und verdrückte sich hinter schwedische Gardinen. Schlimmer hätte es wahrlich nicht kommen können. Jetzt stand er da wie ein Trottel.
Mühsam beherrscht saugte Batista an seiner Zigarre.
Es gab aber noch mehr unangenehme Neuigkeiten.
»Neulich ist so ein seltsamer Kerl in San Carlos aufgetaucht«, berichtete George Merry weiter. »Er wollte zu Martha, und als er hörte, was passiert war, rannte er von einem zum anderen, um Zeugen ausfindig zu machen, die Martha entlasten könnten. Er will einen neuen Prozess.«
»Nanu?« Jason, der Kutscher, zog seine
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