Fuer Wunder ist es nie zu spaet
schwingt sich zwischen den Wänden des Salons
mit den bäuerlichen Spielen hindurch und landet direkt in der Senfsoße. Plopp.
»Ich möchte echt nicht undankbar wirken, das weißt du. Aber ich
fühle mich hier so eingesperrt . . .«
»Aber du wolltest doch . . . ich habe dich andauernd gefragt, und du
hast gesagt . . .«
»Du musst dich nicht verteidigen, ich gebe dir keine Schuld.«
»Aber es gefällt dir doch auch, oder?«
»Klar gefällt es mir . . . Aber jetzt rede ich grade mal von dem,
was nicht gut ist, okay?«
»Du musst doch nicht das Gefühl haben, eingesperrt zu sein, du hast
die Freiheit, ganz genau das zu machen, was du willst. Reisen oder
hierbleiben.«
»Es geht doch nicht nur um diese Insel, Pelle . . . Oder ich weiß
nicht. Eigentlich kam mir alles richtig toll vor. Woher zum Teufel sollte ich
wissen, dass ich . . . dass ich nicht würde arbeiten können! Dass ich dieses
Atelier einfach nur wie ein Gefängnis empfinden würde. Ich sitz da und quäl
mich rum, verdammt. Und gleichzeitig höre ich, wie du im Saal nebenan mit
Leidenschaft Meisterwerke schaffst. So hatte ich mir das nicht vorgestellt. Du
ahnst gar nicht, wie es sich anfühlt, ich zu sein, während dir immer nur
zugejubelt wird.«
Maja spürt einen Kloß im Bauch, diesen Heulkloß. Verdammt, jetzt
bloß nicht weinen, das wäre so jämmerlich. Sie reibt sich intensiv die Augen,
um die Tränen zurückzuhalten. Pelle lehnt sich mit verschränkten Armen leicht gekränkt
auf dem Stuhl zurück.
»Es jubeln überhaupt nicht alle.«
Maja springt sofort drauf an, hört auf, sich die Augen zu reiben.
»Richtig, entschuldige, nur fast alle jubeln.
Andauernd rufen Leute an und wollen was von dir. Pelle Hannix, bitte, nur eine
kleine Statue, bitte, Pelle, komm doch und halt einen Vortrag in New York, nur
ganz kurz, bitte, bitte. Und wer ruft mich an?«
»Es rufen auch Leute für dich an, gestern erst deine Freundin E. .
.«
»Du kapierst gar nichts, oder?«
»Doch, doch, ich wollte nur sagen, dass die Leute dich auch mögen
und . . .«
»Mögen ist etwas völlig anderes. Das weißt du. Ich will arbeiten!
Eigenes Geld verdienen. Nicht herumsitzen und von dir Taschengeld kriegen, das
ist doch unwürdig.«
»Du kriegst kein Taschengeld. Wir teilen alles! Wir sind
verheiratet. Was mir gehört, gehört auch dir, ich stelle keine Forderungen an
dich.«
»Genau das ist doch der Punkt! Niemand stellt Forderungen an mich,
niemand verlangt etwas von mir. Ich kann in meinem verdammten Atelier sitzen
und den ganzen Tag lang Damwild im Gegenlicht zeichnen oder schlafen, das
interessiert niemanden. Interessierst du dich dafür? Kommst du manchmal rüber
und schaust dir an, was ich mache?«
Pelle streckt sich gequält und seufzt theatralisch.
»Nein, aber du bittest mich auch nicht darum.«
Maja beißt die Zähne zusammen und reibt sich die Augen.
» Bitten? Muss ich dich bitten zu
kommen, bin ich so verdammt uninteressant, oder was?«
»Du kommst doch auch nie rüber und siehst dir meine Projekte an.«
Maja steht auf und fuchtelt wütend mit den Armen.
»Es dreht sich doch alles nur um deine Projekte! Es sind deine
Skulpturen, deine Karriere, deine fetten Vorschüsse, über die wir reden, deine
Ausstellungen. Na ja, stimmt, das, woran du gerade arbeitest, habe ich noch
nicht gesehen, aber nur, weil ich es nicht anschauen darf! Außerdem reden wir jetzt grade mal nicht von dir, sondern von mir.«
Maja atmet etwas ruhiger, setzt sich wieder und wischt eine Träne
weg, die es trotz eifrigen Reibens auf ihre Wange geschafft hat.
»All das . . . mein Leben. Ich weiß, dass ich es selbst gewählt
habe, aber es fühlt sich an, als würde ich . . . als würde ich dein Leben
leben. Deine Träume. In einem Schloss wohnen! Meine Güte, wenn meine Einkünfte
der Maßstab wären, dann würden wir in einer Bruchbude ohne Strom leben.
Verstehst du? Das hier bin nicht ich! Du bist ein Schloss. Ich bin . . . eine
Hütte mit Plumpsklo. Und das Klo stinkt, das sag ich dir.«
Pelle hört zu, streckt seine Hand zu Majas hinüber, versucht ihre
Fingerspitzen zu streicheln, aber sie zieht ihre Hand schnell weg. Also nimmt
Pelle stattdessen einen Schluck von seinem Wein.
»Was soll ich denn tun? Ich habe doch alles getan! Ich habe
versucht, deine Werke bei verschiedenen Galerien unterzubringen, ich habe deine
Kunst gekauft, ich habe meine Kontakte für dich eingesetzt, ich habe alles
getan!«
»Klar hast du viel für mich getan. Aber nur das, was für
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