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Funkensommer

Funkensommer

Titel: Funkensommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Holzinger
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nur auch einmal so zufrieden aus dem Wasser steigen, wie du es immer tust, wenn du vom Felsen springst. Derzeit ist eben alles so scheiße.«
    »WAS?« Ich kann es kaum glauben. Kann nicht klar denken, so kalt ist mir. Alles schlottert. So schnell es geht, schäle ich mich aus den nassen Sachen heraus und hülle mich in meine Jacke, die zum Glück trocken geblieben ist.
    Da erkenne ich, dass Jelly ihren rosa Bikini anhat. Sie zieht ihn aus und schlüpft ebenfalls in ihre Sachen. Fassungslos sehe ich ihr dabei zu.
    »Ich wollte wirklich nicht …« murmelt sie und zieht zum Beweis eine Wolldecke aus dem Rucksack heraus. Verlegen hält sie sie mir hin.
    »Du hast einen Knall!« Bibbernd wickle ich mich mit ihr in die Wolldecke ein.
    So sitzen wir und gaffen stumm hinaus aufs schwarze Wasser, bis unsere Zähne nur noch ein bisschen klappern. Und wir nur noch ein bisschen zittern.
    Als wir uns einigermaßen beruhigt haben, sagt sie: »Das musst du mir glauben. Ich wollte mich nicht umbringen. Aber … irgendwie bin ich auf die Idee gekommen. Weiß auch nicht. Als ob ich einmal nachschauen wollte, was da unten ist …«
    »Was da unten ist?« ,wiederhole ich alarmiert. »Was soll da unten schon sein!«
    Jelly zuckt mit den Schultern. »Weißt du«, flüstert meine Freundin neben mir und sieht mich durchdringend an, »manchmal träume ich auch von der Moorhexe.«
    »Wirklich?«, frage ich überrascht.
    Jelly nickt. »Dabei habe ich ein ganz bestimmtes Bild vor mir. Den Felsen. Darauf ein paar Klamotten. Schuhe. Hose. Eine Jacke … Ich weiß aber nicht, was es zu bedeuten hat. Warum dieses Bild immer wieder in meinem Kopf auftaucht …«
    Da kriecht eine noch viel eisigere Kälte in mir hoch, als ich anfange zu verstehen. Alles zu verstehen.
    »Ob ich verrückt werde?«, will sie schließlich von mir wissen.
    »Nein«, flüstere ich. »Das Gegenteil ist der Fall.«
    Jelly sieht mich an. »Wie meinst du das?«
    Ich beginne zu seufzen. Es ist ein langer, abgrundtiefer Seufzer, der mir über die Lippen kommt. Einer von der Sorte, wenn man denkt: Ich weiß etwas, was du nicht weißt, aber ich will es dir eigentlich nicht sagen, weil du es im Grunde genommen gar nicht wissen willst. Zu grausam ist die Wahrheit.
    Und dann steigen die Bilder aus längst vergangenen Tagen in mir auf. Die alten Geschichten. Omas Geschichten. Vom Jungfrauenfelsen. Und von der Moorhexe, die aus Rache unschuldige Seelen in den See mitnimmt.
    Wie oft hatten Jelly und ich der Großmutter versprechen müssen, nicht an diesen Ort zu gehen?
    Wie oft hatte Mama uns ermahnt, nicht von dieser Legende zu sprechen?
    Wie oft habe ich mich darüber gewundert, dass ansonsten niemand von dieser Geschichte weiß?
    Und wie oft hat Karolina Jelly gebeten, nicht auf den Felsen zu steigen?
    »Ich hab dich etwas gefragt«, reißt mich meine Freundin aus den quälenden Gedanken. »Wie hast du das gemeint? Sag schon!«
    »Jelly, ich …«
    Wieder fängt sie zu schluchzen an. »Du bist mir immer noch böse. Stimmt’s?«
    »Nein«, widerspreche ich hastig. »Ich bin dir nicht mehr böse!«
    Jelly schluchzt heftig. »Ich wollte doch nur, dass es dir nicht auch so ergeht wie mir. Verstehst du?«
    Ich rücke näher an sie heran und flüstere: »Ja, das weiß ich jetzt. Es tut mir leid, dass ich dich so lange habe hängen lassen.«
    Jelly schnieft. »Sind wir dann wieder Freundinnen?«
    »Die besten. Wie immer!«
    Da legt sie den Kopf auf meine Schulter. Und als sie nur noch ein bisschen weint, sagt sie leise: »Dann kannst du mir ja erklären, wie du das vorhin gemeint hast.«
    »Jelly«, sage ich leise, »das solltest du mit Karolina ausmachen …«
    »Mhm«, macht sie, als hätte sie mit dieser Antwort schon gerechnet. Und wieder kriecht mir die Gänsehaut über den Rücken.
     
    Wir warten, dass Karolina zur Mittagspause das Geschäft schließt.
    »Oh, Hannah, wie schön du wieder hier bist!«, ruft sie, als sie die Treppe zur Wohnung hochkommt und mich sieht. »Hast uns sehr gefehlt!« Und schon umfangen mich ihre Arme.
    Eingehüllt in die vertraute Haarfärbemittel-Kräutershampoo-Knoblauchduftwolke, flüstere ich: »Du musst es ihr sagen. Das, was damals am Felsen passiert ist. Es ist an der Zeit!«
    Karolinas Körper, der sich sonst immer so weich anfühlt, wird augenblicklich starr. Also habe ich richtig vermutet.
    »Was?«, haucht sie.
    Sanft löse ich mich aus der Umarmung und sehe sie an. »Du weißt schon, was ich meine. Ich weiß es. Und Jelly sollte es auch

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