Fuer Wunder ist es nie zu spaet
hier
versorgen.«
»Ja.«
»Diese Woche müssen wir wahrscheinlich morgens und abends von Hand
wässern. Und da wären noch die Etiketten, die müssen wir nachdrucken, und . .
.«
Jens geht vorsichtig durch die engen Reihen von winterharten
Stauden. Die Sonne scheint durch das hohe Dach des Gewächshauses, neben ihm
geht sein Assistent Staffan und notiert alles, was gemacht werden muss.
»Was machen wir mit den Bananen, ist es für die im Transporter nicht
zu kühl?«
Jens bleibt stehen und denkt über Staffans Frage nach.
»Ach, das geht schon. Etwas Kälte können sie ab. Wann war noch mal
der Termin im Botanischen Garten?«
»Um zwei sollst du dort sein.«
»Okay, dann gehe ich jetzt mal unter die Dusche.«
»Mach das, ich kümmere mich um die Etiketten.«
Jens lässt den Blick ein letztes Mal über das Gewächshaus schweifen
und nickt stumm.
»Ich übernehme die Etiketten und das Wässern, versprochen. Das
schaff ich schon. Du kannst duschen gehen.«
»Klar, und ich bin heute Abend ja wieder da.«
Sie stehen schweigend da und atmen den Duft von all den knospenden
Perennen ein. Jens sieht Staffan fragend an.
»Ich bin ein bisschen nervig, oder?«
Staffan grinst. »Aber nur ein bisschen.«
Jens geht zum Ausgang und lacht sein heiseres, etwas zu lautes
Lachen. Ein ansteckendes Lachen, das ihm leichtfällt. Es kommt so automatisch
wie ein »Autsch!« nach einem Tritt vors Schienbein. Er denkt an etwas, das nur
ein kleines bisschen lustig ist, und dann kommt das Lachen wie von allein. Und
jetzt merkt er, dass er selbst komisch wirkt. Ein bisschen verschroben. Es ist
ja auch selten dämlich, jemandem, der seit Jahren in seinem Gewächshaus
arbeitet, zu erklären, wie die Pflanzen gehegt und gepflegt werden müssen.
Der schwerfällige Hofhund Baby kommt angewackelt und erbettelt eine
letzte Umarmung. Er drückt seinen riesigen Kopf gegen Jens’ Bauch und schiebt
sich beharrlich an ihn heran. Jens umarmt den Leonberger und streicht ihm über
das lange Fell. Sie setzen sich nebeneinander, Jens mit dem Arm um Babys
breiten Rücken, Kopf an Kopf, den Blick auf die Gewächshäuser gerichtet. Wie
drei große Raumstationen hocken sie mitten im Tal. Bei zwei von ihnen sind die
Dächer eingeklappt, damit die Sonne all die winterharten Stauden wärmen kann,
die da drinnen wachsen und ausschlagen.
Schön ist es hier im kleinen Björkdalen, vierzig Kilometer von
Duvköping entfernt. Vierzig Kilometer von allem entfernt, was Leuten
normalerweise wichtig ist, weit weg von billigen Supermärkten, Fußgängerzonen,
Videotheken, Würstchenbuden, Bars und Versicherungsmaklern. Wenn man Jens
fragt, dann lebt er vierzig Kilometer von nichts Besonderem entfernt. Aber
dafür ganz nah bei allem, was ihm wichtig ist:
Birkenwald, Tiere, Wiesen, kleine Höfe, Elchjagd und frische eisenreiche
Binnenseen.
Jens ist im Haus seiner Eltern geboren, und zwar nicht, weil seine
Mutter von Hausgeburten überzeugt gewesen wäre, sondern weil er so schnell kam.
Als es an jenem Sommermorgen vor fast dreiundvierzig Jahren so weit war,
schaffte Mutter Gun es nicht weiter als bis in die Diele. Dort, zwischen
Gummistiefeln, Arbeitsoveralls und Schutzhandschuhen kam Jens auf die Welt.
Grünäugig, schwarz gelockt und heiser.
So ist er immer noch, nur ein bisschen größer. Genau genommen ein
ziemliches Stück größer. Aber das lockige Haar steht immer noch wirr um seinen
Kopf, und die Augen leuchten grün unter den dicken Brauen, die zu einer einzigen
zusammenwachsen würden, wenn nicht Mutter Gun sich ab und zu ein Herz fassen
und ein paar Haare auszupfen würde, sodass wieder zwei daraus werden.
»Jens! Ich koche gerade Tomatensuppe, soll ich ein bisschen mehr
machen? Dann kannst du eine Portion mit zum Botanischen Garten nehmen, du weißt
doch, sie liebt meine Tomatensuppe.«
Gun steckt den grau gelockten Kopf aus dem offenen Küchenfenster.
»Hör mal, ich kann doch wohl nicht mit Tomatensuppe zu Ylva kommen.«
»Natürlich kannst du das! Bring ihr Suppe mit, dann erinnert sie
sich besonders gut an dich, und vielleicht verabredet ihr euch mal und . . .«
»Mama. Ylva ist verheiratet.«
»Ist sie nicht, sie hat nur einen Lebensgefährten.«
»Aber sie hat einen Mann. Lass es.«
»Schaffst du es noch, mit uns Mittag zu essen? Außerdem habe ich
Honig geschleudert, davon könntest du auch was mitnehmen.«
»Jetzt soll ich auch noch Honig mitnehmen, oder was?«
»Und vielleicht eine Kiste Gurken, wir haben tonnenweise davon.
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