Funkelnde Leidenschaft
Gastgeberin, lasen den hellen Zorn in ihrer Miene.
Abrupt fiel die Tür ins Schloß. Nun muß ich mich wohl taktvoll entschuldigen und eine Erklärung abgeben, dachte er, kurz bevor Lillebet ihre Erfüllung fand und auf seine Brust herabsank, bevor auch er seine Leidenschaft befriedigte.
Eine halbe Stunde später kehrte er allein ins Erdgeschoß zurück. An eine dekorative Säule im Ballsaal gelehnt, ein Glas Brandy in der Hand, beobachtete er die fantasievoll kostümierten, mit Juwelen geschmückten Spitzen der Bostoner Gesellschaft. Eine der Damen, deren Frisur völlig ruiniert war, hielt sich noch im Oberstock auf. Aber er bezweifelte nicht, daß die entnervte Zofe ihre Herrin hastig zurechtmachen und Mrs. Theodore Ravencour ihr elegantes Pompadour-Kostüm bald wieder präsentieren würde.
Auch Jon Hazard Blacks exotische Kleidung sah wieder präsentabel aus. Nur die aufmerksamsten Betrachter würden die Lederschnur vermissen. Jetzt wurden seine langen schwarzen Haare von einem hellblauen Band zusammengehalten, das Lillebet in aller Eile von ihrem Mieder abgetrennt hatte. Er unterdrückte ein boshaftes Grinsen und hoffte, daß ein Dienstmädchen das Bett machen und die Lederschnur in den zerwühlten Seidenlaken finden würde, ehe die Hausgäste das Schlafzimmer betraten.
Fünf Minuten später sah er Cornelia Jennings, die Gastgeberin, scheinbar ziellos durch den Saal schlendern. Immer wieder blieb sie stehen, um sich lächelnd mit den Leuten zu unterhalten.
Aber er wußte, daß sie ein ganz bestimmtes Ziel ansteuerte, nämlich seine Person. »Wie konntest du nur, John!« zischte sie, sobald sie nahe genug an ihn herangekommen war. »Großer Gott, sie ist meine Schwägerin! Bedeute ich dir so wenig?«
»Ganz im Gegenteil, Cornelia, ich bete dich an. Du bist die schönste, zauberhafteste Gastgeberin von ganz Boston.«
Sofort erlosch der Zorn in ihren grauen Augen. »O Hazard …« Von den Falten ihres voluminösen Rocks verborgen, stahl sich ihre Hand in seine. »Ich habe dich so vermißt. Jetzt ist es schon vier Tage her.«
Er nickte verständnisvoll. »Leider muß ich mich auf Prüfungen vorbereiten, meine Liebe. Und mein Tutor ist ziemlich unduldsam.«
»Oben steht dein Lieblingsbrandy bereit«, flüsterte sie und zog ihn unauffällig von der Säule weg.
Er leerte sein Glas, dann lächelte er, schaute in ihre flehenden Augen und ließ sich zur Treppe führen.
Zum zweitenmal an diesem Abend landete er in seidenen Laken und tat sein Bestes, um sich den Gepflogenheiten der vornehmen Bostoner Gesellschaft anzupassen.
2
Während der Studienjahre in Boston widmete sich Hazard nicht nur seinen Affären mit charmanten Damen, sondern auch der Wissenschaft – ein Interesse, das er noch viel eifriger verfolgte. Gewissenhaft erfüllte er den Wunsch seines Vaters und eignete sich alle Kenntnisse an, die er brauchte, um seinen Clan in die Zukunft zu führen. Niemals vergaß er, warum er hierhergeschickt worden war.
Ermutigt von dem Geologen Ramsay Kent, einem Baronet aus Yorkshire, der Hazards Absarokee-Tante geheiratet hatte, studierte er Geologie bei dem Schweizer Agassiz. 1847 hatte man dem berühmten Naturwissenschaftler einen Lehrstuhl in Harvard angeboten.
Das Agassiz Museum in Harvard, zwei Jahre vor Hazards Immatrikulation gegründet, wurde seine zweite Heimat. Bereitwillig half er den Angestellten, die Sammlung zu katalogisieren, und fand in Louis Agassiz einen warmherzigen Freund. Der etwa fünfzigjährige Mann interessierte sich lebhaft für die Tagespolitik, über die sie häufig diskutierten.
Durch Agassiz lernte Hazard auch die Frauenrechtsbewegung kennen und wurde über die Gegner der Sklaverei und den geplanten Abfall mancher Südstaaten von der Union informiert. Gesellschaftliche Veränderungen lagen in der Luft.
Manchmal ließ sich Hazard von seinen Kommilitonen zu vergnüglichen Aktivitäten überreden. Aber er verließ seinen Schreibtisch nur, wenn es sich auch wirklich lohnte. Eines Abends kam ein junger Mann, der einen dunklen Anzug trug, in Hazards Zimmer und sank in einen Polstersessel. »Zieh dich um, wir gehen aus.«
»Keine Zeit.«
»Nun komm schon! Wir fangen mit Mamas Donnerstagsparty an. Schließlich hat sie mir das Versprechen abgenommen, ›diesen netten jungen Mann vom Yellowstone‹ mitzubringen. Offenbar hast du sie tief beeindruckt mit deinem Gerede über Longfellow und Hiawatha 4 .«
»Vielleicht ein andermal, Parker. Heute habe ich zu tun.«
»Meine Schwester Amy ist
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