Fuer Wunder ist es nie zu spaet
so überglücklich war. Sie formten Seehunde, dicke Seehunde in
Lebensgröße, die auf den Klippen herumlagen und sich ausruhten. Am nächsten Tag
waren sie weg, der Regen hatte sie zurück in den Vänersee gespült. Vielleicht
waren sie aber auch lebendig geworden und davongeschwommen? Das zumindest war
Pelles Überzeugung.
Ach, was hatte sie sich damals in ihn verliebt! Als der berühmte
Bildhauer Pelle Hannix vor den Studenten stand und erzählte, wie er arbeitete,
überlegte und sich inspirieren ließ. Die ganze Klasse bekam Lust, gleich
loszulegen und zu schaffen, schaffen, schaffen oder sich voller Glückseligkeit
in seine Arme zu werfen. Maja entschied sich für Letzteres.
Erst neunzehn Jahre alt war sie damals. Die Jüngste in der Klasse,
begabt und etwas anstrengend. »Anstrengend stur«, pflegte Pelle sie zu nennen.
Wunderbar anstrengend stur, sowohl was die Kunst, als auch was die Liebe
anging. Pelle war schließlich verheirateter Vater von vier Kindern, als er da
vor der Klasse an der Kunstakademie stand und so schön inspirierend wirkte.
Vielleicht nicht unbedingt glücklich verheiratet, aber zumindest ein
fünfzigjähriger Mann mit einem Familienleben. Maja hingegen war jung, Single,
lebte in einer Einzimmerwohnung mit Untermietvertrag, kaputten Heizkörpern,
Geschirrspülwanne in der Dusche und Kochplatte im Schrank.
Aber trotzdem standen sie schließlich voreinander, Gesicht an
Gesicht. In der frostigen Dezemberdunkelheit, als der Schnee wie wolkige
Bauernmalerei um sie herum niedersank.Vor dem weihnachtlich geschmückten
Grandhotel am Strandvägen. Sie hatten soeben einen betrunkenen Kunstprofessor
per Taxi wegbefördert. Der Mann war sternhagelvoll gewesen, nachdem er sich auf
dem alljährlichen Weihnachtsfest der Stockholmer Kunstakademie mit Unmengen von
Wein hatte volllaufen lassen. Anschließend hatte er sich mit Rotweinlippen
daran gemacht, jedes Lebewesen in seiner Umgebung anzubaggern, weshalb Pelle
und Maja ihn von den höhnisch lachenden Studenten wegschaffen mussten. Doch im
Suff hatte der Professor plötzlich eine Fahrstuhlphobie entwickelt. »Nein,
nicht mit dem Fahrstuhl!«, hatte er gerufen. Na gut, also mussten Pelle und
Maja hundert Kilo schwankenden Kunstprofessor unendlich viele Treppen
runterbugsieren und ihm ein Taxi rufen.
Als der volltrunkene Herr im Auto festgeschnallt und auf dem Weg
nach Hause war, blieben Pelle und Maja übrig. Erst lachten sie über den
betrunkenen Professor. Sie lachten ein bisschen zu lange, denn so wahnsinnig
lustig war es auch wieder nicht, aber irgendwie gab es nicht viel mehr, worüber
sie hätten reden können. Dann wurde es still. Nur noch ihre Nasenspitzen, die
weiße Wolken ausstießen. Zwischen ihnen ein ganzes Leben. Maja, begabt und ein
ungezügeltes Versprechen, Pelle, etabliert und eine erfüllte Hoffnung.
Pelle kam sich vor wie ein kleiner Schuljunge. Maja hatte die Zügel
in der Hand, sie wollte ihn. Und sie sagte es laut, und sie flüsterte es. Dass
sie ihn schon seit Monaten wolle, dass sie zusammengehörten, und zwar für
immer, dass sie es einfach wisse. Pelle hatte gar nicht so weit gedacht, ganz
und gar nicht. Aber als sie vor ihm stand mit ihren langen, glatten Haaren, die
von den Schneeflocken ganz weiß wurden, und mit ihrem Mund, auf dem der
Lippenstift etwas verrutscht war, mit diesen kräftigen kohlschwarzen Augenbrauen
und dem Herzen, das sich ganz weit öffnete, da nahm er ihren Kuss entgegen.
Vielleicht dachte er ganz kurz an seine Frau und die Kinder. Doch dann verschwanden
sie wie kalte Schneeflocken auf warmem Asphalt. Sie schmolzen weg, und er
schmolz dahin. Hin zu Maja.
»Wie läuft’s? Du wolltest doch heute ein paar Skizzen machen,
von dem . . .«
»Was?«
Maja wird etwas zu schnell von einem verschneiten Stockholm in einen
frühlingsfeuchten Schlossgarten versetzt.
»Nee, da ist nichts draus geworden. Ich bin eingeschlafen. Ich weiß
nicht. Irgendwie bin ich so . . . verdammt uninspiriert. Ich will gar nichts.
Einfach nur schlafen. Oder vielleicht nicht schlafen, sondern eher . . .«
»Eher was?«
Abhauen, will Maja sagen. Mich in ein Boot setzen und abhauen.
»Eher was ganz anderes machen. Zumindest für eine Weile. Damit ich
wieder in Gang komme. Oder was meinst du?«
»Das solltest du unbedingt tun! Also, als ich in den Siebzigern in
Paris gearbeitet habe, du weißt schon, das war dieses Inkamonument in Bronze,
da hatte ich genau dieses Gefühl. Einfach mal . . . Obwohl, nein, das war
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