Furien im Finstern
diktiert.«
»Er hat den Brief Ihnen diktiert?« stieß Bertha hervor.
»Ja.«
»Wann?«
»Gestern abend.«
»Wo?«
»Hier im Büro.«
»Sie meinen, Donald war hier?«
»Er hat 36 Stunden Urlaub bekommen und ist gleich hergeflogen, um uns zu besuchen. Mensch, in seiner Uniform sah er einfach phantastisch aus. Und er hat zugenommen. Er wird ganz fit, nimmt zu und schaut hart aus wie...«
»Warum, zum Teufel, haben Sie sich nicht mit mir in Verbindung gesetzt?« fauchte Bertha.
»Ich habe ja alles versucht, Mrs. Cool. Sie sagten, Sie führen nach Redlands. Ich habe Donald alles wiederholt, was Sie mir erzählt hatten, und er fuhr hinter Ihnen her nach Redlands. Ich glaube, Sie können keine halbe Stunde weggewesen sein, als Donald ankam. Er muß Sie gerade verpaßt haben. Wollen Sie seinen Brief lesen?«
Bertha riß Elsie Brand den Umschlag aus der Hand und machte sich auf den Weg in das Chefbüro, drehte sich noch einmal um und zischte über die Schulter: »Ich möchte nicht gestört werden. Keine Anrufe. Kein Besuch. Keine Klienten. Nichts und niemand.«
Elsie Brand nickte.
Bertha, schon wieder dem Siedepunkt nahe, riß den Umschlag auf, ließ sich in den Stuhl fallen und begann, den langen Brief zu lesen.
Liebe Bertha,
es tut mir leid, daß ich Dich verpaßt habe. Ich habe mich anhand unseres Briefwechsels sehr für diesen Fall interessiert. Und als ich unerwartet 36 Stunden Urlaub bekam, entschloß ich mich, hierherzufliegen, um zu sehen, was ich tun könnte. Du warst nicht im Büro. Elsie sagte, Du wärst nach Redlands gefahren, weil Du Josephine Dell dort vermutetest. Ich habe einen Wagen gemietet und bin Dir gefolgt.
Wegen gewisser Umstände war ich schon früher zu der Meinung gekommen, daß Josephine Dell vielleicht in einem Krankenhaus außerhalb der Stadt untergebracht sei. Die Tatsache, daß an den Blinden zwei Geschenke geschickt wurden, hat mich darauf gebracht: Es könnte zwei Josephine Dells geben. Eine echte und eine Schwindlerin.
Die Unterhaltung, die Du mit der Managerin der Bluebonnet Apartments hattest, hätte Dich darauf bringen müssen, daß das Mädchen, das Du kennengelernt hattest und das gerade auszog, Myrna Jackson war. Erinnere Dich an die Unterhaltung, erinnere Dich an Deinen Besuch an dem Abend, als das Mädchen auszog. Dann wird Dir alles aufgehen.
Es hat nicht lange gedauert, bis ich Josephine Dell in dem Sanatorium in Redlands entdeckte. Ich bin etwa 40 Minuten nach Deinem Weggehen angekommen. Ich habe Miss Dell erklärt, wer ich bin, und fand sie äußerst feindselig und mißtrauisch vor. Aber sie erklärte sich bereit, mit mir zu reden und meine Fragen zu beantworten. Und sie ließ mich ihr alles erklären.
Ich glaube, Dein Fehler bestand darin, daß Du zu gierig warst und alles nur von Deinem Standpunkt aus gesehen hast. Da Du so scharf auf einen Anteil aus der Versicherungssumme, nämlich zehntausend Dollar, warst, hast Du die ganze Sache nur vom Standpunkt eines Versicherungsfalles betrachtet. Dabei ist das nur ein sehr unbedeutender Aspekt dieser Angelegenheit.
Ich habe sehr nett und taktvoll mit Josephine Dell geredet und sie davon überzeugen können, daß ich lediglich Interesse daran hätte, eine Ungerechtigkeit aufzudecken. So habe ich sie zum Sprechen gebracht, und als sie erst einmal zu erzählen anfing, wurde mir alles klar.
Zuerst habe ich mich davon überzeugt, daß Josephine Dell tatsächlich zu Lebzeiten von Harlow Milbers' bei diesem angestellt war. Ich habe sie nach der Gelegenheit gefragt, bei der sie das Testament als Zeugin unterschrieben hat, und sie konnte sich noch genau daran erinnern. Sie beschwor, daß der zweite Zeuge nicht Paul Hanberry war, sondern ein Mann namens Dawson, der zu dieser Zeit ein Fotostudio neben Harlow Milbers' Büro unterhielt. Das Testament wurde überhaupt nicht zu Hause gemacht, sondern im Büro.
Ich habe Josephine Dell gebeten, ihre Unterschrift für mich zu schreiben. Die Unterschrift hatte keinerlei Ähnlichkeit mit der Unterschrift der Josephine Dell auf dem Testament.
Ich hatte schon vieles davon geahnt, weil ich vorsichtshalber nachgeforscht hatte, welches Wetter am 25. Januar gewesen war. Du hast das offenbar unterlassen. Wenn nicht, wüßtest Du, daß es am 25. Januar geregnet hat. Deshalb kann Paul Hanberry kaum an diesem Tag den Wagen auf der Auffahrt gewaschen haben. Ich habe Miss Dell auch über das Krankheitsbild von Harlow Milbers' Tod befragt und dabei herausgefunden, daß er definitiv über
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