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Fürchte dich nicht!

Fürchte dich nicht!

Titel: Fürchte dich nicht! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Grafit
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einem Glas Wein, konnte sie herrlich abschalten, wenn sie die Tiere durch eine Lupe betrachtete. Und als Heiner sie zum ersten Mal in ihrer Wohnung besuchte, hatte sie den Satz gesagt, der ihr schon lange auf der Zunge lag: Möchtest du meine Zeckensammlung sehen? Anschließend hatte sie schallend gelacht, sein Zusammenzucken und der entgeisterte Gesichtsausdruck waren zu putzig gewesen. Und das bei einem Mann, der immerhin im Gesundheitsministerium arbeitete.
    Die blaue Stahltür ihres Büros öffnete sich. Daniel Felsenburg, einer der wissenschaftlichen Mitarbeiter ihrer Abteilung, kam herein.
    »Wir haben zwei neue Fälle von FSME. Ein älteres Paar.«
    »Wo?« Viola ärgerte sich, dass Daniel schon wieder das Anklopfen vergessen hatte. Obwohl sie ihm mehrfach gesagt hatte, wie wenig sie es leiden konnte, wenn er einfach hereinplatzte.
    »Du wirst es nicht glauben.« Ein Lächeln spielte um seine Lippen. Daniel sah aus wie ein junger Römer. Adlernase, braune Augen und lockiges schwarzes Haar. Trotzdem nicht Violas Typ. Auch wenn er sich anstrengte.
    »Mach’s nicht so spannend!«
    »In Köln.«
    Das Lächeln verstärkte sich und bekam einen sexuellen Unterton. Er konnte es nicht lassen, sie anzumachen. Aus reiner Gewohnheit, vermutete Viola. Wahrscheinlich zog er die Masche bei jeder Frau ab, die in sein Beuteschema passte.
    »Gibt es Hinweise auf den Ort der Infektion?«
    »Die beiden haben Köln nicht verlassen.«
    »Klingt nicht sehr glaubwürdig.« Viola blickte ihm kühl in die Augen. »Vielleicht haben sie vergessen, dass sie letzte Woche einen Ausflug in den Schwarzwald gemacht haben.«
    »Denke ich nicht. Es handelt sich um Hartz-IV-Empfänger. Die würden sich an einen Ausflug erinnern. Angeblich haben sie sich die Zecken in einem Park in der Innenstadt eingefangen.«
    »Ein Park in der Innenstadt?«, wiederholte Viola skeptisch. »Das wäre ungewöhnlich.«
    »Genauso ungewöhnlich wie die Fälle in Dortmund und Hamburg«, trumpfte Daniel auf. »Wenn du mich fragst, haben wir es mit einer neuen Entwicklung zu tun. Die Zecken passen sich dem städtischen Lebensraum an.«
    »Aus wenigen Einzelfällen kannst du keine allgemeine Entwicklung ableiten«, widersprach Viola. »Statistisch fällt das in den Zufallsbereich.«
    »Der Mann aus Dortmund ist übrigens gestorben.«
    »An FSME?«
    »Er ist aus dem Bett gefallen und hat sich mit einem Schlauch erwürgt.«
    »Dann können wir das wohl nicht als FSME-Todesfall werten.« Viola blätterte demonstrativ in einem Stapel Akten. Die Audienz war beendet.
    »Geht’s dir gut?« Daniel rührte sich nicht vom Fleck.
    »Ja. Danke der Nachfrage.«
    »Ich meine ja nur. Du siehst blass aus.«
    »Wie blass? Psychisch-krank-blass? Sonnenmangelblass? Oder leichenblass?«
    Daniel war beleidigt. »Entschuldige bitte, wenn ich dir zu nahe getreten bin.«
    »Keine Ursache.« Viola versteckte ihre Gereiztheit nicht länger hinter Ironie. »Glaubst du, ich weiß nicht, dass sich hier alle das Maul über mich zerreißen. Ich habe heute einen Fehler begangen, das gebe ich zu. Ich bin nämlich mit der U-Bahn zur Arbeit gefahren. Das ist mir nicht gut bekommen. Aber es wird nicht wieder vorkommen, das verspreche ich dir. Morgen siehst du mich frisch und ausgeruht.«
    Daniel hielt die Luft an und ließ sie langsam durch die Nase entweichen.
    »Mein Gott, Viola!«, stöhnte er frustriert.
    »Und Daniel?«
    »Ja?«
    »Beim nächsten Mal klopfst du bitte an, bevor du mein Büro betrittst.«
    Er rannte hinaus und riss die Tür hinter sich zu.
    War das nötig gewesen? Warum musste sie immer so verdammt patzig sein? Möglicherweise empfand Daniel tatsächlich so etwas wie Sympathie für sie. Eigentlich war er gar nicht so schlimm. Ein kleiner Junge, der andere mit seinem Aussehen und seinem Charme beeindrucken wollte. In ihrem früheren Leben hätte Viola damit umgehen können. Jetzt nicht mehr. Sobald auch nur die leiseste Anspielung auf ihre psychische Gesundheit kam, ging sie hoch. Wenn sie so weitermachte, würde sie bald so einsam sein wie ein Einhandsegler auf dem Ozean.
    Viola dachte an die neuen FSME-Fälle. Nördlich von Hessen und zudem in einer Großstadt – das war tatsächlich bemerkenswert. Allerdings konnte man den Patienten nicht trauen. Verwirrt vom Fieber und anderen Krankheitssymptomen, machten sie oft falsche Angaben. Trotzdem – sollten weitere Fälle auftreten, würde sie sich der Sache annehmen müssen.

5
Norden, B70

    Martin Geis stand im Stau. In dem Stau, der

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