funny girl
Kontostand anzeigen – und im letzten Jahr hatte ich ungefähr fünfmal ein Guthaben von 42 Pence. Nicht null, nicht eins fünfzig oder so was, das würde ich natürlich sofort abheben, nein. 42 Pence. Fünfmal letztes Jahr. Und jetzt habe ich endlich begriffen, dass die Bank diese 42 Pence immer stehen lässt, bei den Kunden, bei denen wirklich nichts mehr zu holen ist. (Gelächter.) Die 42-Pence-Regel nenne ich das inzwischen. Lass einen Kontostand nie unter 42 Pence sinken. Wir sollen die Hoffnung nicht aufgeben, wollen sie uns damit sagen. Heute früh bin ich an einem Bettler vorbeigekommen, einem typischen Londoner Bettler, erst Mitte dreißig, aber die Zähne schon ganz verfault, stank nach Pisse, den schmutzigen Hut vor sich auf dem Gehweg, ein paar Münzen darin. Ich sagte: »Hallo, mein Sohn!« (Gelächter.) Nur ein Witz, war nicht mit mir verwandt. Ich rollte also vorbei an diesem Bettler, der in wirklich entsetzlichem Zustand war. Und was passiert? Er sieht mich einmal kurz an und wirft mir eine 50-Pence-Münze zu. Gibt mir 50 Pence. Ich sage: »Verpiss dich – du Schnorrer.« Ich gebe ihm ein Pfund. Der Arsch gibt mir zwei zurück. So ging’s los – wir haben uns gegenseitig beschimpft, hin und her, jeder versuchte dem anderen Geld aufzudrängen. Am Ende sind wir zusammen zu meiner Bank und dann zusammen zu seiner. Ich zeigte ihm meinen Kontostand – 42 Pence. Er zeigte mir seinen – 42 Pence. Danke, Royal Bank of Scotland. Danke, Hongkong and Shanghai Banking Corporation. (Anerkennendes Gelächter.)
Kirsten rief Azime auf. Doch Azime in der hintersten Reihe schüttelte den Kopf, entschuldigte sich und sagte, sie habe nichts vorbereitet. Heute wolle sie aussetzen. Kirsten wandte sich einem männlichen Kursteilnehmer zu.
Der nahm das Mikrophon und erzählte den Anwesenden, seine Familie sei so arm, wenn er als Kind krank gewesen sei, habe er immer nur eine Maser auf einmal bekommen können. Ein kurzer Auftritt, nicht gerade originell, das fand sogar Azime. Als Nächstes kam ein etwas älterer Mann an die Reihe. Von ihm hörte der Kurs unter anderem die Theorie, dass Robin Hood nur deswegen die Reichen ausgeraubt habe, weil bei den Armen nichts zu holen war. Der Witz war nicht neu, das wusste auch Azime, trotzdem schwieg sie, während drei andere aus dem Kurs sofort darauf hinwiesen. Beschämt setzte der Mann sich wieder hin.
Jetzt kam Arthurs Auftritt: Arthur, hier aus der Gegend, mit einem kleinen Umweg über das Broadmoor-Gefängnis – Azime wusste immer noch nicht, weswegen, und konnte nicht entscheiden, ob er ein Held oder ein Ganove war. Hatte er jemanden umgebracht, oder hatte er Hasch verkauft, um Geld für die Lebertransplantation seines Dad aufzutreiben? In engen Jeans und einem Muskelshirt, das die tätowierten Arme zur Geltung brachte, packte er das Mikrophon entschlossen und voller Wut.
ARTHUR : Genug gelacht, oder? Reden wir mal von echter Armut. Echte Armut. Ich habe ein paar Recherchen angestellt, denn schließlich ist das ein ernstes Thema, eins, das mir am Herzen liegt. Prozentsatz der Weltbevölkerung, die von weniger als zwei Dollar fünfzig pro Tag lebt. Schätzt mal. Fünfzig Prozent. Fünfzig! Ich hatte keine Ahnung, dass es so schlimm ist, ehrlich. Ich wusste, dass es schlimm ist, aber nicht, dass es so schlimm ist, versteht ihr? $ 2.50! In Pfund Sterling sind das £ 1. 50. Das ist ein doppelter Cheeseburger ohne Cola, ohne Fritten, ohne… Zukunft. Wie sieht es mit dem Folgenden aus: Ungleichheit! 1820, damals im beschissenen Jahr 1820, also praktisch noch im Mittelalter, als sie die Pisspötte aus dem Fenster auf die Straße leerten, wie das in Schottland heute noch üblich ist, wie sah da das Verhältnis von Reich zu Arm aus? Reiche Menschen, arme Menschen? Eins zu drei. Heute, mit all unserem Fortschritt, den ganzen technischen Neuerungen, der weltweiten Demokratie – das Verhältnis heute? Eins zu achtzig. Scheiße. Achtzig Leute, die einpacken können, achtzig, die keine Chance haben, damit ein Arschloch reich sein kann.
Und jetzt fragt ihr, was ich den Armen da rate? Tut, als ob ihr reich seid – das ist doch ganz einfach; ihr müsst nur einen Haufen Dreck kaufen, den ihr nicht braucht, und dann weigert ihr euch, ihn mit anderen zu teilen!
Na, jedenfalls dachte ich, so wie das mit der Verteilung des Reichtums auf der Welt dieser Tage aussieht, wird es Zeit, dass ich bei World Vision mitmache – das ist diese internationale
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