Funkensommer
wieder.
»Und diese ganze Aktion, von wegen, ich solle mich endlich bei meinen Eltern durchsetzen … das hast du nur gemacht, um Raphael wachzurütteln?«
»Nein«, ruft Jelly dazwischen. »Na ja, vielleicht ein bisschen«, gibt sie leise zu, als sie sieht, dass ich ihr nicht recht glauben will. »Aber wirklich nur ein kleines bisschen. Ehrlich! Du bist meine allerbeste Freundin. Ich will doch nur, dass es dir gut geht!«
Mit einem Schlag fühle ich mich verraten. Verraten und belogen von meiner allerbesten Freundin. Von meiner Jelly-Bean, die sie jetzt gar nicht mehr ist. Mit eisigem Blick sehe ich sie an. »Du willst, dass es mir gut geht?«, zische ich. »Das ist doch Mist, was du da erzählst! Du willst, dass es dir gut geht! Schau, was passiert ist! Raphael weiß jetzt, dass Finn und ich ein Paar sind. Und das nur, weil du wieder einmal deinen Willen durchsetzen musstest, indem du eine Szene auf der Tanzfläche abziehst. Hättest du dich zurückgehalten, hätte Goldlöckchen sich auch nicht verplappert. Ich hab dir doch schon tausendmal gesagt, wie schlimm es sein würde, wenn mein Bruder Bescheid weiß. Du hast ihn gestern selber erlebt! Doch dir war das alles egal. Und ich blöde Kuh dachte auch noch, ich kann dir vertrauen. Dabei hast du alles verraten. Mit deinen Lügen hast du alles kaputt gemacht! Und du hast nicht nur mich benutzt, sondern auch ihn. Von Tobias ganz zu schweigen.«
Jelly sieht mich mit tränennassen Augen an. »Es tut mir so leid. Ehrlich, ich wollte das nicht. Ich wollte dir nur helfen. Ich weiß doch, wie es ist, wenn man verleugnet wird. Ich wollte nicht, dass es Finn mit dir genauso ergeht und ihr euch verliert.«
»So ein Mist!«, schreie ich jetzt. »Du wolltest nur dir helfen, indem du Raphael eifersüchtig machst. Sonst nichts!«
Jelly blickt beschämt zu Boden. »Es war mir nicht klar. Ehrlich! Bitte glaube mir …«
Doch ich kann meiner allerbesten Freundin nicht mehr glauben. Jedenfalls nicht jetzt. Mühsam stehe ich von der Gartenbank auf.
»Kannst du nicht mit Raphael reden?«, bettelt sie. »Ihm sagen, dass es nicht so gemeint war?«
Wütend drehe ich mich zu ihr um. »Weißt du was – das kannst du ihm gerne selber sagen«, zische ich, weil ich sehe, dass Raphael gerade die Hofeinfahrt heraufgebraust kommt. Er bremst scharf und steigt mit blassem Gesicht aus dem Auto.
»Raphael«, rufen wir beide.
Doch Raphael geht an uns vorüber. »Haut ab«, brüllt er. »Alle beide!«
»Aber … es ist nicht so, wie du denkst …«, fängt Jelly zu wimmern an.
»Oh doch! Und wie! So ein Vierergespann ist eben eine praktische Sache. Da will ich nicht länger stören«, knurrt er und rennt ins Haus. Wenige Minuten später kommt er wieder zurück. Mit anderen Klamotten am Leib.
»Was hast du vor?«, frage ich.
Raphael würdigt mich keines Blickes, als er antwortet: »Abhauen!«
»Aber wohin? Das hat doch keinen Sinn! Und was soll ich Mama und Papa sagen?«
Raphael lacht bitter, als er ins Auto springt. »Da fällt euch bestimmt etwas ein. Im Lügen seid ihr schließlich geübt!« Dann heult auch schon der Motor auf und mein Bruder prescht davon.
Bleiern gehe ich auf die Haustür zu. »Ich glaube, es ist besser, wenn du jetzt auch verschwindest!«
»Hannah, glaub mir … ich wollte nicht …«, wimmert Jelly.
»Geh endlich«, zische ich und verschwinde ins Haus, um mich für die Stallarbeit umzuziehen. Weil Schweine eben auch an einem beschissenen Sonntag Hunger haben. Da kann man denken, was man will. Man macht einfach. Man muss einfach. So ist das nun mal, wenn man auf einem Bauernhof lebt.
Irgendwann am Abend, nachdem die Schweine versorgt und meine Eltern immer noch nicht nach Hause gekommen sind, habe ich die Kraft, das Handy hervorzukramen. Wie befürchtet hat Jelly angerufen. Aber auch Finn. Und lieber wähle ich Finns Nummer.
»Hey«, ruft er ins Telefon. »Endlich meldest du dich!«
»Ja«, seufze ich.
»Es tut mir so leid«, fängt Finn zu plappern an. »Sei nicht böse auf mich. Ich wollte dich nicht drängen …«
Verwirrt schüttle ich den Kopf. »Was meinst du?«
Er räuspert sich. »Na ja, wegen gestern. Auf dem Jungfrauenfelsen. Und der Sache … du weißt schon …« Verlegen hält er inne. »Hannah, bitte. Sei mir nicht böse. Es war eine blöde Idee …«
»Nein, war es nicht«, murmle ich besänftigend, als mir klar wird, wovon er spricht.
»Nein? Nicht?« Er wirkt überrascht.
»Nein«, gebe ich zu.
»Aber … du warst gestern im Q10
Weitere Kostenlose Bücher