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Funkensommer

Funkensommer

Titel: Funkensommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Holzinger
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oder mir Jellys Laptop ausleihen konnte, wenn ich ins Internet wollte. Was ich jetzt dringend muss. Aber während der Sommerferien komme ich an die Schulcomputer nicht heran, und Jelly will ich wegen ihrem Laptop nicht fragen. Nicht nach dem, was sie getan hat!
    Also bleibt mir nichts anderes übrig, als es mit dem Klapperkasten aufzunehmen. So ein Mist! Schon das Einwählen ins Internet dauert ewig. Als sich endlich das Fenster zur Suchmaschine öffnet, gebe ich das Wort ein und drücke auf Eingabe. Träge Sekunden verstreichen, ehe der Computer die entsprechenden Seiten auflistet. Mit klopfendem Herzen klicke ich den ersten Beitrag an. Es ist ein Zeitungsartikel. Treyes – neue Partydroge überschwemmt die Discos, lese ich als Überschrift. Ich überfliege den Artikel, klicke weiter, weil ich weiter unten einen Link entdeckt habe, der interessanter zu sein scheint. Wieder warte ich, bis der Computer die Daten geladen hat. Endlos. Schließlich öffnet sich ein Fenster. Es ist eine Infoseite über Partydrogen. Zögernd fange ich zu lesen an:
     
    Treyes ist eine synthetisch hergestellte Partydroge, die ihren Ursprung im geheimdienstlichen Umfeld (als Wahrheitsserum) hat. Später wurde die Droge für medizinische Versuchszwecke verändert und mit Psychopharmaka versetzt. Heraus kam eine Substanz, die die vorherrschenden Gefühle eines Menschen verstärkt und kurzzeitig zu Tage fördert. Später wurde auch die Drogenszene auf das Präparat aufmerksam und begann es in Tablettenform (meist grünlich mit einem eingravierten T) auf dem Schwarzmarkt zu reproduzieren.
    Treyes wirkt sich stark auf das Gefühlsleben eines Menschen aus, daher ist von einer längerfristigen Einnahme dringend abzuraten, da es die Nervenbahnen im Gehirn schädigt und die menschliche Psyche verändert. Außerdem sollte Treyes niemals in Kombination mit Alkohol oder anderen Drogen sowie Medikamenten eingenommen werden, da die Gefahr einer Leberschädigung besteht. Auch die typischen Silberaugen sind ein – wenn auch harmloser – kurzzeitiger Nebeneffekt der Designerdroge. Denn die darin enthaltene Substanz N.P. bewirkt eine Erweiterung der Pupillen, die Augen bekommen einen silbrigen Glanz. Ein stierer, eindringlicher Blick ist während des Treyes-Konsums typisch. Daraus hat sich auch der Name der Droge abgeleitet: Treyes, das steht für True Eyes. Eine Anspielung auf den Sinnspruch: »Die Augen sind der Spiegel der Seele. « Denn diese Droge kehrt das Innenleben eines Menschen bedingungslos nach außen. Konsumenten, die Treyes eingenommen haben, berichteten davon, dass sich ihr Leben während des Rauschzustandes »authentisch und richtig« anfühlt. Das ist wohl auch der Reiz an dieser gefährlichen Substanz.
     
    Mein Magen rumort. Es gibt dieses Zeug also wirklich und Raphael nimmt es. Daran besteht kein Zweifel. Seine Augen haben ihn verraten. Nur … was soll ich jetzt machen? Soll ich meinen Bruder zur Rede stellen? Oder Mama und Papa Bescheid geben? Die würden aus allen Wolken fallen und mir bestimmt nicht glauben. Aber schweigen kann ich auch nicht. Wenn das Zeug wirklich so gefährlich ist, vor allem in Kombination mit den Medikamenten und Alkohol, dann … kann ich nicht schweigen. Darf ich nicht schweigen! Während der Computer vor mir brummt und keucht, zermartere ich mir unaufhörlich das Hirn, wie ich Raphael zur Rede stellen könnte. Da höre ich, wie jemand den Gang entlangkommt und auf die Bürotür zusteuert. Hastig versuche ich, die aufgeschlagene Seite wegzudrücken, doch der Klapperkasten beharrt auf seinem Schneckentempo. Als sich die Türklinke herunter bewegt, schaffe ich es gerade noch, eine Suchmaschine oben in den Pfad einzugeben und meinen Zeigefinger auf die Entertaste springen zu lassen. Da geht auch schon die Tür auf und Papa steckt die Nase durch den Türspalt.
    »Ach so, du bist es«, brummt er. »Ich habe den Computer gehört und dachte, dass ich vergessen hätte, ihn auszuschalten.« Er sieht mich interessiert an. »Was schaust du denn da? Was für die Schule?«
    Mach schon, kreische ich innerlich, weil die Infoseite immer noch auf dem Bildschirm prangt. Panisch drücke ich auf Enter. Mehrere Male. Klack-Klack-Klack. Papa umrundet den Tisch und kommt auf meine Seite. Mit wissbegierigen Augen. Und einer neugierigen Nase. Endlich erscheint das Suchmaschinenfenster auf dem Bildschirm und ich schnaufe erleichtert auf. Meine Finger fliegen über die Tasten, geben irgendetwas in das Kästchen ein. Hastig. Ohne lange

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